Tagespflege:Ersehnte Auszeit

In Grafing können Menschen mit ihren pflegebedürftigen Angehörigen Urlaub machen. Die Unterkunft stellt der Tourismusverein, jeweils in der Zeit von acht bis 16 Uhr werden die Schützlinge in der Tagespflege betreut.

Von Sophie Burfeind

Von einem erholsamen Urlaub können Menschen, die sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern, oft nur träumen. Zu vereinnahmend ist diese Aufgabe - und Oma oder Opa einfach in die Kurzzeitpflege zu schicken, schreckt viele ab. Denn das Risiko, dass der zu Betreuende unter einer neuen Umgebung ohne bekannte Bezugspersonen leiden könnte, erscheint vielen zu hoch. Einen Ausweg aus diesem Dilemma bietet nun der Tourismus-Verein Grafing gemeinsam mit der Tagespflegeeinrichtung des Pflegesterns: Sie haben ein Urlaubskonzept entwickelt, bei dem die Pflegenden sich eine Auszeit gönnen können - und ihren Angehörigen einfach mitnehmen.

Das Konzept sieht so aus: Wer Urlaub im südlichen Landkreis, also vor allem in Grafing oder Ebersberg, machen möchte - etwa zum Wandern, Bergsteigen oder Baden -, kann das pflegebedürftige Familienmitglied künftig mitbringen. Die Unterkunft stellt der Tourismus-Verein, der Pflegebedürftige wird tagsüber in der Tagespflege untergebracht. Dasselbe gilt natürlich für Leute, die Verwandte im Landkreis besuchen wollen.

Die Idee dazu hatten Josef Koller, der Vorsitzende des Grafinger Seniorenbeirats, und Mitarbeiter im Pflegestern sowie Christian Kerschner-Gehrling, Geschäftsführer der Senioreneinrichtung. "Wir wissen, dass viele Leute, die Angehörige zu betreuen haben, sehr eingeschränkt sind, Urlaub zu nehmen", sagt Koller. Gemeinsam hätten sie überlegt, dass ein Urlaubsangebot mit dem Tourismus-Verein da eine gute Option sein könnte. "Die Mitglieder vom Tourismus-Verein waren gleich ganz begeistert von der Idee", erklärt er. Deswegen besuchten einige von ihnen, darunter der Vorsitzende des Tourismus-Vereins Wolfram Staude, kürzlich die Tagespflege, um sich ein Bild von der Einrichtung zu machen. Mit einem positiven Resultat - eine Zusammenarbeit können sich beide Parteien gut vorstellen. "Mit diesem Angebot können wir eine Marktlücke füllen", sagt Wolfram Staude. "Viele Menschen arbeiten sich an der Pflege ihrer Angehörigen auf. So können wir ihnen ermöglichen, in den Urlaub zu fahren und die Angehörigen zugleich betreut zu wissen."

In die Ferienwohnungen der 35 privaten Zimmervermieter, die zum Tourismus-Verein gehören, können die Urlaubsreisenden den Pflegebedürftigen mitnehmen und tagsüber in der Tagespflegeeinrichtung unterbringen. Natürlich müsse die Unterkunft dazu geeignet sein, beispielsweise einen ebenerdigen Zugang oder Fahrstuhl besitzen, bemerkt Koller. Für die Unterbringung in der Senioreneinrichtung gebe es zudem einen Fahrdienst, "die Leute können also abgeholt und wieder gebracht werden." Die Kosten pro Tag - ohne Fahrdienst - beliefen sich auf etwa 20 Euro, einen Großteil davon übernehme die Krankenkasse.

In der Tagespflege des Pflegesterns, die es seit einem Jahr gibt, werden bis zu 25 Personen täglich von acht bis 16 Uhr betreut. Neben einem gemeinsamen Frühstück wird Zeitung gelesen, gespielt, gekocht oder gebacken, erklärt Katharina Mooser, die Leiterin der Einrichtung. "Unser Ziel ist es, die Sachen zu fördern, die die Senioren noch gut können und ihr Selbstbewusstsein zu stärken. Aber im Vordergrund steht auch, gemeinsam Spaß zu haben." Das Urlaubskonzept schätze sie vor allem deshalb, weil es die Möglichkeit biete, gemeinsam zu verreisen. Dies werde nur selten angeboten.

Nicht geeignet ist diese Form des Urlaubs jedoch für bettlägerige Pflegebedürftige - die können in der Tagespflege nicht untergebracht werden - und für Kurzentschlossene. "Es ist mit einem großen Verwaltungsaufwand verbunden, wozu ein gewisser Vorlauf nötig ist: Erst muss ein Antrag bei uns gestellt werden, dann muss zu dem Zeitpunkt ein Pflegeplatz frei sein", gibt Josef Koller zu bedenken. Auch mit der Pflegeversicherung müsse der Aufenthalt abgeklärt werden. "Je früher man sich anmeldet, desto besser", empfiehlt daher auch Katharina Mooser. Es sei eben wie bei einer herkömmlichen Hotelreservierung auch: Um einen guten Platz zu bekommen, sollte man ein paar Wochen früher buchen.

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