Süddeutsche Zeitung

Lesung in Poing:"100 Seiten gebe ich jedem Buch"

Ulrike Wolz aus Vaterstetten stellt die neuesten Romane vor - endlich wieder in Präsenz.

Von Alexandra Leuthner

Wie viele Bücher Ulrike Wolz in ihrem Leben schon gelesen hat, ist wohl nicht mehr zu errechnen, aber dass sie noch in diesem Jahr, im November, ihre 100. Lesung in Vaterstetten feiern kann, das steht fest. Insgesamt kommt die Literaturexpertin sogar schon auf 300 Veranstaltungen. An diesem Freitag, 22. Oktober, wird die Vaterstettenerin wieder einmal mit einer Tasche voller Neuerscheinungen zum Lesepult gehen und ihre Fans mit Empfehlungen versorgen, diesmal in der Poinger Bücherei.

SZ: Frau Wolz, zehn Romantitel haben Sie dabei, wenn Sie zu einer Lesung laden. Wie wählen Sie denn aus? Jedes Jahr erscheinen schließlich rund 70 000 Titel in den deutschen Buchverlagen?

Ulrike Wolz: Ich versuche immer, eine breite Palette anzubieten, denn letztlich ist die Entscheidung für ein Buch doch etwas sehr individuelles. Die Bücher, die ich empfehle, sind zunächst mal meine Lieblingsbücher - und klar ist: Niemand wird anschließend zehn Romane kaufen. Jeder sucht sich heraus, was ihm am besten gefällt.

Was schon nach ein paar Sätzen entschieden sein kann - die aber manchmal auch in die Irre leiten. Wann legen Sie ein Buch endgültig zur Seite, das sie zu lesen begonnen haben?

100 Seiten gebe ich jedem Buch, wenn es mich dann nicht gefangen hat, klappe ich es zu. Es gibt aber auch Bücher, die ich selbst sehr liebe, von denen ich aber weiß, dass ich niemanden kenne, dem ich sie empfehlen kann. Auch da lese ich manchmal nicht weiter, weil es ja doch auch ein bisschen mein Job ist...

...und Sie keine Zeit haben, einfach so zum Vergnügen zu lesen?

Also für ein richtig dickes Buch brauche ich schon auch mal ein kleines Zeitfenster, obwohl ich sehr schnell lese.

Und welche Bücher haben Sie nun am Freitag im Gepäck?

Zum Beispiel einen ganz leichten Krimi, David Safieras "Miss Merkel - Mord in der Uckermark", dann, ganz anders und eher anspruchsvoll: Jenny Erpenbeck: "Kairos". Von Bestsellerautor Hervé Le Tellier habe ich "Die Anomalie" dabei, und schließlich Ioana Parvulescu: "Wo die Hunde in drei Sprachen bellen" - eine total unbekannte rumänische Autorin, die mir sehr gut gefallen hat. Sie schreibt von ihrer Kindheit in Siebenbürgen. Schließlich noch den ersten Band einer Romantrilogie von Lisa Graf über das Haus Dallmayr. Nicht besonders anspruchsvoll, aber mit dem Flair Münchens um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Es ist also für jeden was dabei.

Legen Sie Ihre Lesungen bewusst in die Zeit der großen Buchmessen? In dieser Woche findet ja Frankfurt statt.

Nicht direkt, ich muss auch nicht auf die Messen fahren, um zu sehen, was es Neues gibt, weil ich mir vorab die Kataloge der Verlage schicken lasse. Jetzt habe ich bereits die Frühjahrskataloge zu Hause. Alles, was auf den Buchmessen neu vorgestellt wird, habe ich schon längst gelesen.

Und wie wählen sie die Stellen aus, die sie vorlesen - es geht ja auch darum, nicht zu spoilern...

Also meistens versuche ich, abgeschlossene Episoden vorzulesen, wenn das möglich ist. Aber die Zuhörer sollen ja auch neugierig werden, wenn eine Episode sehr lang ist, kann man schon mal sagen, "wenn Sie wissen wollen, ob sich die beiden kriegen, lesen Sie selbst!" Bei Krimis ist es besonders schwierig, wenn man nichts verraten will, da kann man eigentlich nur den Anfang vorlesen. Grundsätzlich lese ich am liebsten Dialoge, das kommt wohl meiner schauspielerischen Neigung entgegen. Die Leute kommen ja auch, weil sie einen vergnüglichen Abend erwarten.

Wobei das Vergnügen unter Coronabedingungen noch etwas eingeschränkt ist.

Aber wir dürfen zum ersten Mal wieder in Präsenz lesen! Plaudernd beieinander stehen kann man zwar nicht, aber alle dürfen sich unterhalten, bevor es los geht.

Ulrike Wolz liest am Freitag, 22. Oktober, um 19.30 Uhr in der Gemeindebücherei Poing. Karten gibt's unter (08121) 979 49 40.

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Quelle:
SZ vom 21.10.2021
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