Süddeutsche Zeitung

Umfahrung Ebersberg:Öfter mal was Altes

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Der Tunnelvorschlag der CSU ist vermutlich dem Wahlkampf geschuldet. Trotzdem muss die Idee nicht schlecht sein

Kommentar von Wieland Bögel

Ein jegliches hat seine Zeit und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde. So soll es der Prediger Salomo gesagt haben, und man möchte ergänzen: "und unter der Erde". Denn dahin will die Ebersberger CSU die Probleme mit dem leidigen Durchgangsverkehr bringen. Klingt nicht ganz neu, das Neue ist nur die Richtung, aus welcher der Tunnelvorschlag kommt, und die Gründe dafür haben nicht unbedingt mit dem Verkehrsproblem zu tun.

Einer davon ist, dass die Debatte in jüngster Zeit wieder Fahrt aufgenommen hat. Bisher galt: Der Status quo ist zementiert, bis der Straßenausbauplan in ferner Zukunft fortgeschrieben wird, Debatten über Umfahrungen sind damit obsolet. Was aber nicht alle so sehen. Die FDP ist schon vorgeprescht mit ihrem Votum für eine Ostumfahrung. Die Grünen hingegen kritisieren die in ihren Augen wenig effektive, aber viel Landschaft verbrauchende Trasse durchs Laufinger Moos. Unterstützung bekommen sie darin von den Bewohnern der östlichen Ortschaften - wo traditionell die CSU gute Mehrheiten erzielt. Als wäre das nicht genug, gibt es noch eine Bürgerinitiative, die eine Entlastung der Innenstadt fordert, einige ihrer Mitglieder und Unterstützer gehören der neuen Wahlliste "Pro Ebersberg" an. Und das alles kein halbes Jahr vor der Kommunalwahl.

Spätestens hier wird es einigen im CSU-Ortsverband ein bisschen mulmig geworden sein. Das Thema Verkehr könnte am 15. März die entscheidenden Stimmen bringen - oder kosten. Besonders riskant ist das für die CSU, die als größte Fraktion stets zwischen den Stühlen sitzt. Irgendwer ist immer verärgert: Die Wähler in den Ortschaften, spricht man sich für eine Ostumfahrung aus, oder die in der Innenstadt, ist man dagegen, oder gleich alle, tut man nichts. Strategisch besonders ungünstig ist, dass es an der Urne immer andere Optionen gibt: FDP für die Umgehungsbefürworter, Grüne für die Gegner und die neue Liste für alle, die auf eine Entscheidung drängen.

All diese sollen nun mit der neuen Liebe für den alten Vorschlag vom Tunnel - auch wenn es natürlich ein ganz neuer Tunnel ist, wie die CSU versichert - versöhnt werden. Wobei die Idee, nur weil sie im Wahlkampf geboren wurde, ja grundsätzlich keine schlechte sein muss. Die Frage ist nur, ob es gelingt, daraus eine Variante zu erarbeiten, die erstens die Mehrheit im Stadtrat und zweitens auch das Bauamt überzeugt. Beides war in der Vergangenheit nicht der Fall. Die CSU sollte möglichst noch vor dem 15. März erklären, warum es diesmal anders kommt.

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Quelle:
SZ vom 04.10.2019
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