Eher für Boote als für Fahrzeuge geeignet war die Ebersberger Südumfahrung in der vergangenen Woche. Für die Ebersberger Grünen, die die Umfahrung von Anfang an kritisiert haben, ein weiterer Beleg für eine Fehlplanung der Trasse. Beim Staatlichen Bauamt Rosenheim macht man dagegen höhere Gewalt für die Überschwemmung der Straße verantwortlich.
Wenige Minuten dauerte es, da war aus einer Straße ein Kanal geworden. Am vergangenen Mittwoch war in kürzester Zeit sowohl die Unterführung unter der B 304 bei Gsprait als auch jene der Bundesstraße unter der Bahnlinie vollgelaufen. In dieser Unterführung nahe Wiesham stand das Wasser metertief, eine Autofahrerin musste aus ihrem Wagen gerettet werden, die Bundesstraße war einen Tag lang gesperrt.
Ebersberg:"Für solche Verhältnisse nicht ausgelegt"
An den Überflutungen im Ebersberger Neubaugebiet sehen das Ingenieursbüro und die Stadt bei sich keine Mitschuld.
"Fast mutet es wie ein Wunder an, dass alles gerade noch gut ausgegangen ist", schreiben nun Ebersbergs Grüne in einer Pressemeldung. Auf solche Wunder sei jedoch "angesichts des Klimawandels und zunehmender Starkregen aber in Zukunft sicher kein Verlass", so die Vertreter der Ökopartei weiter.
Klimawandel, Starkregen, Planungsfehler
Neben Klimawandel und Starkregen macht man bei den Grünen vor allem Planungsfehler für die Misere verantwortlich. "Wir haben jahrzehntelang vor dieser naturzerstörerischen Trasse gewarnt und brauchbare Alternativen aufgezeigt". Tatsächlich hatten sich die Grünen immer gegen eine Straße durch das Laufinger Moos ausgesprochen und eine ortsnähere Streckenführung gefordert.
Begründet wurde dies - neben dem hohen Flächenverbrauch der weiträumigen Umfahrung - vor allem mit dem schwierigen Untergrund im Moos. Und tatsächlich schienen die Kritiker Recht zu behalten: Die Straße verwandelte sich nur wenige Jahre nach ihrer Eröffnung im Dezember 2010 in eine Buckelpiste - der Untergrund hatte sich abgesenkt. Im vergangenen Sommer musste sogar eine Brücke gesperrt werden, weil sich der Boden so weit verschoben hatte, dass in der Zufahrt große Löcher klafften.
Doch "die Vorfälle der vergangenen Woche" gehen für die Grünen über solche Ärgernisse hinaus. "Diesmal ging es nicht nur um ins Moos versenkte Millionen", so Ortsvorsitzenden Bettina Goldner, schließlich "hätte es beinahe eine Tote gegeben". Die Überflutung müsse "uns daher eine Warnung sein", nun gelte es "Konsequenzen für die Zukunft der Straße zu ziehen".
Diese einfach wieder stillzulegen sei natürlich keine Option, schon alleine deswegen, weil der Verkehr dann erneut durch die Kreisstadt fahren würde. Konkrete Verbesserungsvorschläge könne man mangels Expertise aber nicht machen, gibt man sich bei den Grünen realistisch: "Wir sind keine Straßen-Ingenieure," so Goldner. In der Verantwortung sieht sie stattdessen jene "Politiker, die diese misslungene Straße zu verantworten haben".
Beim zuständigen Staatlichen Bauamt Rosenheim sieht man die Umgehung erwartungsgemäß nicht als misslungen an. Dass die Straße vergangene Woche bei Starkregen teilweise vollgelaufen ist, sei "eine Verkettung unglücklicher Umstände" sagt Christian Reichl von der Abteilung Planung und Konstruktiver Ingenieurbau.
Denn "der Regen alleine wäre kein Problem gewesen", auch den damit verbundene Anstieg des Grundwassers hätten die Pumpen an der Unterführung auffangen können. Aber nicht das zusätzliche Wasser, das von den umliegenden Feldern auf die Straße geschwemmt wurde. Dabei, so Reichl, habe der mitgerissene Schlamm die Entwässerungskanäle an den Äckern verstopft, das Wasser sei weiter gelaufen bis an den tiefsten Punkt - eben die Unterführung.
Im Hochwassergebiet gilt die Hundert-Jahre-Regel
Dass die Pumpen damit nicht fertig geworden seien, so Reichl, sei aber keine Fehlplanung. Schließlich gelte das Laufinger Moos nicht als Hochwassergebiet, es gebe auch keinen Fluss oder See in der Nähe, der übergehen könne. Tatsächlich gilt bei der Festlegung von Hochwassergebieten die Hundert-Jahre-Regel. Diese besagt, dass Flächen, die statistisch ein Mal in 100 Jahren überschwemmt werden, als hochwassergefährdet gelten.
Nach diesen Vorgaben wird die Infrastruktur wie etwa Pumpenleistung, Entwässerung oder Rückhaltebecken dimensioniert. Theoretisch könne man zwar auch für 1000-jährliche Hochwasser bauen, sagt Reichl, allerdings "würde das den Steuerzahler viel mehr kosten". Wobei der Abteilungsleiter strengere Vorgaben durchaus für möglich hält: "Man hat schon den Eindruck, dass die Wetterextreme mehr werden", und gegebenenfalls müsse man die Bauten daran anpassen.
Eine Vorgehensweise, die man auch bei der Stadt Ebersberg grundsätzlich begrüßt. Zwar sei man für die Bundesstraße nicht zuständig, erklärt Hauptamtsleiter Erik Ipsen, werde zusammen mit dem Straßenbauamt aber "das Thema nochmal anfassen und fragen was da noch geht". Möglicherweise könne man auch mit den Eigentümern der umliegenden Grundstücke sprechen und die Entwässerung der Felder verbessern. "Es ist ja keineswegs schön, wenn die Straße absäuft", sagt Ipsen. Schon alleine deswegen, weil der Verkehr dann wieder genau da verläuft, von wo ihn die Umgehung eigentlich abziehen sollte: mitten durch die Stadt.