TSV Grafing:"Absolute Krönung der Saison"

TSV Grafing: In grenzenloser Begeisterung feiern die Spieler des TSV Grafing die Meisterschaft in der 2. Volleyball-Bundesliga.

In grenzenloser Begeisterung feiern die Spieler des TSV Grafing die Meisterschaft in der 2. Volleyball-Bundesliga.

(Foto: Christian Endt)

Erst einen Satz verloren, dann drei gewonnen: Vor ausverkauftem Haus holen sich die Grafinger Volleyballer die Meisterschaft in der 2. Bundesliga-Süd. Aufsteigen werden sie dennoch nicht.

Von Thorsten Rienth, Grafing

Zuhause ohne Niederlage, 22 von 24 Spielen gewonnen, seit 14 Matches ungeschlagen und zwei Spiele vor Saisonende mit acht Punkten Vorsprung uneinholbar vorne. Das war die Vorgeschichte der großen Volleyball-Party, die am Samstagabend in der Grafinger Jahnsporthalle Zuschauer, Fans und Spieler mitriss. Mit einem 3:1 - davon zwei Sätze fulminant mit 25:15 gewonnen - hat sich der TSV Grafing die Meisterschaft in der 2. Volleyball-Bundesliga geholt.

"Ihr seid das geilste Publikum der Liga", brüllte Zuspieler Fabian Wagner mit einer Inbrunst, die in jeder anderen Situation Angst machen würde. Dann tanzte sogar Cheftrainer Alexander Hezareh beim "Humba, humba" mit durch die Halle. Wie groß muss die Freude gewesen sein, dass Hezareh seine sonst so typische Haltung, die hinter dem Rücken verschränkten Arme, aufgab. Selbst im vierten Satz, als es in der Grafinger Jahnsporthalle schon niemanden mehr auf dem Hintern hielt, stand er noch fast reglos in dieser Position in der Coaching-Zone. Justierte hier und da nach, klatschte Spieler ab, wenn sie in kurzen Spielpausen in seine Reichweite kamen. Dann, nach 92 Minuten, konnte er endlich die Fäuste ballen und aufs Spielfeld rasen. Irgendwann sahen ihn die 800 Zuschauer in der ausverkauften Halle überhaupt nicht mehr. In seinem weißen Hemd verschwand er einfach, umringt von lauter schwarzen Grafinger Trikots.

Norbert Engemann hatte den Ball gerade in die nächstbeste Lücke der Schwaiger Verteidigung geschmettert. Es war nicht irgendein Ball, sondern beim Stand von 2:1 und 24:15 Punkten aus Grafinger Perspektive auch ein Matchball.

Nach dieser "absoluten Krönung der Saison", wie es Grafings Außenangreifer Julius Höfer ausdrückte, hatte es zunächst nicht ausgesehen: Mit 20:25 zog Spitzenreiter Grafing gegen den Tabellenzweiten im ersten Satz den Kürzeren. Gnadenlos nutzten die Mittelfranken die Grafinger Nervosität der ersten Spielminuten aus. Mit 11: 6 lag der SV Schwaig nach den ersten Ballwechseln vorne. Den Abstand spielte er souverän runter: Schloss Grafing zwei, drei Punkte auf, schmetterten die Schwaiger wieder zwei, drei Bälle in irgendeine Lücke - und irgendwann waren die 25 Punkte dann voll.

Auch in die zweite Runde startete der SV zunächst besser. Doch dann streckte sich Grafings Thomas Stretz zur Schlüsselszene des Spiels - und zwar nicht mit den Armen nach vorne, sondern mit den Füßen nach hinten: Mit der Hacke kratzte er einen eigentlich schon verlorenen Ball regelrecht von der Seitenlinie. Dabei bugsierte er ihn auch noch in hohem Bogen ins gegnerische Feld. Schwaig versuchte die Grafinger Unordnung mit direktem Konter ausnutzen. Schließlich lag Stretz praktisch noch am Boden. Doch der Ball blieb im Grafinger Block hängen. Von da an lief es für den TSV. Nach gerade einmal 19 Minuten stand ein klares 25:15 auf der Tafel.

"Dieser zweite Satz war definitiv entscheidend", stellte Günther Schmidt schon Augenblicke später fest. Als Gründer der TSV-Volleyballabteilung Ende der 1960er- Jahre gehört der ehemalige Grafinger Gymnasiallehrer zu den Großvätern dieser Meisterschaft. Und: "Wenn du in einem Spitzenspiel zu 15 gewinnst, dann gibt dir das Schub für das ganze restliche Spiel." Schmidt sollte recht behalten. Angepeitscht von "Grafing, Grafing"-Sprechchören und der darunter gelegten Bläser-Basslinie der Stadtkapelle rangen Hezareh's Männer den SV im dritten Satz mit 27:25 regelrecht nieder. Im entscheidenden vierten Satz spielten sie sich früh einen Zehn-Punkte-Vorsprung heraus - und gaben ihn auch nicht mehr her.

"Je länger die Saison ging, desto mehr hat die Mannschaft an Sicherheit gewonnen." Diese Entwicklung machte Cheftrainer Hezareh als einen der Hauptgründe für die Meisterschaft aus. "Mich freut es unglaublich für den Verein: Diese junge und bodenständige Mannschaft ist für die TSV-Jugend voller Identifikationsfiguren." "Der Tag war einfach perfekt - und die Jungs unfassbar gut", jubelte Manager Johannes Oswald. "Sobald sie ihren Lauf hatten, waren sie einfach nicht mehr zu stoppen."

Oder aus Schwaiger Perspektive: "Wenn du einmal aus dem Takt bist, kommst du in so einem Spiel auch nicht mehr 'rein." Oswald weiß wovon er redet. Beim Hinspiel in Schwaig waren es seine Grafinger gewesen, die aus dem Rhythmus gekommen waren und mit einem schmerzlichen 1:3 heimfahren mussten. Allerdings, und so schloss sich der Kreis am Samstagabend, war diese Niederlage auch die Zündung für den Grafinger Marsch an die Tabellenspitze. Seit diesem Sonntag, 3. Dezember 2017, ist der TSV ungeschlagen.

Der Aufstieg in die erste Bundesliga ist ihm dennoch verwehrt. Einmal ist die Dreifachturnhallen-Decke zwei Meter zu niedrig. Außerdem kann sie anstatt der für den Profi-Betrieb geforderten 2500 Zuschauerplätze nur 800 vorweisen. Grafing bekäme keine Lizenz für die erste Liga.

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