Theater:Wegen Überfüllung geschlossen

Theater: In der Hölle ist mal wieder der Teufel los. Alle Plätze sind ausgebucht. Anders im Himmel: Da langweilen sich Gott und Petrus schon ziemlich lange.

In der Hölle ist mal wieder der Teufel los. Alle Plätze sind ausgebucht. Anders im Himmel: Da langweilen sich Gott und Petrus schon ziemlich lange.

(Foto: Christian Endt)

Die Schwabener Nachwuchs-Theatergruppe "Futura" führt unter Regie von Marga Kappl eine höllische Komödie auf, in der es beinahe so zugeht wie auf der Erde

Von Annette Tubaishat, Markt Schwaben

Im Paradies herrscht Langeweile. Gott vertreibt sich lesend im Schaukelstuhl die Zeit. Auf der Erde schafft es derweil der postpubertäre Rockstar Curt nicht, sich in den Selbstmord zu trinken, zu schießen, zu würgen, weil Django, der Tod, ihn am laufenden Band wieder reanimieren muss. Der Grund für seinen eher untypischen Einsatz: Die Hölle, in die Curt von Rechts wegen gehörte, ist wegen Überfüllung geschlossen. Und einen Selbstmörder ins Paradies aufnehmen? Wo käme man als himmlischer Vater da hin. Also ab in die Hölle mit dem Rockstar. Wäre dort denn noch ein Platz frei.

Das ist der Stoff, aus dem Komödien gemacht sind. Einer solchen hat sich jetzt die Nachwuchsgruppe des Theatervereins "Futura" angenommen und auf die Bühne gebracht. Monatelang habe Regisseurin Marga Kappl die Literatur nach einem neuen Stück für ihre junge Truppe durchforstet, sagte sie. "Aber es gibt fast nur Problemstücke, keine Komödien". Dann aber ist sie auf das erst vier Jahre alte Werk "Paradise Devils" von Sven J. Olsson gestoßen. Dabei hatte sie allerdings leise Zweifel, ob die Inszenierung dem einen oder anderen Kirchgänger nicht auch übel aufstoßen könnte. Vergangenen Samstag spielte "Futura" die Satire zum ersten Mal vor Publikum.

Und das mit hinreißendem Engagement, voller Konzentration und großem Spaß am Schauspiel. Ein ausgefuchstes Bühnenbild, bei dem die 15 bis 20- Jahre alten Schauspieler mit bastelten, löste das Problem mit den wechselnden Schauplätzen auf charmante Weise: ebenerdig, vor der mit einem roten Samt-Tuch eingefassten Bühne befindet sich die Szenerie der Hölle. Die Bühne selbst stellt das Hotelzimmer des Rockstars dar. Über der Bühne wurde ein weiterer Boden eingezogen: Dort langweilen sich Gott (Thomas Steinbrunner) und Petrus (Luis Haas) einsam und allein im Paradies.

Auslöser der Schieflage ist der depressive Curt, gespielt von Raffael Scherer. Eigentlich auf dem Zenit seiner Karriere, will er sich das Leben nehmen, denn das mit dem Songwriting flutscht gerade nicht so, wie er sich das vorstellt. Sein Manager (Jonas Frank) und seine Freundin (Eva Speer) hämmern umsonst an die Hotelzimmertür. Der Tod, kostümiert als Cowboy mit gruseligen weißen Kontaktlinsen und wunderbar gespielt von Daniel Wilke, waltet gerade seines Amtes und wartet darauf, dass die Überdosis Tabletten bei Curt endlich wirkt. Doch dann klingelt sein Handy. Order aus der Hölle. Django muss den Rockmusiker wiederbeleben.

In schrillen rot-schwarzen Lack- und Lederklamotten haben die Unterwelt-Mitarbeiter alle Hände voll zu tun, den Betrieb am Laufen zu halten. Um irgendwie Platz zu schaffen, schiebt der Aufseher (Phillip Zeiff) ein paar Wollüstige zu den Habgierigen, Neider kommen zu den Geizigen. Das aber geht der Qualitätsmanagerin, sehr lebensnah gespielt von Franziska Zimmerhackl, gehörig gegen den Strich: "Jeder Sünder hat das Anrecht auf seine ganz eigene Qual! Unser Ruf als Traditionsbetrieb steht auf dem Spiel!" Zu allem Überfluss beschwert sich einer von den Gläubigen (Felix Stöger), er sei hier falsch, schließlich habe er streng nach Vorschrift 148 Ungläubige ins Jenseits geschickt und man habe ihm dafür 74 Jungfrauen versprochen.

Konzernchef Satan (Maximilian Wagner) aber will die Sache aussitzen. Er spielt lieber Karten, bandelt mit der Sekretärin (Sophia Zelinski) an und schlägt vor, auf den geplanten Anbau zu warten. Dessen Fertigstellung scheint aber ein ähnliches Schicksal beschert zu sein wie dem Berliner Flughafen; einer der amüsanten Seitenhiebe auf das aktuelle Geschehen, die so im Text nicht stehen, und die sich Regisseurin Marga Kappl bei der Inszenierung nicht hat nehmen lassen. Von diesem Punkt an erinnert das Stück ans politische Weltgeschehen. Sowohl Satan als auch Gott, der genug hat von "Steuersündern und illegalen Musikdownloadern", wollen nicht miteinander reden. Satans Schwester Lucie (Antonia Buchenrieder) verbündet sich mit dem Rest der Höllen-Crew und plant, ihren Bruder weg zu putschen. Dann will sie, ganz imperialistische Großmacht, das Paradies stürmen, denn den "Alten da oben braucht eh niemand". So wäre das Platzproblem gelöst. Doch Gott und Satan erfahren von den Plänen.

Beim Publikum in der Theaterhalle kam das Stück sehr gut an. Vor allem Bühnenbild, die Leistung der jungen Schauspieler und die liebevolle Requisite wurden gelobt. Gerald Frank aus Poing fand es "sehr erfrischend, dass immer wieder tagesaktuelle Geschehnisse mit eingeflossen sind". Peter Haslbeck aus Markt Schwaben freute sich über die satirischen Parallelen zur heutigen Arbeitswelt: "Die oberen Etagen sind immer so abgehoben, und die da unten haben nichts zu sagen".

Weitere Aufführungen sind am Samstag, 2. Mai, 20 Uhr, sowie am Sonntag, 3. Mai, 16 Uhr, in der Theaterhalle Markt Schwaben. Kartenverkauf unter www.theater-marktschwaben.de oder an der Abendkasse.

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