Süddeutsche Zeitung

Transparenz:Der Kreistag geht online

Künftig sollen Sitzungsprotokolle und Anträge im Internet veröffentlicht werden

Von Wieland Bögel

Die Bürger des Landkreises können sich künftig schneller und umfassender als bisher über die Arbeit ihrer Kreisräte informieren. Der zuständige Ausschuss hat beschlossen, dass künftig neben der Tagesordnung auch Sitzungsvorlagen, Anträge und das Protokoll der Sitzung auf der Internetseite des Landratsamtes veröffentlicht werden.

Damit kommt der Kreis- und Strategieausschuss einem Antrag der Grünen nach. Deren Fraktion hatte sich im März dafür stark gemacht, das bisher nur den Gremienmitgliedern zur Verfügung stehende Ratsinformationssystem zu einem Bürgerinformationssystem zu erweitern. Die Grünen begründeten ihren Antrag damit, dass die Arbeit des Kreistags derzeit zu wenig transparent sei, da lediglich die Tagesordnung, nicht aber die zur Sitzung gestellten Anträge oder die Vorlagen der Verwaltung im Internet verfügbar seien. "Die vielfältigen Aufgaben und Leistungen des Kreises und der politischen Entscheidungsgremien könnten mit einem umfassenden Bürgerinformationssystem deutlich besser vermittelt werden." Dies, so die Grünen, könnte letztlich auch der Kreispolitik nutzen. Dann nämlich, wenn das Informationssystem "die Bevölkerung motiviert, sich verstärkt für das politische Leben im Landkreis Ebersberg zu interessieren".

Dass ein Bürgerinformationssystem sinnvoll sei, zu diesem Schluss kam auch die Projektgruppe Politik und Verwaltung. Diese hatte sich in den vergangenen Monaten mehrmals mit dem Antrag befasst und diesen komplett anders bewertet als der Datenschutzbeauftragte für den Landkreis und das bayerische Innenministerium, die sehr kritische Stellungnahmen zu einem Bürgerinformationssystem einreichten. Ein solches sei zwar rechtlich ausdrücklich zulässig, bestätigten beide Stellen. Sie lehnten mehr Transparenz im politischen Betrieb dennoch strikt ab; weder Sitzungsvorlagen noch Niederschriften, in welcher Form auch immer, sollten im Internet veröffentlicht werden. Als Grund dafür gaben der Datenschutzbeauftragte und das Innenministerium an, diese Art der Veröffentlichung mache es möglich, "Anwesenheitsprofile einzelner Mandatsträger" zu erstellen. Außerdem bestehe durch vorab veröffentlichte Sitzungsvorlagen die Gefahr, "dass die öffentliche Meinung bereits in hohem Maße durch die Medien detailliert festgelegt und eine freie, ungezwungene Beratung und Beschlussfassung erheblich erschwert wird".

Der Antragsteller, Grünen-Kreisrat Reinhard Oellerer, zeigte sich sehr erfreut über die Einschätzung der Projektgruppe und den weitgehenden Konsens im Ausschuss, äußerte aber auch Kritik an den Stellungnahmen des Datenschutzbeauftragten und des Innenministeriums. Es liege ihm fern, "den Datenschutz nicht ernst zu nehmen", so Oellerer, aber die gegen das Bürgerinformationssystem angeführten Argumente seien für ihn nicht nachvollziehbar. "Das Haar in der Suppe muss schließlich auch gefunden werden", meinte Thomas Huber (CSU). Weniger zufrieden mit dem Beschlussvorschlag war Grafings Bürgermeister Rudolf Heiler (FW). "Zu diesem Friede-Freude-Eierkuchenfest muss ich schon was sagen." Er könne der Veröffentlichung der Sitzungsprotokolle nicht zustimmen, "ich nehme die Bedenken wichtiger, darüber möchte ich nicht hinwegsehen".

Dies blieb aber eine Einzelmeinung im Gremium. Sie könne die Bedenken gegenüber einer Veröffentlichung von Wortlautprotokollen zwar nachvollziehen, so Christa Stewens (CSU), "da wird sich der eine oder andere zurückhalten, weil er Diffamierungen befürchtet". Aber genau dies sei gar nicht geplant, lediglich ein Verlaufsprotokoll und die Abstimmungsergebnisse sollten veröffentlicht werden. "Es muss ja nicht Wort für Wort erscheinen", pflichtete Huber bei, aber es spreche nichts dagegen, die Ergebnisse online bekannt zu geben. "Wir sind jetzt im Internet-Zeitalter." Stewens und Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) verwiesen zudem darauf, dass die Sitzungen, deren Protokolle veröffentlicht werden sollen, ohnehin öffentlich seien. Außerdem könne jeder Landkreisbürger die Niederschriften bereits jetzt einsehen, so Oellerer. Auch Landrat Robert Niedergesäß (CSU) sprach sich für das Bürgerinformationssystem aus: "Transparenz ist ein Zeichen der Zeit."

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SZ vom 04.12.2013
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