SZ-Serie Kunst im Rathaus:Ein Biotop und andere Lieblingsstücke

Ein kleiner Rundgang durch die Amtsstuben des Landkreises: Grafings Bürgermeisterin Angelika Obermayr mag es schlicht, aber persönlich

Von Theresa Parstorfer

Der ehemalige US-Präsident Barack Obama hatte eine Vorliebe für die Grafikdrucke von Edward Ruscha, Helmut Schmidt bevorzugte nordische Künstler wie Emil Nolde. Doch was hängt wohl über den Schreibtischen unserer Bürgermeisterinnen und Bürgermeister? Dieser Frage geht die Süddeutsche Zeitung Ebersberg in ihrer Serie "Kunst im Rathaus" nach: ein kleiner Rundgang durch die Amtsstuben im Landkreis.

Einen Kandinsky für ihr Arbeitszimmer könnte sie sich vermutlich nicht leisten, sagt Angelika Obermayr (Grüne). Ganz davon abgesehen findet es Grafings Bürgermeisterin ohnehin schöner, ihrem Büro im Rathaus eine etwas persönlichere Note zu verpassen. Deshalb hängt da an der Wand gegenüber des Schreibtisches eine Fotografie, die ihr Mann Karl Obermayr gemacht hat. Auf eine große Leinwand gedruckt und "ein bisschen zu hoch gehängt", wie Angelika Obermayr selbst sagt. So hoch, dass die Bürgermeisterin, außerordentlich große Frau, die sie ist, sich auf Zehenspitzen stellen muss, um einen guten Winkel für ein Foto zu erwischen. Ein idyllischer Schotterweg ist auf dem Bild zu sehen, der zu einem alten, blattreichen Baum führt, unter dem ein Wegkreuz zu erahnen ist. Irgendwo im Landkreis wird das gewesen sein, wo genau, weiß Obermayr gar nicht mehr, so schön sei es schließlich an vielen Orten rings um Grafing.

Nicht nur eine künstlerische Erinnerung an ihren Mann gibt es, sondern auch an ihre Kinder: Vor kurzem erst hat sie von ihnen ein Mini-Biotop geschenkt bekommen. Sprich einen kugeligen Glasbehälter mit Korkverschluss, in dem ein paar tropische Gewächse gedeihen. Und ja, "auch das ist Kunst", sagt Obermayr und lacht. Nicht ganz so sicher ist sie sich da bei einer dreidimensionalen Obenansicht auf die ihr anvertraute Stadt. Für den 2015 veranstalteten Wettbewerb "Zukunftsstadt" ist dieses Werk entstanden. "Der 3D-Drucker wäre hier der Künstler", sagt Obermayr.

Um weitere Kunstwerke zu finden, muss der Besucher auf die Rathausgänge und ins Treppenhaus in den zweiten Stock treten. Neben alten Fachwerkbalken, zwischen denen Glasvitrinen für Ausstellungen angebracht wurden, hängen zwei Emaillearbeiten von Alfred Schöpfe, einem bekannten Künstler aus Grafing, der 1992 verstorben ist. "Neue Erde" heißt eines davon. Während die bunte Einlegearbeit ein sehr abstrahiertes Abbild einer neuen Erde sein mag, hängt ein gut erkennbarer, zweidimensionaler Erdball einen Stock tiefer.

Die Künstlerin Josefine Pfeifer hat den Grafinger Marktplatz in einer runden Anordnung gemalt. Vor dem Hintergrund einer Weltscheibe. "Ich habe es aber so aufhängen wollen, dass das Rathaus und die Mariensäule nach oben zeigen", sagt Obermayr. Auch wenn das zur Folge hat, dass die Spitze Afrikas nicht, wie sonst üblich auf einem Globus, nach unten zeigt, sondern nach oben. Doch ab und an könne man Gewohntes schon auf den Kopf stellen, so Obermayr.

SZ-Serie Kunst im Rathaus: Die Stadtsäule, die die geschichtliche Entwicklung wiedergibt, stammt von Bildhauer Fritz Brosig.

Die Stadtsäule, die die geschichtliche Entwicklung wiedergibt, stammt von Bildhauer Fritz Brosig.

(Foto: Christian Endt)

Im Fall dieses Bildes hat sich die Bürgermeisterin auch selbst für die Anschaffung eingesetzt. "Eher spontan" passiere so etwas bei ihr, denn die Notwendigkeit "ständig Kunst anzukaufen", sieht sie nicht unbedingt. "Schließlich nimmt auch die Fotogalerie der Bürgermeister einiges an Platz ein", fügt sie hinzu - völlig zu Recht. Ein ernst dreinblickender Amtsvorgänger nach dem anderen schmückt das Treppenhaus des Rathauses. Auf dem Treppenabsatz zum zweiten Stockwerk blickt man in Obermayrs Gesicht. Den Rest des Rathauses eher schlicht zu gestalten, findet Grafings Bürgermeisterin daher geschmackvoller - und billiger als Kandinsky und Co. obendrein.

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