Trotz I-Pad und Co.:Comeback der Leselust

Kinder Buch Lesen  Bücher

Manche Geschichten sind so spannend, dass Kinder selbst im Bett nicht aufhören können, zu lesen.

(Foto: Anja Blum/oh)

Kinder lesen nicht gerne? Von wegen, das zeigen die Statistiken der Büchereien im Landkreis. Diese tragen in Kooperation mit den Schulen selbst zu dem Aufwärtstrend bei. Dafür wurden verschiedene Konzepte entwickelt

Von Yvonne Münzberg

Man könnte ja meinen, dass I-Pad und Co. das klassische Buch immer mehr verdrängen. Doch dem scheint nicht so: Selbst im Zeitalter der Digitalisierung bleiben die Büchereien weiter gefragt. Im vergangenen Jahr sind die Ausleihzahlen im Landkreis wieder gestiegen oder zumindest gleich geblieben, das hat eine Umfrage der Ebersberger SZ ergeben. Zu den beliebtesten Titeln gehören nach wie vor Kriminalromane, besonders solche mit regionalem Bezug. Und auch Sachbücher, die über Ernährung und Gesundheit informieren, stehen ganz weit oben auf der Liste. Besonders aufhorchen aber lässt ein Trend, den ebenfalls alle Büchereien verzeichnen: Es werden immer mehr Kinderbücher ausgeliehen. Allemal eine gute Nachricht - aber woran liegt das?

Klar ist, dass der Zuzug zu den steigenden Ausleihzahlen beiträgt: mehr Einwohner, mehr Leser. Besonder attraktiv ist der Landkreis für junge Menschen, die eine Familie gründen wollen. Und in denen wird das Interesse an Büchern oftmals gefördert. "Es kommen immer mehr junge Eltern mit Kindern zu uns", stellt nicht nur Barbara Huber von der Bücherei Oberpframmern fest. Doch viel entscheidender für die neue Leselust ist wohl die immer intensiver werdende Zusammenarbeit der Büchereien mit den Grundschulen. Diese ist jedenfalls in den Augen aller Beteiligten für die höheren Zahlen der Kinderbuchausleihen verantwortlich. "Grundschulkinder schauen inzwischen immer öfter vorbei," freut sich zum Beispiel Susanne Gnann-Pohle aus Markt Schwaben. Das neue Engagement zahlt sich also aus.

Dazu gehört erst einmal, dass die Klassen wöchentlich oder monatlich vorbeikommen. Dabei werden entweder Leihgaben für den ganzen Klassenverband ausgesucht, oder die Kinder entscheiden sich ganz individuell für Bücher. Ein weiterer Baustein der Kooperation ist, dass Lesepaten Kindergärten und Grundschulen besuchen, um spannende und schöne Geschichten vorzulesen. Dadurch gehen sie ihren jungen Zuhörern mit gutem Beispiel voran: "Das Geheimnis eines guten Lesers", sagt Schulamtsdirektorin Angela Sauter, "liegt darin, den Sinn eines Textes zu erfassen und den Inhalt gleichzeitig mit der Stimme zu modulieren." Wenn das gelinge, seien die Kinder Feuer und Flamme- und vor allem motiviert, auch selbst zu lesen. An Aktionstagen wie dem Welttag des Buches werden noch mehr Erwachsene, Kommunalpolitiker oder Elternbeiräte etwa, zum Vorleser, ab und an kommen sogar "richtige Profis", also Kinderbuchautoren. Das macht natürlich viel her, vor allem aber wecken solche Aktionen das Interesse an verschiedensten Büchern.

Immer mehr Schulen verfügen außerdem über ganze Klassensätze an Literatur, darunter alles, was für Schüler von der ersten bis zur zehnten Stufe geeignet ist. So können Bücher im Austausch mit den Lehrern erschlossen werden. Das Online-Portal "Antolin" hingegen hilft dabei, in Eigenregie zu lesen: Die Schüler beantworten in dem benutzerfreundlichen Programm Fragen zu ausgewählten Büchern und messen sich dabei per Punktesystem mit ihren Klassenkameraden. Der Wettbewerbsaspekt bringt hier also zusätzlichen Anreiz und Spaß. Apropos digital: Das Angebot der immer beliebter werdenden E-Books wird auch in den Büchereien dankend angenommen. Die "Onleihe" stellt also eine gute Ergänzung zum bereits bestehenden Angebot dar. In Grundschulen allerdings werden E-Books noch nicht verwendet. Dafür sehen weder Lehrkräfte noch Eltern Bedarf. "Aber ich mache das Lesen nicht am Medium fest", beteuert Sauter. Hauptsache, es werde überhaupt gelesen.

Das übergeordnete Ziel bei alle dem sei es, Kindern "gründliches und kompetenzorientiertes Lesen" beizubringen, so die Schulamtsdirektorin. Denn wem es leicht fällt, zu lesen, für den verschwinden auch viele Hürden in anderen Bereichen - als Kind, aber auch als Erwachsener. "Eine Sachaufgabe in Mathematik kann man nur schlecht bearbeiten, wenn man sie nicht richtig erliest", erläutert Sauter, und das sei nur eines von vielen Beispielen. Heranwachsende würden zwar mit zunehmendem Alter das Interesse an Büchern verlieren, bedauert sie. Aber genau deswegen sei es wichtig, sie von klein auf zum Lesen zu motivieren. Es sei also die Aufgabe der Schulen und auch der Eltern, sicherzustellen, dass die Kinder am Ball bleiben. "Immer begleitend dabei sein, immer wieder das Angebot machen", das sei essenziell. Bis man eben merkt: "Jetzt sitzt es, jetzt liest das Kind selbständig und mit Freude". Eigentlich, zieht Sauter den Vergleich, sei das wie mit dem "Bitte" und "Danke": Wenn man das wieder und wieder gemeinsam abrufe, gehe es irgendwann von ganz alleine. Und: "Kinder lesen dann, wenn es ihnen keine Mühe bereitet", so Sauter. Hier schließt sich der Kreis: Wenn Kinder schon früh an das Lesen herangeführt werden und über die Jahre Spaß an der Sache entwickeln, bleiben sie auch dabei.

Mit dem aktuellen Buchmarkt ist Sauter übrigens sehr zufrieden. Es gebe momentan viele "hübsche" Kinderbücher, und in Jugendbüchern würden hochaktuelle Themen aufgegriffen. Das sei wichtig, um sich besonders bei dieser Zielgruppe im Konkurrenzkampf mit anderen Medien zu behaupten. Um ein gutes Allgemeinwissen auszubilden, sei zudem eine Mischung aus Erzähl- und Sachgeschichten erforderlich. Eltern empfiehlt Sauter, die Bücher auch selbst zu lesen, denn nur so könne mit den Kindern ein Diskurs entstehen. Ebendieses Reflektieren des Gelesenen sei grundlegend, um den Inhalt erfassen zu können und Fragen zu klären. Kommunikation sei hier, wie so oft, der Schlüssel.

Wer jetzt gleich das nächste Buch für den Nachwuchs kaufen möchte, kann sich laut Sauter an den diversen Auszeichnungen, die es für Kinderbücher gibt, orientieren. Dringend zu empfehlen ist aber auch ein Besuch in der nächsten Bücherei: Dort kann man schließlich viel Lesestoff für wenig Geld ausleihen - und wird sicherlich ebenfalls gut beraten.

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