SZ-Adventskalender:Stachel im Fleisch

Wellbappn

Ganze 27 PS bringt so eine Ente auf die Straße - wenn sie denn fährt. Dabei heißt sie doch "Schneller", die zweite CD, die Hans Well mit seinen Kindern, den Wellbappn, aufgenommen hat.

(Foto: Martin Bolle, oh)

Hans Well und die Wellbappn nehmen mit ihrer Volksmusik die Obrigkeit aufs Korn. Am 1. Dezember treten sie im Alten Speicher zugunsten des SZ-Adventskalenders auf. Es gibt bereits erste Anzeichen, dass auch die Ebersberger ihr Fett weg bekommen.

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

Was ein Idiot ist, weiß ein jeder. Nicht aber, dass der "Idiotes" im Altgriechischen nichts anderes als eine Privatperson meinte, jemanden, der weder ein öffentliches Amt hatte, noch sich am politischen Leben beteiligte. Als Idiotes bezeichnet zu werden, war damals also keine Schande.

Wenn allerdings Hans Well, seit Mitte der 70er Jahre bekannt als einer der drei von der Biermösl-Blosn, den Ausdruck im Munde führt - mit Verweis auf seine altgriechische Schulbildung -, dann lohnt es sich, genauer hinzuhören. Auf die feine Kunst der ironischen Doppelbedeutung hat sich der älteste Bruder des 2012 aufgelösten Trios seit jeher verstanden. Und in seinen drei Kindern hat er die kongenialen musikalischen Partner gefunden, sein - zumal aus Sicht der Obrigkeit - manchmal ketzerisches Gedankengut weiterhin unter die Leute zu bringen.

Die Texte hätten sich zwar ein bisserl verändert, erzählt er, und manches von dem, was Tabea, Sarah und der jüngste Well-Spross Jonas heute so singen auf der Bühne, hätte zu ihm und seinen Brüdern nicht mehr so recht gepasst. Doch das, was zwischen den Zeilen zu hören ist, ist immer noch das Gleiche: Wenn die da oben meinen, ihnen allein gehört die Welt, dann müssen die da unten aufstehen und zeigen, dass das mit ihnen nicht so einfach zu machen ist.

Am 1. Dezember, wenn die Wellbappn auf Einladung des SZ-Adventskalenders in den Alten Speicher kommen, kann sich das Ebersberger Publikum nun selbst eine Meinung dazu bilden. Das eine oder andere ältere Semester wird vielleicht auch den Unterschieden nachhorchen zwischen dem Brüder-Trio, das noch gegen Wackersdorf singen und sich mit Franz-Josef-Strauß auseinander setzen musste, und den musikalischen Well-Kindern, die den Onkeln und dem Vater in Sachen Engagement und politischem Bewusstsein in nichts nachstehen.

Der Erlös geht fast komplett als Spende durch

So geht der Erlös der Veranstaltung fast komplett als Spende an den SZ-Adventskalender. Seine Kinder hätten als Begleiter seiner Reisen, nach Südafrika etwa, oder auch in Kalkutta, wo die Großeltern mütterlicherseits leben, genug erlebt, um zu erkennen "wie gut man es selber hat und wie wichtig es ist, anderen zu helfen", sagt Vater Well.

In einem Township in Kapstadt, wo die Biermösl-Blosn einmal einen Auftritt gehabt habe, hätten die jungen Musiker eines Jugendorchesters auf Holzbrettern üben müssen, weil nicht genug Geigen für alle da waren. 200 Instrumente konnten die Wells anschließend durch den Erlös eines Benefizkonzerts finanzieren und nach Südafrika schicken.

Ehrensache sei so etwas auch für seine Kinder, sagt Well, genauso wie gegen die AfD auf die Bühne zu gehen oder auf einer Protestkundgebung gegen TTIP zu spielen, ganz in der Wellschen Tradition. Liegt auf der Hand, dass Hans Well an dieser Stelle die Sache mit den Idiotes ins Spiel bringt. Sohn Jonas, eben erst von einer Weltreise nach dem Abitur zurück gekehrt, hat sich folgerichtig entschlossen, Politik zu studieren. Sarah widmet sich Interkultureller Kommunikation. Tabea hat sich ganz der Musik verschrieben. Sie studiert an der Musikhochschule mit Schwerpunkt Geige - die sie dann auch auf der Bühne bearbeitet.

Etwas Neues ist die Musik also schon, die die Wellbappn auch auf zwei CDs gebannt haben. Schneller vielleicht, wie der Titel der zweiten CD verspricht, streicherlastiger aber auf jeden Fall durch die Kinder, sagt Hans Well. Sarah spielt Bratsche, Jonas Kontrabass.

Das Alphorn darf nicht fehlen

Wenn auch nach wie vor die klassischen Volksmusikinstrumente nicht fehlen dürfen. Für die musikalischen Familienmitglieder kein Problem: Sie greifen mal eben zur Trompete, dem Akkordeon, zu Mandoline, Alphorn oder Ukulele. Die 23-Jährige Tabea kümmert sich vor allem um die musikalischen Arrangements - und alle drei Kinder zusammen darum, die Texte des Vater zu kritisieren, wie der mit einem weinenden und einem lachenden Auge erzählt.

Und das obwohl man sich ja grundsätzlich einig ist im kritischen Blick auf das, was schief läuft in der Welt, in Bayern, beim Klimaschutz oder bei VW. Da müsse man gar nicht unbedingt tagesaktuell sein, sagt Well mit Blick auf den Wahlsieg eines Donald Trump. Einfache Antworten auf komplizierte Fragen habe es auch früher schon gegeben, "und Populismus ist uns in Bayern ja nicht unbekannt."

Und so finde sich vielleicht ja auch in Ebersberg genug absurder Stoff für einen munteren Vierzeiler zum Auftakt des Auftritts in Ebersberg, "ich hab da meine informellen Mitarbeiter", witzelt Well, "die mir so was zutragen." Ein ganz besonderes Verhältnis habe er sogar zum Landkreis Ebersberg: Hat er doch seine Frau bei einem Konzert in Grafing kennen gelernt. Grund genug zur Vorfreude auf ein besonderes Konzert.

Karten gibt es an der Vorverkaufsstelle im Foyer des Alten Speichers in Ebersberg, im Onlineshop oder telefonisch unter (08092) 2559205.

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