Sz-Serie: Mit dem Bus in den Landkreis, Folge 5:Verzwickte Verkehrswende

Lesezeit: 3 min

Die Umstellung auf alternative Antriebe ist bei den Transportunternehmen in vollem Gange. Allerdings ist es ein Prozess mit noch vielen Fragezeichen, der für die Busfirmen auch ein hohes Risiko birgt

Von Andreas Junkmann

Dass sich die Mobilität in den nächsten Jahren deutlich verändern wird, daran besteht kaum ein Zweifel. Während auf den Straßen zwar noch überwiegend Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor unterwegs sind, ist die Verkehrswende hin zu alternativen Antrieben längst in vollem Gange. Und so laufen auch im Landkreis die Bestrebungen hin zum CO₂-neutralen Verkehr bereits auf Hochtouren. Besonders betroffen von der Verkehrswende werden Speditionen und Busunternehmen sein, die ihre komplette Flotte den neuen Technologien anpassen müssen. Bei Letzteren ist man allerdings noch durchaus zwiegespalten, was die Umrüstung der Fahrzeuge angeht. Denn für die Unternehmer bedeutet das neben enormen Kosten auch ein hohes Risiko.

Doch das ist schon ein Schritt weitergedacht. Damit alternative Antriebsformen überhaupt eine Chance haben, muss die Infrastruktur passen. Hierfür will der Landkreis die entsprechenden Rahmenbedingungen schaffen und setzt als Antrieb der Zukunft vor allem auf Wasserstoff. Zusammen mit den Landkreisen München und Landshut will Ebersberg Wasserstoffregion werden - und hofft auf entsprechende Fördermittel vom Verkehrsministerium. Sollte der Antrag erfolgreich sein, sind zwei Wasserstofftankstellen im Landkreis geplant, die dann zunächst von Bussen und Lastwagen benutzt werden sollen. Aber das ist im Moment noch Zukunftsmusik. Zunächst muss der Antrag beim Ministerium durchgehen, eine Entscheidung darüber wird wohl erst Ende nächsten Jahres endgültig feststehen.

Andere Antriebstechnologien sind in der Region bereits deutlich greifbarer. In Sachen Elektromobilität etwa gab es bereits einen ersten Testlauf mit einer Regionalbuslinie. Mitte August dieses Jahres war das E-Fahrzeug einer französischen Firma eine Woche lang rund um Steinhöring und zwischen Grafing und Aßling unterwegs. Beim Münchner Verkehrsverbund (MVV) wollte man herausfinden, ob der Einsatz dieser umweltfreundlichen Technologie auch auf dem Land praktikabel ist - und das Ergebnis fiel durchaus zufriedenstellend aus: Der Test sei sehr, sehr positiv verlaufen, hieß es damals vom MVV.

Probeläufe wie der in Ebersberg sind wichtig für den Verkehrsverbund, denn die Zeit drängt. Die erst kürzlich erlassene sogenannte Clean Vehicle Directive der Europäischen Union gibt ganz klare Quoten vor, wie der ÖPNV der Zukunft auszusehen hat. Demnach sollen bis zum Jahr 2026 22,5 Prozent der neu angeschafften Fahrzeuge emissionsfrei sein, bis 2030 sogar 32,5 Prozent. Zwar sei noch nicht klar, wie diese Richtlinie auf nationales Recht umzusetzen sei, dennoch werden die Vorgaben für alle Neubeschaffungen von dem Jahr 2021 an berücksichtigt, heißt es dazu vom MVV.

Der Verkehrsverbund setzt punktuell bereits jetzt auf saubere und emissionsfreie Fahrzeuge. Auf der Linie zwischen Buchenau und Fürstenfeldbruck sind vier Dieselhybridbusse im Einsatz, ab dem Fahrplanwechsel am 15. Dezember soll dann auch die erste rein elektrisch betriebene Regionalbuslinie in Unterföhring in Betrieb gehen. Für vier weitere Strecken gebe es bereits konkrete Aufträge, die Umstellung hin zum Elektrobetrieb in die Wege zu leiten, teilt der MVV mit. Neben dem Regelbetrieb führt der Verbund auch immer wieder Testläufe wie den in Ebersberg durch. So würden 125 Linien in nächster Zeit auf den Einsatz emissionsfreier Antriebe geprüft werden, heißt es.

Jemand, der schon ganz konkrete Erfahrungen mit neuen Antriebsformen sammeln konnte, ist Josef Ettenhuber von der gleichnamigen Busfirma in Glonn. Dort sind seit Kurzem drei Elektrobusse im Einsatz. Diese sind allerdings nicht für den Landkreis Ebersberg vorgesehen, sondern für eben jene Linie in Unterföhring, die in zwei Monaten komplett durch E-Antrieb bedient werden soll. Mit dem aktuell laufenden Probebetrieb ist man laut Josef Ettenhuber recht zufrieden, allerdings sei die Reichweite der Fahrzeuger etwas geringer als erhofft. So kommt ein Bus mit seiner Akkuladung etwa 170 Kilometer weit, geplant waren eigentlich 220 Kilometer.

(Foto: oh)

Obwohl seine Erfahrungen bislang überwiegend positiv waren, will Ettenhuber Elektrofahrzeuge aber nicht pauschal zum Allheilmittel erklären. "Man muss immer schauen, welches Fahrzeug zu welcher Linie passt." Im urbanen Bereich biete sich dem Busunternehmer zufolge der E-Antrieb durchaus an, im ländlichen Raum - wie im Landkreis Ebersberg - sei aufgrund der längeren Distanzen vielleicht Wasserstoff die bessere Wahl.

Eben diese Abwägung scheint für einige Unternehmen noch ein zu hohes Risiko zu bergen. "Die Elektrofahrzeuge sind einfach noch zu teuer. Die kosten das dreifache von einem normalen Bus", sagt etwa Herbert Larcher, der Geschäftsführer von Larcher Touristik in Markt Schwaben. Auch die Ladestruktur sei im Moment quasi noch nicht vorhanden und die Reichweiten der E-Fahrzeuge für den ländlichen Raum kaum darstellbar. Larcher sagt deshalb: "Jetzt alles auf Elektro zu setzen, halte ich für falsch." Auch er plädiert dafür, Strecken auf dem Land künftig eher mit Wasserstoff zu bedienen. "Und auch der Euro-6-Dieselmotor hat immer noch seine Berechtigung."

Die Umstellung auf emissionsfreie Antriebe ist derzeit noch ein Prozess mit vielen Fragezeichen. Damit die Unternehmer in diesem nicht völlig auf sich alleine gestellt sind, ist auch der MVV darum bemüht, den Übergang bestmöglich zu moderieren. Man stehe in engem Austausch mit Fahrzeugherstellern und Dienstleistern, teilt der Verbund auf Nachfrage mit. Auch von anderen Verkehrsverbünden und Branchenverbänden hole man sich Anregungen. Zur Umsetzung konkreter Projekte würde eine externe Beratung hinzugezogen, die auch die Busunternehmer unterstützen soll. Vom Verkehrsverbund heißt es deshalb: "Wir stehen gemeinsam mit Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen vor einer Herausforderung, die wir auch nur gemeinsam meistern können."

Die Lokalausgaben der Süddeutschen Zeitung suchen im Oktober gemeinsam mit dem MVV den Busfahrer oder die Busfahrerin des Jahres. Teilnahmecoupons liegen in allen Regionalbussen aus. Ihren Favoriten oder ihre Favoritin können Fahrgäste aber auch per Mail vorschlagen: busfahrer-aktion@mvv-muenchen.de.

© SZ vom 08.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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