SZ-Forum zur Bürgermeisterwahl in Grafing:Viele offene Fragen

Die vier Bewerber stellen sich der Debatte und erklären, wie sie die Herausforderungen der nächsten sechs Jahre angehen wollen

Von Wieland Bögel

Die Frage, wer von Mai an im Rathaus die Zügel in der Hand halten soll, treibt die Grafinger offenbar um. Zumindest stieß die SZ-Podiumsdiskussion mit den vier Bewerbern ums Bürgermeisteramt am Donnerstagabend auf sehr großes Interesse. Schon Tage zuvor waren sämtliche 150 Platzkarten für die Veranstaltung im Hölzerbräu vergriffen, bei der Susanne Linhart (CSU), Angelika Obermayr (Grüne), Gabriela Wischeropp (FW) und Heinz Fröhlich (Bündnis für Grafing) darlegen sollten, warum sie die jeweils beste Wahl für Grafing wären. Und die vier Kandidaten nahmen die Gelegenheit wahr - fast zweieinhalb Stunden lang erläuterten sie ihre Agenda und stellten sich den Fragen des Publikums, sowie von Moderator Thorsten Rienth.

Haushalt

Dass es mit den Finanzen nicht zum Besten steht, bezweifelte keiner der Kandidaten. Derzeit steht Grafing mit fünf Millionen Euro in der Kreide, bis 2017 könnten es bis zu 20 Millionen sein. Derzeit komme man noch ohne neue Schulden aus, konstatierte Linhart, aber für künftige Aufgaben, "reicht das Geld bei weitem nicht". Bürgermeister und Stadtrat stünden darum vor der Aufgabe, zu entscheiden, "was kann man streichen". Noch deutlicher wurde Obermayr: "Es geht rapide bergab, ab 2015 ist unser Haushalt nicht mehr genehmigungsfähig." Gleichzeitig gelte es, einen "enormen Investitionsstau" zu beseitigen, etwa die Sanierung wegen Schimmels in unbenutzbaren städtischen Wohnungen. Wie Linhart erwartet Obermayr deshalb Kürzungen: "Es muss ganz viel raus aus dem Haushalt". Zu entscheiden, was verzichtbar ist, möchte Wischeropp am liebsten den Grafingern überlassen. Sie plädierte für einen "Bürgerhaushalt", bevor der Stadtrat über das Budget entscheide, solle man die Bürger befragen. Außerdem müsse man mehr Gewerbe ansiedeln. Fröhlich plädierte darüber hinaus dafür, "Menschen nach Grafing zu ziehen, die uns Einkommensteuerzuwächse bescheren."

Einheimischenbauland

Solvente Einkommensteuerzahler könnten bald in der Wolfsschlucht wohnen. Im dortigen Einheimischenbauland gibt es Häuser für 700 000 Euro und mehr zu kaufen, was in der Stadt für viel Empörung gesorgt hat. "Wir haben Fehler gemacht, wir haben nicht damit gerechnet, dass er unsozialerweise das Maximum herausholen will", verteidigte die CSU-Kandidatin Linhart das Stadtratsvotum ihrer Partei für die Vergabe an einen Bauträger.

Eine Bemerkung, die das Publikum mit Gelächter quittierte. Trotzdem sei es richtig gewesen, das sogenannte Vergabe-Modell zu wählen, bei dem nur die Hälfte der Grundstücke verbilligt an Einheimische vergeben werden. Die alte Regel, wonach zwei Drittel vergünstigt abgegeben werden müssten, sei "fast kommunistisch" gewesen, kein Grundbesitzer habe verkaufen wollen.

Dass die hohen Preise in der Wolfsschlucht eine große Überraschung seien, bezweifelte Grünen-Bewerberin Obermayr. "Wenn das aktuelle Modell gilt, ist doch klar, dass keiner verkauft, wenn es sich nicht für ihn rentiert". Grüne und SPD hätten darum frühzeitig vor einer Vergabe an einen Bauträger gewarnt. Obermayr forderte die Rückkehr zum klassischen Einheimischenmodell: "Die Stadt kauft einen Acker und verkauft ihn günstig als Bauland an Einheimische." Fröhlich Heinz plädierte für einen Mittelweg. Es sei richtig gewesen, den Anteil der verbilligten Grundstücke auf 50 Prozent zu senken, das Bauträgermodell sei hingegen ein Fehler. Man solle den Einheimischen die Parzellen verkaufen, und "nicht diktieren, welche Häuser sie kaufen sollen."

Für Wischeropp ist indes auch dies kein Problem. "Die Preise sind hier einfach so, und die Häuser werden gut verkauft." Natürlich müsse man auch jene im Blick haben, die sich dies nicht leisten könnten, aber es gebe eben auch Einheimische, die besser verdienten.

VHS/Musikschule

Auf Grafinger, die etwas Geld übrig haben, setzt man auch beim geplanten Neubau des Gebäudes an der Rotter Straße. Die Genossenschaft Kulturraum will Geld einsammeln, um das rund 4,8 Millionen Euro teure Projekt zu unterstützen. Dass auch vom neuen Stadtoberhaupt Unterstützung kommen wird, sicherten alle Kandidaten zu. "Ich verspreche hier und heute, dass es erste Priorität hat", sagte Fröhlich. Schließlich habe die Stadt bereits viel Geld in die Planung investiert, "das soll sich auch auszahlen." Linhardt verwies etwas vorsichtiger darauf, dass der Neubau die Stadt 30 Jahre lang mit jährlich 300 000 belasten werde. "Es muss geprüft werden, ob es finanziell leistbar ist, wenn nicht, müssen wir uns etwas anderes überlegen." Angesichts der hohen Ausgaben, vor denen Grafing in den nächsten Jahren stehe, "sind die 300 000 eh schon wurscht", befand Obermayr. Es sei ihr "ein wichtiges Anliegen, hier eine Lösung zu finden", erklärte Wischeropp. Dies werde aber auch mit Genossenschaftsmodell nicht einfach. "Ich warne davor zu sagen, jetzt haben wir ein Konzept, jetzt ist alles gut."

Marktplatz

Ein Konzept sucht man auch für den vom Verkehr geplagten Marktplatz schon seit langem. Das ist eine "diffizile und filigrane Angelegenheit", sagte Susanne Linhart. "Die einen wollen flanieren, die anderen haben Angst vor zu viel Verkehrsberuhigung vor ihren Geschäften". Sie schlug vor, ein Bürgerforum einzurichten, um einen Konsens zu finden. "Es gibt keine schnellen Lösungen", aber zumindest sei durch die geplante Ostumfahrung eine Abnahme des Durchgangsverkehrs zu erwarten.

Dem pflichtete Wischeropp bei, "ohne Umfahrung ist uns jede Möglichkeit zur Gestaltung auf dem Marktplatz genommen." Wie dieser aussehen soll, will sie besonders mit den Einzelhändlern in der Stadtmitte erarbeiten. Deren Interessen seien zwar wichtig, so Fröhlich, aber genauso wichtig sei "ein Miteinander von Radlern, Fußgängern und Autofahrern - im Moment hat man da echt Schiss, dass man überfahren wird." Die Entlastung durch die Umgehung allein werde daran nicht viel ändern, erklärte Fröhlich. Dem stimmte auch Obermayr zu. Für einen verkehrsberuhigten Marktplatz, müsste man schon "einen Autobahnring um Grafing bauen." Deshalb solle man kleine Maßnahmen umsetzen, etwa einen Zebrastreifen vor der Bäckerei.

Einen Kommentar zur Veranstaltung, Stimmen aus dem Publikum und eine Auflistung der besten Sprüche finden Sie in unserer Print-Ausgabe am Samstag, 22. Februar.

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