Suchthilfe :Ebersberg bekommt Fachstelle für suchtkranke Jugendliche

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Etwa 20 Prozent der Beratungsfälle bei der Ebersberger Caritas sind bereits jetzt Jugendliche.

(Foto: dpa)

Das Caritaszentrum Ebersberg hat sich mit einem entsprechenden Antrag an den Kreistag gewendet, weil es inzwischen an seine Kapazitätsgrenzen stößt

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Wer an den Begriff Sucht denkt, dem kommen sofort Rauschmittel wie Alkohol, Zigaretten und illegale Drogen in den Sinn. Aber Abhängigkeit hat viele Gesichter, auch Glücks- und Computerspiele oder die exzessive Nutzung des Internets können dazugehören. Eines aber haben all diese Konsumverhalten gemeinsam: Sie können extrem gefährlich werden - besonders für Jugendliche, die ihr Handeln nicht immer so sehr hinterfragen, wie es manch Erwachsener tun würde. Um eben diesen Heranwachsenden dabei zu helfen, ihr Leben frühzeitig wieder in den Griff zu bekommen, wird im Landkreis Ebersberg nun eine Fachstelle für Jugendsuchtberatung eingerichtet.

Mit einem entsprechenden Antrag ist das Caritaszentrum Ebersberg an den Kreistag herangetreten - und der Wunsch kommt nicht von ungefähr. Eigentlich ist die Fachstelle für Suchtberatung mit ihrem Hauptsitz in Grafing und der Außenstelle in Markt Schwaben nur für die Betreuung von Erwachsenen ausgelegt. Denn der Bezirk Oberbayern übernimmt die Finanzierung von Beratungsangeboten für Suchtkranke erst ab dem 18. Lebensjahr. Seit Jahren aber suchen auch immer wieder Jugendliche Hilfe in der Fachstelle. "Die Mitarbeiter sind an ihre Kapazitätsgrenzen gekommen", sagt deshalb Bernhard Wacht von der Ebersberger Jugendgerichtshilfe, der den Antrag gemeinsam mit Caritas-Fachdienstleiterin Gabriele Althammer-Radan im Jugendhilfeausschuss des Kreistags vorstellte.

Bei jungen Menschen müsse man erst eine Vertrauensbasis aufbauen

Genaue Daten über die Anzahl der suchterkrankten Jugendlichen lägen den beiden zufolge für den Landkreis zwar nicht vor, der Anteil von Heranwachsenden an den Beratungsgesprächen liege aber etwa bei 20 Prozent. Dieser Wert ist allerdings etwas trügerisch, denn wie Althammer-Radan erklärte, sei die Arbeit bei dieser Zielgruppe deutlich aufwendiger als bei Erwachsenen. "Man muss erst eine Vertrauensbasis aufbauen und schauen, was man verändern kann." Während bei älteren Abhängigen so schnell wie möglich die Überführung in eine Therapie angestrebt werde, wolle man die jüngeren in einen Reflexionsprozess führen, bei dem sie erkennen sollen, welche Folgen ihr Verhalten hat.

All das braucht Althammer-Radan zufolge viel Zeit. Zeit, die die Suchtberatungsstelle aktuell nicht zur Verfügung hat. "Bei uns ist eine fachliche Unzufriedenheit entstanden. Wir sind personell nicht so ausgestattet, um die Zielgruppe so zu versorgen, wie sie es bräuchte", so die Fachdienstleiterin. Abhilfe soll deshalb eine extra Stelle schaffen, die sich nur um die Belange der Heranwachsenden kümmert. Vorgesehen sind dafür zunächst 30 Wochenstunden. Außerdem wird das Projekt auf zwei Jahre befristet, danach sollen Wirksamkeit und Effizienz der Beratung überprüft, und die Maßnahme gegebenenfalls fortgeführt werden.

Zweifel gibt es an der Eigenmotivation der Jugendlichen

Der Antrag der Caritas traf bei den meisten Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses auf Zustimmung. Lediglich Ernst Weinzierl, Geschäftsführer der Brücke Ebersberg, hatte so seine Zweifel. "Ich halte es für relativ unwahrscheinlich, dass ein 16-Jähriger bei euch anruft und sagt, ich brauch' Beratung." Und tatsächlich: Wie Althammer-Radan sagte, kämen die meisten der Jugendlichen nicht von sich aus, sondern durch Fremdmotivation - sprich, weil sie vom Gericht oder ihren Eltern dazu verdonnert wurden. Weinzierl wäre es deshalb lieber, die Beratungsstelle irgendwo dort anzusiedeln, wo ohnehin schon Jugendliche sind. Er schlug etwa die Jugendzentren vor.

Da der Brücke-Chef mit seiner Meinung aber recht alleine dastand, beschloss das Gremium schließlich mehrheitlich die Einrichtung der neuen Fachstelle. Der Jugendhilfeausschuss stellt dafür jährlich knapp 70 000 Euro zur Verfügung. Nach Ablauf der zweijährigen Testphase soll dann über eine mögliche Fortführung der Beratung entschieden werden.

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