SZ-Serie: Im Schilde geführt, Folge 13:Egmating und der Wolf

SZ-Serie: Im Schilde geführt, Folge 13: Im Schloss von Egmating residiert heute ein Golfclub.

Im Schloss von Egmating residiert heute ein Golfclub.

(Foto: Christian Endt)

Die Adelsfamilie Wolframsdorf hat kaum Spuren in der Gemeinde hinterlassen - dafür ihr Wappen

Von Franziska Bohn, Egmating

Der Wolf steht auf seinen Hinterbeinen, der buschige Schwanz zeigt in die Höhe. Seine Vorderpfoten sind zum Sprung nach vorne gestreckt. Zwischen seinen Fangzähne steckt ein blutrotes Hirschgeweih. Diese Szene findet man auf dem Egmatinger Wappen - weit entfernt von idyllisch oder niedlich. Ist das der Grund, warum man das Wappentier kaum in Egmating findet? Dabei ist der Wolf gar nicht so ein blutrünstiges Tier: "Der Wolf ist ein sehr soziales Wesen wie der Mensch auch. Wölfe leben in einem Familienverbund mit Vater, Mutter und Kindern", sagt Alfred Doll, Wolfsbotschafter vom Naturschutzbund Deutschland (Nabu). Gibt es wirklich keinen einzigen Wolf in Egmating? Wie kam er dann überhaupt aufs Wappen?

"Egmating ist ein schwieriger Fall", sagt der Historiker und Heimatpfleger für den Landkreis, Thomas Warg. In Egmating sei seit dem zwölften Jahrhundert ein Ortsadel nachweisbar. Viele Adelsfamilien hätten ihren Sitz dort gehabt. Das Wappen geht, wie Warg erzählt, auf die Adelsfamilie Wolframsdorf zurück. Will man wissen, warum das Wappen von Egmating ausgerechnet an das Familienwappen der Familie Wolframsdorf erinnern soll, muss man genauer forschen.

"Der Besitz Egmatings kam an verschiedene Familien", erklärt Warg. Im Historischen Atlas von Bayern kann man das genauer nachlesen: Für mehrere Jahrhunderte ist die Geschichte der Hofmark Egmating mit der Adelsfamilie Schrenck verbunden. "Darin, wie die Familie zu Egmating kam, sind sich die Wissenschaftler uneinig und Quellen widersprechen sich."

1694 stirbt die Familie der Schrencks in der männlichen Linie aus, als Erben kamen nur die Witwe und die Töchter infrage, da die beiden Söhne ins Kloster gegangen sind. So brachte Maria Johanna Petronilla Egmating 1700 durch Heirat mit dem Freiherrn Veit von Wolframstorff, an die Familie Wolframsdorf. Sie waren bis 1791 Inhaber der Hofmark Egmating.

Im Schloss Egmating, wo die Familie gewohnt hat, sucht man leider auch vergebens nach einem Wolf. Da die Familie Wolframsdorf nur eine Generation in Egmating ansässig war, hat sie kaum Spuren hinterlassen. Heute findet man auf dem Gelände einen Golfplatz. Viel vom Schloss und den Bewohnern übrig geblieben ist allerdings nicht: "Ich kenne das Gebäude gut. Es gibt hier nicht einmal Familienwappen, auch keine Gemälde oder andere Überbleibsel", sagt Pascal Schneidler, Assistent der Geschäftsführung vom Golfclub Schloss Egmating. "Es ist kein typisches Schloss, alte Säulen und Gewölbe kann man noch sehen. Auch die alten Ställe sind noch erhalten", erzählt er.

SZ-Serie: Im Schilde geführt, Folge 13: Im Golfclub ist nirgends das Zeichen der Wolframsdorfer zu finden.Dafür hat sich der Fußballverein den Wolf "Egmatinho" als Glücksbringer ausgeliehen.

Im Golfclub ist nirgends das Zeichen der Wolframsdorfer zu finden.Dafür hat sich der Fußballverein den Wolf "Egmatinho" als Glücksbringer ausgeliehen.

(Foto: Christian Endt)

Aber wo kann man in Egmating wenigstens ein bisschen Wolf finden? Der Wolf war in Deutschland lange Zeit ausgerottet, seit 20 Jahren lebt er wieder in Deutschland. In den Wäldern um Egmating wurde laut Doll zuletzt vor vier Jahren ein Wolf gesichtet. Um also einen echten zu sehen, müsste man in den mehr als 20 Kilometer entfernten Tierpark nach Poing fahren.

Aber irgendwo müsste doch ein Wolf in Egmating zu finden sein! Auch ein Museum mit etwaigen Wolfsgemälden gibt es in Egmating nicht. Selbst über dem Gemeindehaus hängt derzeit kein Wappen mit Wolf. Es gibt keinen Brunnen mit Wolfsskulptur, keine Steinstatue oder Holzschnitzerei.

Warum sieht man den Wolf nicht? Bürgermeister Ernst Eberherr erklärt: "Für uns ist der Wolf nicht typisch für Egmating." Ein Außenstehender erkenne auch nicht, dass es sich um einen Wolf handle, der gerade einen Hirsch frisst. Er selbst habe sogar zuerst überlegt, ob es sich um einen Wolpertinger handle. Aus den alten Beschlussprotokollen weiß er: "1969 beschloss der Gemeinderat, ein Wappen einzuführen. Das Wappen wurde pragmatisch ausgewählt. Es wurde durch die alten Chroniken geblättert, dann ist jemand auf das Familienwappen gestoßen und dachte, das könnte gut passen." Einen tieferen Hintergrund habe das Wappen nicht. Auch er hat noch keinen Wolf in der Gemeinde entdeckt.

Egmating und
der Wolf
(Foto: oh)

Warg findet das Wappen trotzdem gut gewählt: "Ich würde für Egmating kein anderes wählen, das ist gut getroffen." Die Geschichte eines Ortes sei laut Warg immer mannigfaltig, deswegen könnte es immer mehrere Wappen geben, die zu einem Ort passen.

Nach ein bisschen Suchen findet man ihn dann doch, den Wolf: Beim Fußballverein TSV Egmating liegt er verstaubt in einem Kammerl, erzählt Stefan Kleinheisterkamp, zweiter Jugendabteilungsleiter. Früher war "Egmatinho", wie sie ihn nennen, regelmäßig im Einsatz: "Verletzte Spieler haben sich das Wolfskostüm angezogen, um die Mannschaft zu unterstützen."

Nach einer längeren Pause kommt er jetzt zur neuen Saison wahrscheinlich wieder zum Einsatz. "Unser Maskottchen ist selbstverständlich sehr drahtig und muskulös, wie ein durchtrainierter Sportler. Er ist auch gerissen und erfahren, auch autoritär und auf allen Plätzen zuhause", beschreibt Kleinheisterkamp den Fußballer-Wolf. Und es gibt noch mehr "Wolf" bei den Fußballern: In der Kabine hängt an der Decke ein Wandtattoo, das einen Wolfskopf zeigt, an der Tür der Kabine hängt eine Tapete mit einem Wolfsauge. "Das soll den Gegner einschüchtern und zeigen, dass wir stark wie ein unerschrockener Wolf sind."

Für die Fußballer kommt der Wolf als Wappentier gerade recht: "Wenn wir schon so ein Wappen haben, dann nutzen wir das auch." Die jungen Fußballer werden als "junge Wölfe" bezeichnet, das Team als "Wolfsrudel". Vor jedem Spiel stellen sich die Mannschaften zusammen und rufen laut "score wolves!" - "Wölfe schießt ein Tor!". Schießen die Wölfe dann ein Tor, ertönt eine Melodie mit Wolfsgeheul. "Das war diese Saison leider nicht so häufig der Fall", sagt Kleinheisterkamp und lacht.

Schon seit der Gründung des Vereins ist auch der Wolf Teil der Mannschaft. "Damit können wir uns gut identifizieren." Auch er schätzt die soziale Ader des Wolfes: "Im Rudel achtet man auf den anderen, man muss zusammenhalten und Schwächen bügelt das Team gemeinsam aus. So ein Wappentier ist ein Traum." Und so ist der Wolf dann doch irgendwie beheimatet in Egmating.

Wenn man einem echten Wolf begegnet, dann solle man laut Doll übrigens laut sprechen und in die Hände klatschen. Wenn er auf einen zuläuft, solle man sich langsam zurück ziehen. Aber vor allem solle man eins: Glücklich sein, denn "einem echten Wolf begegnen nur die wenigsten", sagt Doll. Und damit hat er hoffentlich Recht.

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