Am besten solle sie gleich 16 Jahre im Amt bleiben, habe ihr der ein oder andere Bürger bei der Wahl gesagt. "Sechs Jahre aufräumen, sechs Jahre ausführen und dann sechs Jahre Eigenverwirklichung". Claudia Streu-Schütze muss lachen. "Jetzt mache ich erst mal eine Amtszeit, dann sehen wir weiter".
Für Emmering, die etwa 1500-Einwohner große Gemeinde im Südosten des Landkreises Ebersberg, ist dieses Jahr einiges anders. Neuer Gemeinderat, neue Bürgermeisterin. Gerade zurück aus dem Campingurlaub im Norden, empfängt die neue Chefin in ihrem Büro in der Gemeindeverwaltung. Ob sie sich schon richtig eingelebt habe nach den ersten Monaten im Amt? "Der Stuhl passt noch nicht ganz", sagt sie und rutscht mit ihm vor ihrem Schreibtisch hin und her. "Aber es wird".
An ihrem 100. Tag im neuen Amt vollzog Claudia Streu-Schütze die Trauung einer Gemeinderätin. Eine der schönsten Dinge, die sie in ihrer Position machen dürfe, wie sie findet. Als Rathauschefin ist sie ja auch Ehevollzugsbeamte. Im Oktober folgen noch drei weitere standesamtliche Hochzeiten, dann sind es 22 Jahre, die die gelernte Sozialversicherungsangestellte aus dem Landkreis Rosenheim schon in Emmering lebt. Ob sie also alle Emmeringer kennt? "Alle wäre vielleicht zu viel gesagt", so die 44-Jährige, "aber ich kenne doch sehr viele hier". Vielleicht ein Grund, weshalb sie bei den Kommunalwahlen so gut angekommen ist.
Anders als viele ihrer neugewählten Kolleginnen und Kollegen aus dem Landkreis hat Streu-Schütze ( Freie Wählergemeinschaft) vor ihrem Amtsantritt noch keine Erfahrungen in der Gemeindepolitik gesammelt. Das habe gerade zum Anfang der Amtszeit bedeutet, dass sie beim einen oder Thema schon mal bei der Verwaltungsgemeinschaft Aßling nachfragen musste, aber auch, dass sie diese mit einem unvoreingenommenen Blick angehen könne. Mittlerweile habe sie sich soweit eingearbeitet, dass sie wisse, bei welchen Ansprechpersonen nachzuhaken ist, außerdem traue sie sich nach der ersten Eingewöhnungszeit nun immer mehr zu, eine eigene Meinung zu bilden, sagt sie. "Die ersten 14 Tage waren hart, bei der VG haben sie mich aber ganz toll aufgenommen."
Wenn Streu-Schütze, die sich im eigenen Familienbetrieb für Garten- und Landschaftsbau um die Buchhaltung kümmert, über ihre neue Arbeit spricht, dann tut sie dies voller Elan und Freude. Man merkt, dass es ihr Spaß macht. Das verwundere manche, sagt sie schmunzelnd. "Aber die Begeisterung kommt mit dem Amt". Sie habe sich aber auch gründlich vorbereitet, erzählt sie. Auf lange Gespräche mit ihrem Onkel Pankraz Spötzl, der selbst bis 2008 Bürgermeister von Emmering war, folgte ein freiwilliges Seminar für zukünftige Mandatsträger; ein Querschnitt aus Recht, Haftung, Verwaltung und Pflichten zur Vorbereitung auf ihre neue Position im Falle einer Wahl. Der Kurs habe sich gelohnt, befindet die Bürgermeisterin, mittlerweile habe sie bereits einen zweiten, diesmal für neue Gemeindeoberhäupter, absolviert. "Das ist vor allem gut für den Meinungsaustausch mit den anderen neuen Bürgermeistern, besonders mit den Frauen."
Wegen der geringen Einwohnerzahl ist der Bürgermeisterposten im Emmering eigentlich ein Ehrenamt. Eigentlich deshalb, weil die Aufgaben denen eines Hauptamtlichen durchaus gleichen. "Man hat schließlich die ganzen Abendtermine und Gratulationen am Wochenende", erklärt das Gemeindeoberhaupt. Wenn man es "gscheid" machen wolle, dann könne man nicht mehr nur von einem Halbtagsjob sprechen. Noch dazu, weil sie fast immer auf dem Handy erreichbar sei, was aber klar mit ihrer sechsköpfigen Familie abgesprochen sei. Müsse es tatsächlich auch, betont sie und erinnert sich an die Zeit des Lockdowns. Als die Schule geschlossen war, unterstützte die Tante im Haus die Familie bei der Betreuung der jüngsten Tochter. "Corona war echt heftig",
Dass die Pandemie das Leben nach wie vor noch einschränkt, ist kein Geheimnis, die Bürgermeisterin allerdings geht zum jetzigen Zeitpunkt nicht davon aus, dass deswegen viele Projekte in der Gemeinde auf der Strecke bleiben. "Wir sind nicht so sehr von der Gewerbesteuer abhängig wie andere Kommunen", erklärt sie. Wie es letztendlich am Jahresende aussieht, lasse sich aber natürlich noch nicht sagen. "Merken werden wir es sicherlich".
Es sind weniger neue Maßnahmen, die Streu-Schütze für ihre Gemeinde anstrebt - wenngleich sie die im Hinterkopf behält - als altbekannte Vorhaben, die umgesetzt gehören. Auf der Agenda der Bürgermeisterin stehen also die Erschließung zweier Wohnbaugebiete, Emmering Nord-West und Schalldorf, und die eines Gewerbegebiets, außerdem der Ausbau der Kinderbetreuung. Hierfür ist bereits ein Waldkindergarten in der Nähe des Wasserturms im Gespräch. Auch der Friedhof ist zu klein, für eine Erweiterung soll ein gemeindeeigenes Grundstück am nordwestlichen Ortsrand von Emmering hergerichtet werden.
Ob sie seit dem Amtsantritt anders wahrgenommen werde? Die neue Bürgermeisterin bejaht, das habe sogar schon im Wahlkampf begonnen. "Die Leute bleiben eher stehen und suchen das Gespräch". Aber das sei genau das, was sie wolle: "Nach außen kommunizieren". Ebenso offen gehe sie auch auf den Gemeinderat zu, wie sie sagt. Mit sieben neuen von zwölf Mitgliedern ist das aktuelle Gremium in Alter und Berufsgruppen "bunt gemischt", und gerade hier wurde ein Neustart wohl sehnlichst erwartet. Die vergangenen Jahre waren im Emmeringer Gemeinderat geprägt von Streit zwischen dem ehemaligen Bürgermeister Max Maier und den Räten.
Mit Streu-Schütze läuft es nun offenbar anders. "Bisher gab es keine Beschwerden", erklärt die Bürgermeisterin jedenfalls gut gelaunt. Ganz im Gegenteil, sie erfährt Bestätigung von Bewohnern der Gemeinde. "Du machst das schon", heiße es da, was sie sehr freue. Ihr Ziel sind übrigens zwölf Jahre.