Kandidatin für den Tassilo 2018:Kantorin mit Gespür für Menschen und Zeitgeist

Kandidatin für den Tassilo 2018: Für den Tassilo-Preis nominiert: Kirchenmusikerin Christiane Iwainski, hier an der Orgel der evangelischen Kirche in Markt Schwaben.

Für den Tassilo-Preis nominiert: Kirchenmusikerin Christiane Iwainski, hier an der Orgel der evangelischen Kirche in Markt Schwaben.

(Foto: Christian Endt)

Kirchenmusikerin Christiane Iwainski gelingt, woran so mancher scheitert: den Nachwuchs zu begeistern.

Von Thomas Jordan, Markt Schwaben

Christiane Iwainski strahlt noch heute, wenn sie von ihrem musikpädagogischen Coup erzählt: Ihr ist es gelungen, junge Sängerinnen und Sänger, die dem Kinderchor entwachsen waren, für den Gospelchor beziehungsweise die Kantorei zu begeistern. Auf diese Weise hat sie die Überalterung, unter der viele andere Chöre leiden, verhindert.

Seit nunmehr 25 Jahren wirkt Christiane Iwainski als Kirchenmusikerin in der evangelischen Kirche Markt Schwaben - und hat dort alle Hände voll zu tun, nicht nur an der Orgel. Neben der klassischen Kantorei leitet sie nämlich noch den Kinderchor, den Gospelchor Good News und das Kammerorchester der Pfarrei. Dabei ist die Kirchenmusik nur eines der Standbeine der 52-Jährigen: Daneben führt sie mit ihren Kinderchören mehrmals pro Jahr Musicals auf, gibt Klavier- wie Flötenstunden und organisiert Konzerte bei sich zu Hause in Altenerding.

Der Nachwuchs in der Kirche allerdings war lange ein Problem, wie überall. Chorleiter in ganz Deutschland können ein Lied davon singen, sie alle ringen um junge Sänger. So auch in Markt Schwaben - zumindest bis zum Jahr 2012. Von da an nämlich gelang es Christiane Iwainski, das Engagement ihrer jungen Gesangstalente über die Pubertät zu retten, indem sie noch 17- und 18-Jährige im Kinderchor unterrichtete, weil es in der Pfarrei für diese Klientel nichts gab. Und weil die Jugendlichen sonst das Singen aufgegeben hätten. So aber zahlte sich das zusätzliche Engagement der Kantorin aus: Viele der jungen Sänger traten später zum Erwachsenenchor über. "Plötzlich war mein relativ überalterter Chor deutlich jünger", sagt Iwainski. Der Altersschnitt liege nun bei etwa 40 Jahren, sie habe etliche 20-Jährige dabei. Die gebürtige Münchnerin ist also kreativ, wenn es um die Förderung des musikalischen Nachwuchses geht.

Das liegt wohl vor allem daran, dass die studierte Konzertorganistin, die auch schon am Gymnasium Musik unterricht hat, zwei Eigenschaften miteinander vereinbaren kann: Perfektionsstreben, aber auch Pragmatismus. So weiß die 52-Jährige, die schon mit 23 Jahren ihre erste Stelle als Kirchenmusikerin antrat, sehr wohl, dass es bei Laienchören nicht in erster Linie darum geht, fehlerfrei vom Blatt singen zu können. "Die Leute kommen nach der Arbeit kaputt in die Probe und sind nicht dazu da, geschimpft zu kriegen", sagt sie. Vielmehr müsse es ihr als Chorleiterin gelingen, dass die Sänger "versehentlich Leistung bringen" - und dann selbst positiv überrascht sind davon. "Psychologisch hinter die Personen zu schauen, und so gut wie möglich Musik aus ihnen herauszukitzeln", nennt das die Kantorin.

Fragt man Christiane Iwainski, ob sie sich als Musikpädagogin versteht, ruft sie: "Ich bin Musikerin!" - und ergänzt: "Ich könnte auch rumtingeln und Konzerte geben, aber das ist nicht mein Lebenskonzept." Sehr wohl zum Konzept der Organistin gehört es aber, ihr Ohr am musikalischen Zeitgeist zu haben und ihn in ihren Kirchenmusikprojekten aufzugreifen. So wie bei der Friedensmesse "The Armed Man" von Karl Jenkins, die sie 2011 aufführte, ein zeitgenössisches Antikriegsstück für Chor, Orchester und Solisten. Ein Mammutprojekt. Da brachte Christiane Iwainski vieles zusammen, was für sie gute Kirchenmusik ausmacht: Gospelchor und klassischen Chor, Laien-und Profimusiker. Und das Ganze nicht nur konfessionsübergreifend, sondern Religionen verbindend: Die Aufführung fand in der katholischen Kirche in Poing statt, und den Muezzin-Ruf, den der Komponist in seine Friedensmesse geschrieben hat, den übernahm der dortige Imam. "Mit diesem Projekt war ich ein Jahr lang beschäftigt." sagt Iwainski - und strahlt.

Neben der Ostermesse Anfang April steht für die Kantorin nun ein Bibel-Musical-Projekt an: Am Sonntag, 18. März, führt der Gospelchor Markt Schwaben im Anschluss an den Gottesdienst, also etwa um 11.30 Uhr, Andrew Lloyd Webbers Frühwerk "Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat" auf. Bei den Proben konnte Christiane Iwainski mal wieder zeigen, wie man den Nachwuchs begeistert: "Einer hat nicht exakt das gesungen, was dastand, aber es hat exakt in den Takt gepasst - und war viel schöner!"

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