Süddeutsche Zeitung

Tassilo-Preis der Süddeutschen Zeitung:Dreifache Ehre für Kulturschaffende im Landkreis Ebersberg

Peter Kees, Movimento und die Schrottgalerie Glonn werden ausgezeichnet - gerade in diesen pandemischen Zeiten kommt das wie gerufen

Von Anja Blum, Ebersberg

Gleich drei Preisträger aus dem Landkreis Ebersberg: Das gab es noch nie in der Geschichte des Tassilo! Dementsprechend groß ist das Hallo und die Freude bei der Verleihung des Kulturpreises der Süddeutschen Zeitung im Münchner Künstlerhaus. Zumal einer der Juroren, Axel Tangerding, ebenfalls aus dem Landkreis stammt: Der Moosacher fungiert in dem Gremium als Kenner der Theaterszene. Das heißt: Man kennt sich, tauscht Glückwünsche aus, knüpft aber nebenbei auch neue Kontakte. Denn eines bringen alle Ebersberger Gewinner gleichermaßen zum Ausdruck: Wie bereichernd es sei, so viele andere tolle Kulturprojekte aus dem Großraum München kennenlernen zu dürfen. Man darf also durchaus gespannt sein auf mögliche künftige Kooperationen.

Peter Kees zum Beispiel ist gleich "ganz verliebt": Voller Bewunderung spricht er über einen Gebärdendolmetscher, der es versteht, nicht nur Sprache, sondern sogar Musik in Bewegung zu übersetzen. "Ich möchte ihn unbedingt mal filmen, wie er eine Sinfonie darstellt!" Kees, Aktionskünstler aus Steinhöring, darf sich an diesem Abend über einen der Hauptpreise freuen, denn er hat das Arkadien-Projekt in Ebersberg initiiert und organisiert: ein Kunst- und Kulturfestival, das derzeit zum zweiten Mal stattfindet - wegen der Pandemie vor allem in Form von Interventionen im öffentlichen Raum. Das Programm ist derart umfangreich und international, dass das Budget für das Projekt trotz vielfacher Förderung bereits ausgeschöpft ist. Insofern erscheint Kees der Preis samt Fördersumme gerade wie vom Himmel geschickt.

Das gleiche gilt wahrscheinlich für Movimento, die Artistikgruppe aus Grafing, die für ihre Varieté-Shows ebenfalls mit einem Tassilo geehrt wurde. Denn den Bewegungskünstlern hat die Pandemie erheblich zugesetzt: Monatelang war kein Training möglich, alle geplanten Projekte mussten verschoben werden. Um in den kommenden Monaten unabhängiger zu sein von Inzidenzwerten, hat Movimento beschlossen, in Grafing ein Zirkuszelt zu installieren. Auch dafür gibt es staatliche Zuschüsse, doch die reichten bei weitem nicht aus, erklärt Stefan Eberherr, der Gründer und Chef der Gruppe. Insofern sind die Artisten nun auf der Suche nach Unterstützern - ein Unterfangen, bei dem eine Auszeichnung wie der Tassilo als Referenz sicher sehr hilfreich ist. Und wenn alles gut geht, darf man sich bald auf ein weiteres Highlight aus dem Hause Movimento freuen: ein "Artistical", das den Sport auf wunderbare Weise noch mehr mit Schauspiel, Gesang und Musik verbindet.

Als Veranstalter, der das kulturelle Leben in der Region unermüdlich bereichert, hat die Glonner Schrottgalerie einen Tassilo erhalten: ein "Haufen Verrückter", der - ohne jegliche Vereins- oder andere Struktur - Wochenende für Wochenende Konzerte organisiert. Das Geheimnis der ungewöhnlichen Truppe? Die "vielen Schultern", antwortet Sprecher Hanno Größl beim Interview auf der SZ-Bühne und lächelt. Zwar steht hinter der Schrottgalerie kein kommerzieller Zweck, - es gibt weder Eintrittsgelder noch Gagen, sondern nur einen Hut - doch die Miete muss trotzdem bezahlt werden. Und da die kleine Bühne, deren Markenzeichen die Pandemie-feindliche Tuchfühlung ist, ebenfalls sehr unter Corona gelitten hat, kommt der Tassilo auch hier wie gerufen. Von einem Blues kann an diesem Tisch also ausnahmsweise nicht die Rede sein.

"Wir sind nicht tot!" Dieses Motto der Veranstaltung, ausgegeben vom Kabarettisten Christian Springer, gilt trotz Krise auch für die Kulturschaffenden im Landkreis Ebersberg. Und das allein ist jede Menge Tassilos wert.

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Quelle:
SZ vom 03.07.2021
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