SZ-Adventskalender:Leere Taschen am Ende des Lebens

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Die Altersarmut auch im Landkreis Ebersberg wird größer. Sozialamt und VdK sprechen von steigenden Zahlen und wünschen sich, wenigstens in manchen Fällen helfen zu können.

Von Alexandra Leuthner, Ebersberg

Es hat sich nichts zum Guten geändert, seitdem im Vorjahr im SZ-Adventskalender über Altersarmut berichtet wurde. Wer mit einer kleinen Rente auskommen muss im immer teurer werdenden Großraum München, hat es schwer, sich über Wasser zu halten, wenn er nicht eine Lebensversicherung ausbezahlt bekommt oder in den eigenen vier Wänden lebt. Aber wer im Arbeitsleben nicht so verdient hat, dass er genug in die Rentenkasse einzahlen konnte, wo hätte der die Beiträge für eine private Altersversorgung oder Raten für ein Eigenheim hernehmen sollen?

Nicht nur beim Ebersberger Sozialamt, auch in der VdK-Geschäftsstelle wird die Liste der Hilfesuchenden immer länger, "das geht schon seit vier, fünf Jahren so", sagt Geschäftsstellenleiterin Irmi Eham. 250 Menschen hatten im Vorjahr Grundsicherung im Alter beim Sozialamt beantragt, heuer sind es 283, "und die Fallzahlen steigen ständig", sagt Fachgebietsleiterin Marion Wolinski.

Wer weniger als den gesetzlichen Hartz-VI-Betrag von 391 Euro an Rente bekommt, hat einen Anspruch auf Grundsicherung. Das heißt aber nicht, dass der volle Betrag zur Rente dazu käme, sondern nur, dass diese bis zu jener Grenze aufgestockt wird. "Ansparen kann man davon nichts", sagt Eva Wenzel vom Sozialamt. Wenn plötzlich eine größere Ausgabe auftaucht, die Waschmaschine den Geist aufgibt oder auch nur der Staubsauger kaputt ist, dann ist es nicht drin im Budget, sich ein neues Gerät zu bestellen. Ein paar 100 Euro haben solche Menschen nicht auf dem Konto liegen.

Die gesetzliche Möglichkeit der einmaligen Beihilfen gibt es nicht mehr, sie wurden im Zuge der Hartz-IV-Gesetzgebung abgeschafft. Wenn die Krankenkasse das über Jahre bewährte Medikament gegen die chronischen Schmerzen in den arthritischen Gelenken auf einmal nicht mehr übernehmen will, dann heißt es, die Schmerzen von nun an auszuhalten. Oder auf ein anderes, billigeres Arzneimittel umzusteigen, das unter Umständen aber nicht hilft. Selbst Patienten, die in Pflegeheimen untergebracht sind und für die die Pflegekasse einen Teil der Kosten übernimmt, sind von solchen Sorgen nicht verschont.

Wer auf Hartz IV angewiesen ist, der bekommt vom Bezirk als Taschengeld im Schnitt 105 Euro im Monat, erklärt Sebastian Rokita, Leiter des GSD-Seniorenwohnparks Vaterstetten. Ein, zwei Rezepte über den mit der Pflegekasse verhandelten Betrag hinaus, "und das Geld geht schon zur Neige".

Medikamente, Zahnersatz, eine neue Brille bedeuten für Sozialhilfebedürftige eine existenzielle Herausforderung. "Für Brillen zahlen die Krankenkassen ja seit Jahren schon nichts mehr", sagt Wolinski, die selbst eine starke Brille trägt, und fügt hinzu: "Ich würde ohne meine Brille nicht auf die Straße gehen." Wer aber zum Leben im Monat kaum ein- oder zweihundert Euro zur Verfügung hat, dem bleibt da keine Wahl. Er muss mit einer verschwommenen Welt klar kommen und eben schauen, wie er heil über eine viel befahrene Straße kommt.

Wenn das Sozialamt in solchen Fällen auf außergesetzliche Hilfeleistungen zurück greifen könne, wie die Spenden des SZ-Adventskalenders, dann könne man diese Menschen zumindest punktuell unterstützen, erklären Wolinski und Wenzel vom Sozialamt. Meistens gehe es nicht um ganz große Beträge, mit 50 oder 100 Euro sei vielen oft schon geholfen. Manchmal sitze jemand beim Sozialdienst im Landratsamt und sage: "Ich kann mir die Fahrkarte nicht leisten, um zu einer Beerdigung zu fahren."

Auch der VdK versucht immer wieder, in kleinen Notfällen zu helfen. "Ein paar neue Schuhe, Stützstrümpfe oder einfach mal jemanden in Familien schicken, der ihnen bei der Pflege ein bisschen unterstützt." Möglichkeiten zu helfen gibt es genug.

© SZ vom 20.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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