Tiefe Freundschaft:Liberté, Egalité, Amitié

Die 20-jährige Städtepartnerschaft zwischen Yssingeaux und Ebersberg wird mit einem Festakt erneuert. Es fallen auch mahnende Worte zur Bedeutung der deutsch-französischen Freundschaft

Von Amelie Hörger, Ebersberg

Der Klosterbauhof ist in ein Meer aus Farben getaucht. Pink, Lila, Rot, Grün, Orange und Blau leuchten Luftballons in der glühenden Mittagshitze. Viele Frauen haben sich in ihre Festtagsdirndl geworfen und die Männer präsentieren stolz ihren Uniformen oder Trachten. Man will die französischen Freunde, die extra mit 150 Mann und Frau aus Yssingeaux angereist sind, um das 20. Jubiläum der Städtepartnerschaft zu feiern, schließlich beeindrucken. Auch viele der französischen Delegation halten Luftballons in der Hand, denn im kommenden Wettbewerb, kann man diese auf weite Reise schicken. Bei der Aussicht schnappen sich nicht nur Kinder, die am Geländer festgeknoteten bunten Ballons, sondern auch die Erwachsenen.

Auf einer angebundenen Karte vermerkt man Name sowie Anschrift und hofft dann, dass der Finder des Ballons, die Postkarte wieder nach Ebersberg retourniert. Auf das Kommando von Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) steigen die Ballons in die Lüfte. Vielleicht landet einer ja sogar in Yssingeaux, deren Bewohner beim anschließenden Festakt im alten Speicher herzlich willkommen geheißen werden. "Viel Musik und wenig Reden", verspricht Brilmayer zu Beginn. Von einer kurzen Ansprache an diesem Festtag lässt er sich jedoch selbstverständlich nicht abbringen.

20 Jahre Ebersberg - Yssingeaux

Mit vielen bunten Ballons feierten die Ebersberger und ihre Gäste aus Yssingeaux das Fest ihrer 20-jährigen Städtepartnerschaft.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Hinter dem Bürgermeister steht sich währenddessen der Spielmannszug, der mit Hilfe des evangelischen Posaunenchores, den Jagdhornbläsern und der Stadtkapelle für die musikalische Untermalung sorgt, die Beine in den Bauch. Platz zum Sitzen ist angesichts der Menschenmassen, die sich um die runden Tische versammelt haben, rar.

Bayrisch, Hochdeutsch, Französisch - es ist ein kunterbuntes Sprachenwirrwarr, das durch die Reihen der Zuschauer schallt. Man kennt sich, man schätzt sich, hat in den vergangenen 20 Jahren einige Freundschaften aufgebaut. Das bekräftigt auch Bernard Gallot, Bürgermeister von Yssingeaux. Viele Franzosen haben in Ebersbergern eine zweite Familie gefunden und würden alle Erlebnisse mit der anderen Seite teilen. Er selbst wolle auch einfach einmal ein paar Tage Urlaub in Ebersberg machen, denn er "fühlt sich wohl und auch ein bisschen wie Zuhause".

Bereits im vergangenen Jahr hatten die beiden Städte ihre, seit 1998 bestehende Partnerschaft erneuert, damals in Yssingeaux. Brilmayer weist in seiner Rede auf die besondere Bedeutung einer europäischen Beziehung in der heutigen Zeit hin. Sein Kollege aus Frankreich holt noch weiter aus und kommt darauf zu sprechen, dass vor nicht allzu langer Zeit eine deutsch-französische Freundschaft keinesfalls selbstverständlich war. Mahnende Worte über die Wichtigkeit eine Städtepartnerschaft wie sie zwischen der Stadt in Bayern und der in der Auvergne existiert, doch natürlich sind die Bürgermeister vor allem voll des Lobes für den anderen und der Humor kommt nicht zu kurz. So sagt Brilmayer: "Bei einem Glas Rotwein oder einem Weißbier wird die Zunge leichter und die Sprachprobleme schwinden". Am Abend zuvor haben sie sich sehr gut unterhalten, so seine Aussage und er nickt dabei lachend seinem Kollegen Gallot zu.

20 Jahre Ebersberg - Yssingeaux

Die beiden Bürgermeister Walter Brilmayer und Bernard Gallot unterzeichneten zur Feier des Tages symbolisch die Partnerschaftsurkunden ein zweites Mal.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Brilmayer scheut sich auch nicht seine Rede selbst in französischer Sprache vorzutragen, einzig mit den vielen Jahreszahlen innerhalb seiner Rede, hat er sich keinen Gefallen getan, wie er sich selbst eingesteht. Das Gründungsjahr 1998, im französischen für den Bürgermeister doch eher ein Zungenbrecher, für seine Mühen erntet er jedoch verständnisvollen Applaus, sowohl von deutscher als auch von französischer Seite. Es scheint eine tiefe Freundschaft zwischen den beiden Gemeinden, aber auch zwischen den Bürgermeistern entstanden zu sein, wenn man hört wie Gallot sich mit seiner tiefen Stimme und an "Cher Walter" richtet und sich noch viele weitere Jahre einen regen Austausch zwischen den Kulturen wünscht. Nach diesen Worten nimmt er kurzerhand Platz auf einem thronartigen Stuhl und unterzeichnet stolz den Vertrag zur weiteren gemeinsamen Partnerschaft, den Brilmayer daraufhin mit seiner Unterschrift besiegelt.

Die Kapelle spielt auf zur Marseillaise, zur Deutschland-, sowie zur europäischen Hymne. Hände werden geschüttelt, Fotos gemacht und im Innenhof hängt ein einsamer blauer Ballon an der Dachkante fest. Er wird es wohl niemals bis in die Auvergne schaffen.

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