Vaterstetten:Theatertage der Bayerischen Gymnasien zum ersten Mal im Kreis Ebersberg

63. Theatertage erstmals in Vaterstetten

Performance und Bühnenaufbau mit "Alexander von Humboldt".

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Am Sonntag wurde am Humboldt-Gymnasium Vaterstetten mit einer Podiumsdiskussion eröffnet. Was jetzt noch auf dem Programm steht.

Von Alexandra Leuthner, Vaterstetten

Andere können das besser", sagt Christian Stückl. Und meint das Theaterspielen. Man möchte es kaum glauben. Da sitzt der Regisseur, Intendant des Münchner Volkstheaters und Spielleiter der Passionsspiele Oberammergau auf der Bühne der Turnhalle des Vaterstettener Gymnasiums, bringt mit ein paar souverän gesetzten Sätzen den Saal zum Lachen und behauptet dennoch, er fühle sich wohler, wenn er nicht im Rampenlicht stehe.

Gefragt nach den Theaterpannen seiner Vergangenheit, zögert Stückl kurz, lacht. "Ja, püh, genau so was", versetzt er im weichen oberbayerischen Dialekt seiner Heimat Oberammergau, und schon hat er das Publikum auf seiner Seite. Offenbar kann er beides - Rampenlicht genauso wie dahinter.

"Wir sind große Stückl-Fans", erzählt Susanne Asam, Leiterin des P-Seminars Organisation am Humboldt-Gymnasium und Mitverantwortliche für die 63. Theatertage der Bayerischen Gymnasien später, als die Gäste der Eröffnungsveranstaltung mit Christian Stückl, Kultusminister Michael Piazolo und Vertretern von Lehrer-, Schulen- und Elternverbänden längst bei Häppchen, Sekt und selbst gemachtem Pfirsicheistee stehen. Vor einem Jahr haben die Vorbereitungen für die Veranstaltung mit neun Gymnasien aus Bayern begonnen, etwa hundert Schüler aus verschiedenen Vaterstettener P-Seminaren waren beteiligt.

63. Theatertage erstmals in Vaterstetten

Über Chancen und Tücken des öffentlichen Auftritts sprechen Theaterleiter Christian Stückl (hinten), Kultusminister Michael Piazolo (vorne) und Moderatorin Sylvie Schnaubelt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Zum ersten Mal hatte sich die Schule als Ausrichter beworben und als erfolgreicher Teilnehmer früherer Theatertage den Zuschlag bekommen. Seit 1957 finden diese jährlich an wechselnden Orten statt. Veranstalter ist die Fördergemeinschaft für das Schultheater an den bayerischen Gymnasien, Schirmherren sind der Kultusminister und ein je wechselnder Vertreter der Theaterlandschaft - diesmal eben Christian Stückl. "Wir haben ihn einfach gefragt", sagt Asam, "und uns dann so gefreut, dass er zugesagt hat!"

Jedes Gymnasium präsentiert eine Szene aus dem eigenen Stück

Schon allein beim Auftakt am Sonntagnachmittag hätte Stückl etwas verpasst, wenn er nicht gekommen wäre. Die Vaterstettener Gymnasiasten haben die schmucklose Turnhallenbühne verwandelt in eine Stätte der Kreativität, mit bunten Würfeln, auf denen das Logo der Theatertage prangt, anderen, die mit dem stilisierten Humboldtpinguin, dem Wappentier der Schule, verziert sind, dazwischen eine Bank, bunt lackiert ihre Querstreifen und alles eingetaucht in schönstes, wärmespendendes Rampenlicht. Die Podiumsgäste, professionell in Szene gesetzt von Sylvie Schnaubelt, stellvertretende Realschulleiterin in Poing, kommen jedenfalls auch ohne körperliche Betätigung ordentlich ins Schwitzen. Die Theatertage gehen noch bis Mittwoch, 24. Juli.

63. Theatertage erstmals in Vaterstetten

Untermalt wird das Gespräch von Auftritten der neun beteiligten Theatergruppen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Für die Action, unterhaltsam eingebettet in die Interviewpausen, sorgen Einspieler des Vaterstettener TUF-Kurses (Theater und Film) sowie die Schauspieler der Teilnehmerschulen, die hier bis Mittwochnachmittag ja die wahren Hauptpersonen sind. Jede der Theatergruppen - vom Dientzenhofer-Gymnasium und der Fachakademie für Sozialpädagogik in Bamberg, den Gymnasien Olching und Gars am Inn, sowie dem Ernst-Mach Gymnasium Haar, dem Johann-Michael-Fischer Gymnasium Burglengenfeld, dem Albert-Einstein-Gymnasium München und dem Pirckheimer Gymnasium Nürnberg - präsentiert eine Szene aus ihrem Stück.

63. Theatertage erstmals in Vaterstetten

Theater biete die Möglichkeit, Schüler an Kreativität heranzuführen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

So lagern sich etwa die Schauspieler aus Olching mit Sack und Pack um die Bühne: Entspannte Unterhaltung, ein leises Lied zur Gitarre erklingt, bis ein Mädchen mit einem Megafon ruft: "Wir brauchen einen Führer." Ein Gänsehautmoment - und ein Ausschnitt aus dem "Herrn der Fliegen", den die Truppe am Mittwochvormittag zeigen wird. Szenen aus "Leonce", "Woyceck", Alex Capus' "Leon und Louise", Brechts "Der unaufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" oder eine freie Adaption von Shakespeares "Othello" gehören ebenfalls zu den Stücken, welche die Gymnasiasten auf der Bühne und im Zuschauerraum spielend anreißen. Durchaus anspruchsvolle Theaterkost also, die in den nächsten Tagen mit "Disziplin und Leichtigkeit" und hoffentlich ohne "Blackout" über die Bühne gehen und mit "Applaus" belohnt werden.

In welchem Unterrichtsfach wäre denkbar, samstags und sonntags zu proben?

Begriffe aus dem Theaterleben wie diese nämlich haben die Vaterstettener Jungschauspieler in ihren Videosequenzen zu den Tönen von Scott Joplins "Entertainer" in Szene gesetzt. Dabei wird jede Sequenz etwas schneller abgespielt, so wie in alten Stummfilmen. Jeder Begriff ist einem Podiumsteilnehmer oder einem der Ehrengäste zugeordnet. So darf Landrat Robert Niedergesäß über die kleinen "Blackouts" seiner Schulkarriere reden, die Elftklässlerin Cornelia Dechant über die Bedeutung der "Maske", die stellvertretende Vorsitzende des bayerischen Philologenverbands Rita Bovenz über "Rolle" und "Sein", die Schülerin Magdalena Sedlmayer über "Super- und Antihelden". Letztere seien oft gar nicht so ohne, "und doch wäre ich lieber der Superheld", erklärt sie zur Erheiterung des Publikums.

Die Bedeutung von "Disziplin" und "Leichtigkeit" im Theater erläutert Johannes Riedelsheimer vom Verband Theater am Gymnasium in Bayern: Leichtigkeit werde es ohne Disziplin nicht geben, aber für den Auftritt auf der Bühne lasse sich Disziplin erstaunlich leicht aufbringen. "In welchem anderen Unterrichtsfach wäre es denkbar, samstags und sonntags von 9 bis 19 Uhr zu proben?", fragt er.

Über Kreativität, Kunst und Unterricht spricht Ingund Schwarz, Vorsitzende der LAG Theater und Film an den bayerischen Schulen - nach einem Trailer, der schlafende Schüler im Kunstunterricht sowie eine Fahrt durch die Gänge des Humboldt-Gymnasiums bis hin zur Bühne zeigt. Theater biete die Möglichkeit, Schüler an Kreativität heranzuführen, wo sie eigene Erfahrungen mitteilen, den eigenen Körper im Raum, auf der Bühne, in der Maske erfahren könnten. "Wir wollen auch das Schulhaus bespielen, es muss nicht nur die Bühne sein."

Nichts für aufgeräumte Charaktere also, oder? Ein Satz von Kultusminister Piazolo mag da weiterhelfen, der auf die Frage nach dem Verhältnis von Chaos und Ordnung antwortet: Nun sei ja gerade in der Schullandschaft ein gewisses Maß an Ordnung durchaus notwendig, sagt er. "Aber ohne Chaos ginge es gar nicht. Man kann sich ein Chaos auch zu Ordnung definieren."

Das Programm der Theatertage am Gymnasium Vaterstetten (Johann-Strauß-Straße 41):

Dienstag, 23. Juli, um 9 Uhr: "Das Gewächshaus" sehr frei nach "Concord Floral von Jordan Tannahill des Johann-Michael-Fischer-Gymnasiums Burglengenfels. Um 10.30 Uhr "Der aufhaltsame Aufstieg des Arturo Ui" von Bertholt Brecht des Dientzenhofer-Gymnasiums Bamberg. Um 14 Uhr "Othello" frei nach Wiliam Shakespeare des Pirckheimer-Gymnasiums Nürnberg. Um 19 Uhr "Kasimir und Karoline" des Dientzenhofer-Gymnasiums Bamberg.

Mittwoch, 24. Juli, um 9.30 Uhr: "Herr der Fliegen" frei nach William Golding des Gymnasiums Olching.

Kartenreservierung und Info unter: theatertage2019vaterstetten.com.

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