Überraschung in Anzing:Bedenkzeit für Windpark

Vor einer Entscheidung über das Großprojekt im Ebersberger Forst will die Gemeinde die Bürger befragen

Karin Kampwerth

Von Karin Kampwerth

- Das hatte sich Bürgermeister Franz Finauer (Unabhängige Bürgergemeinschaft Anzing, UBA) einfacher vorgestellt. Der Rathauschef war eigentlich davon ausgegangen, dass der Windpark, der unweit der Ortsgrenze im Ebersberger Forst entstehen soll, von seinen Gemeinderäten durchgewunken würde. Stattdessen entspann sich am Dienstagabend nach der Vorstellung des Projektes durch Mariella Schubert von der Münchner Firma Green City Energy aber eine rege Debatte - mit dem Ergebnis, den Beschluss auf die Sitzung am 5. Juli zu vertagen. Bevor eine Entscheidung getroffen wird, sollen nun zunächst die Anzinger Bürger über den Standort der sechs Windräder sowie die sich daraus ergebenden Beeinträchtigungen informiert werden.

Finauer hatte einen anderen Fahrplan vorgesehen. Erst im Oktober wollte er eine Bürgerversammlung einberufen. Viel zu spät, wie Petra Müller (SPD) kritisierte. "Wir reden immer über Mitbestimmung und wollen die Bürger dann erst nach der Entscheidung informieren." Auch Müllers Parteifreund Reinhard Friedrich merkte an: "Wie sollen die Bürger ihre Bedenken einbringen können, wenn wir jetzt schon abstimmen?" Zweifel, die die Mehrheit des Gremiums überzeugten. Gegen drei Stimmen wurde ein Informationsabend am 28. Juni beschlossen. Die Anzinger werden dazu noch eine gesonderte Einladung erhalten.

In der Debatte um die Anlage selbst ging es weniger darum, ob man die sechs Windräder vor der eigenen Haustür haben möchte. Dass daran nicht mehr zu rütteln ist, machte der Zweite Bürgermeister Peter Moosmann (CSU) deutlich. "Wir haben keine Chance, nach links oder rechts zu diskutieren", bremste er Vorbehalte von UBA-Fraktionssprecher Helmut Motze aus, der sich mit dem Standort nicht anfreunden konnte. "Wenn wir das nicht akzeptieren, gibt es gar nichts", warnte Moosmann. Untersuchungen hätten ergeben, dass es im gesamten Landkreis keinen anderen Standort gebe, der sich für einen Windpark eigne. Dieser könnte in seinem Ertrag immerhin 50 Prozent des für 2030 errechneten Strombedarfes liefern.

Ob das eintreffen wird, muss der Planerin Mariella Schubert zufolge erst eine Windmessung klären. Dafür will die Firma möglichst noch in diesem Herbst einen 140 Meter hohen Mast für ein Jahr in der Mitte des Windpark-Areals aufstellen. Das befindet sich mindestens einen Kilometer von der nächsten Wohnbebauung der drei Anliegergemeinden entfernt. Sicht auf die Anlagen, die inklusive des Rotorendurchmessers 190 Meter hoch sind, wird man vom Anzinger Ortsteil Frotzhofen und der Siedlung am Sportpark, den Zornedinger Ortsteilen Wolfesing, Ingelsberg und Pöring sowie vom Vaterstettener Ortsteil Purfing haben (siehe Illustration). Beeinträchtigungen kommen während der rund halbjährigen Bauphase besonders auf die Vaterstettener zu: Die Schwertransporte mit den Bauteilen würden quer durch den Ort Richtung Standort im Forst geführt.

Mariella Schubert versicherte, dass die kreisenden Rotoren nicht zu hören sein würden. Das garantiere ein für die Genehmigung notwendiges Schallgutachten nach strengen Richtlinien. Geprüft würden darüber hinaus Schattenwurf, Abstandsflächen, Ausgleichsmaßnahmen und die Umweltverträglichkeit. Hier habe die Besitzerin der Fläche, die Bayerische Staatsforsten, bereits grünes Licht gegeben. An dem vorgesehenen Standort gebe es weder seltene Fledermausarten noch gehe man davon aus, dass Vögel gestört würden. Auch um das Wild müsse man sich keine Sorgen machen, die Windräder werden außerhalb des Wildzauns aufgebaut.

Bürger, die sich an der Finanzierung der Anlage beteiligten, könnten mit einer entsprechenden Rendite rechnen, warb Mariella Schubert. Ihrer Firma, einer Tochtergesellschaft des gemeinnützigen Münchner Umweltschutzvereins Green City, gehe es nicht um den Profit, sondern um die Energieerzeugung in kommunaler Hand. "Wir suchen uns keine reichen Investoren", sagte Schubert. Vielmehr sollten die Bürger eine Möglichkeit der ökologischen Geldanlage erhalten. Eine Bürgerbeteiligung vorab betrachtete die Ingenieurin dennoch mit Skepsis: "Die dagegen sind, schreien laut, die dafür sind, sagen nichts", begründete sie ihre Sorge.

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