SZ-Serie Kunst im Rathaus:"Eine sehr beeindruckende Sache"

SZ-Serie Kunst im Rathaus: Moosach war lange die Heimat des Künstlerpaars Otto und Hildegard Dressler, auch im Rathaus sind sie mit Werken vertreten.

Moosach war lange die Heimat des Künstlerpaars Otto und Hildegard Dressler, auch im Rathaus sind sie mit Werken vertreten.

(Foto: Christian Endt)

Im Moosacher Rathaus finden sich Werke von Otto und Hildegard Dressler. Auch ein früherer Bürgermeister ist verewigt.

Von Camille Scherer, Moosach

Der ehemalige US-Präsident Barack Obama hatte eine Vorliebe für die Grafikdrucke von Edward Ruscha, Helmut Schmidt bevorzugte nordische Künstler wie Emil Nolde. Doch was hängt wohl über den Schreibtischen unserer Bürgermeisterinnen und Bürgermeister? Dieser Frage geht die SZ Ebersberg in der Serie "Kunst im Rathaus" nach: ein kleiner Rundgang durch die Amtsstuben im Landkreis.

Wer bereits mal einen Blick ins Moosacher Rathaus oder gar ins Büro des Bürgermeisters Eugen Gillhuber geworfen hat, der weiß: Es gibt dort zwar nur ein paar wenige Kunstobjekte, diese aber haben es in sich. Beispielsweise die bedeutungsvolle Miniaturversion des "Nach-Denk-Mals" von Otto Dressler, das im Rathaus gut sichtbar auf einer kleinen Kommode steht. "Das Wanderobjekt haben wir aus dem Nachlass des Künstlers erstanden", erzählt Bürgermeister Eugen Gillhuber (CSU) stolz.

Das Werk des Moosacher Künstlers ist eine Aufforderung für Kraftfahrer zur "Toleranz auf der Straße". Zu sehen ist ein Turm, auf dem ein Autowrack mit dem Kennzeichen "EBE" steht. An einer der Autotüren läuft eine Blutspur hinunter bis über den Turm. Das Blut endet bei einer in weiß gemalten Karte des Landkreises Ebersberg, auf der mit roten Blutflecken alle Orte gekennzeichnet sind, an denen Menschen überfahren worden sind. Auf der anderen Seite der Installation sind "den Opfern zur Erinnerung" 143 weiße Totenkreuze aufgemalt. Bürgermeister Gillhuber erzählt, dass das echte "Nach-Denk-Mal" Dresslers 1997 im Hof des Rathauses gestanden habe, "da war ein richtiges Auto drauf. Das war wirklich eine sehr beeindruckende Sache".

SZ-Serie Kunst im Rathaus: Das Werk des Moosacher Künstlers ist eine Aufforderung für Kraftfahrer zur "Toleranz auf der Straße".

Das Werk des Moosacher Künstlers ist eine Aufforderung für Kraftfahrer zur "Toleranz auf der Straße".

(Foto: Christian Endt)

Der gelernte Steinmetz und Bildhauer Otto Dressler lebte und arbeitete bis zu seinem Tod 2006 in der kleinen Gemeinde. Geboren worden war der als "Verfremder" bekannte Künstler 1930 in Braubach, doch ins Moosacher Gemeindebuch schrieb er, dass er und seine "nicht ganz alltägliche Kunst" in Moosach akzeptiert worden seien - im Gegensatz zu anderen Orten. Ferner schrieb er: "Als Fremder wurde ich in Moosach freundlicher aufgenommen, als ich es an meinen früheren Aufenthaltsorten gewohnt war."

SZ-Serie Kunst im Rathaus: Bürgermeister Eugen Gillhuber.

Bürgermeister Eugen Gillhuber.

(Foto: Christian Endt)

In Moosach ist heute eine Straße nach dem Künstler benannt

SZ-Serie Kunst im Rathaus: Der frühere Bürgermeister Rudolf Obermayr wurde verewigt.

Der frühere Bürgermeister Rudolf Obermayr wurde verewigt.

(Foto: Christian Endt)

Dressler gilt als Wegbereiter der Verfremdung alltäglicher Gegenstände, die er in leicht verständliche, doch immer schockierende, kritische Mahndenkmäler verwandelte. Seine Werke entstanden oft vor den Augen von Passanten im Freien, als Performance auf Plätzen, in Straßenzügen oder Institutionen. In Moosach ist heute eine Straße nach dem Künstler benannt, "er ist hier wirklich verewigt und der Kulturverein Moosach nimmt für Ausstellungen immer ein paar Werke Dresslers auf.

"Der Verein ist da sehr engagiert", erzählt der Bürgermeister. Und noch ein anderes Werk Dresslers, vielmehr eine ganze Serie, ist im Moosacher Rathaus zu betrachten: "Mordwerkzeuge", wie der Künstler selbst dazu sagte. In einem schwarzen Kasten sind ein Mercedes-Stern, ein VW-Logo, ein Seitenspiegel, Schlüssel und ein Kabel zu sehen. Das Rathaus besitzt 15 dieser Schaukästen, auch sie wurden aus Dresslers Nachlass gekauft.

Auch das Gemälde "Wasser" von Dresslers Ehefrau Hildegard hängt im Moosacher Rathaus. Zu sehen ist dunkelblau-schwarzes Gewässer, das, je weiter man in den Hintergrund blickt, immer heller wird. Es mündet in eine Bucht, die von hellbraunen Felsen umgeben ist. Im Vordergrund links ist ein dunkler großer Felsen, der von dunkelblauem Wasser überschwemmt wird. Das Besondere an dem eindrucksvollen Bild ist, dass der Betrachter sich durch den dunklen Vordergrund in ein Aquarium versetzt fühlt, in das er durch eine Scheibe hineinsieht.

Das Lieblingsbild des Bürgermeisters

In Eugen Gillhubers Büro wiederum hängt ein Werk mit besonders großem Lokalkolorit: Ein Porträt des ehemaligen Bürgermeisters Rudolf Obermayr, es zeigt ihn beim Anstich eines Maibaumfestes. Es wurde von dem Künstler Oskar Meier gemalt. Der damalige Bürgermeister trägt auf dem Gemälde eine weiße Schürze über schwarzem Anzug samt schwarzer Krawatte. Er greift amüsiert nach ein paar leeren Masskrügen, hinter ihm steht ein Fass.

Der Hintergrund ist hellblau und links oben ist das Moosacher Wappen zu erkennen. "Das ist mein Lieblingsbild", sagt Eugen Gillhuber begeistert, "weil Rudolf Obermayr unsere Gemeinde sehr geprägt hat. Er war 38 Jahre lang Bürgermeister, wurde zum Ehrenbürger ernannt und hat vieles bewirkt". Im Gemeindebuch Moosach steht über den früheren Rathauschef: "Er hat die Welt und die Menschen realistisch-kritisch gesehen, aber geliebt - vor allem seine Gemeinde Moosach".

Einen Verantwortlichen gibt es für die überschaubare Menge an Kunstwerken im Moosacher Verwaltungssitz nicht. "Wir sind ja ein kleines Rathaus, eine Filiale sozusagen", sagt Gillhuber und lacht.

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