SZ-Interview:"Ich werde wach und dann geht mir ein Licht auf"

Der Grafinger Rudolf Neuenhofer, 82, hat das Stadtmuseum nachgebaut - als Modell.

Rita Baedeker

Grafing Das Grafinger Stadtmuseum bekommt einen Zwilling: An diesem Donnerstag präsentiert dort der Förderverein von 19 Uhr an ein 60 mal 60 Zentimeter großes Modell des Gebäudeensembles samt Feuerwehrhaus. Gebaut hat es Rudolf Neuenhofer. Der 82-jährige ehemalige Ingenieur wohnt im Seniorenhaus der Stadt. Das einstige Rieperdinger-Anwesen ist sein sechstes Werk. Ist der Modellbau für Sie so etwas wie die Fortsetzung des berufsmäßigen Tüftelns? Nicht ganz. Bis kurz vor meinem 80. Geburtstag habe ich noch gearbeitet. Dann bin ich ins Grafinger Seniorenhaus gezogen. Bald aber dachte ich mir: Du kannst doch hier nicht einfach nur logieren. Fernseh-Freak bin ich auch nicht, also wandte ich mich an die örtliche Senioren-Union. Die vermittelte mich an den Kinderhort in der Wasserburger Straße. Dort spiele ich mit den Kindern. Das hat Ihnen aber nicht gereicht als Beschäftigung? Richtig! Ich wollte etwas zu tun haben. Mir war aufgefallen, dass die Grafinger Auferstehungskirche eine skurrile Form hat, also kam ich auf die Idee, davon ein Modell aus Pappe zu bauen. Ich besorgte mir Zeichnungen und Grundrisse. Das Werk kam gut an. Später baute ich ein Modell des Seniorenhauses. Es steht jetzt im Eingangsbereich. Eins kam zum anderen. Da wir dem Poinger Pflegestern angegliedert sind, wurden die Leute dort auf mich aufmerksam. Also baute ich auch das Seniorenheim Poing nach. Was fasziniert Sie am Modellbau? Irgendwo gibt es immer einen Knackpunkt, ein Problem, für das man eine Lösung finden muss. Das spornt mich an. Manchmal liege ich im Bett, werde plötzlich wach und es geht mir ein Licht auf. Nennen Sie ein Beispiel? Bäume. Bäume sind schwierig. Wenn ich Bäume bastle, besorge ich mir Kabelreste. Daraus forme ich die Stämme und Äste. Die Krone mache ich aus grün gefärbter Watte. Mit meinem Beruf hat diese Art von Kreativität nicht direkt zu tun, aber ich hatte einen Lehrmeister, damals bei der Vorortbahn in Wilhelmshaven, wo ich aufgewachsen bin. Er sagte zu mir: "Da ist ein Schrotthaufen, schau, was du daraus machen kannst." Auch heute noch überlege ich stets: Wozu könnte man dies und das verwenden? Zuletzt haben Sie zeitgleich am Grafinger Museum und am Rathaus gebaut. Wo lagen die Schwierigkeiten? Das Rathaus-Modell besteht, anders als die anderen Modelle, aus Holz. Um das Dach zu fertigen, habe ich 18 Streifen Schmirgelpapier übereinander geklebt. Das wirkt nun, als seien es Dachziegel. Das Museum hingegen ist aus Pappe gefertigt. Da die echte Fassade aus Tuffstein besteht, musste ich die Pappe entsprechend bemalen. Das Dach ist aus einem Bogen Schmirgelpapier. Und da der Platz hinter dem Museum so leer aussah, habe ich das gegenüberliegende Feuerwehrhaus mit gestaltet samt Autos aus dem Spielzeugladen. Die Materialkosten bekomme ich ja ersetzt. Haben Sie ein neues Projekt im Auge? Nein, aber bei mir stehen vier Damenschirme, bei denen die Streben gebrochen sind. Ich werde sie reparieren, muss aber aufpassen, dass ich dem Hausmeister hier nicht ins Gehege komme. Interview: Rita Baedeker

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