Strikte Vorgaben:Wenn das Bierzelt plötzlich eine Tür haben muss

Dirndlschaft  Vaterstetten

Die Vaterstettener Dirndlschaft beteiligt sich gerne am Vereinsleben.

(Foto: privat)
  • Für die Vaterstettener Dirndlschaft wird es immer schwieriger, Feste zu veranstalten.
  • Grund dafür sind die teils unübersichtlichen Auflagen, die erfüllt werden müssen.
  • Doch auch Unterstützung der Gemeinde vermissen die Dirndl bisweilen.

Von Theresa Parstorfer, Vaterstetten

Eine Tür hatte das Zelt nicht, als die Dirndlschaft Vaterstetten Anfang März das mittlerweile traditionelle Starkbierfest veranstaltete. Noch nie hatte das Zelt eine Tür gehabt, noch nie hatte es eine gebraucht. Zugegeben - es stand auch auf einem anderen Platz, aber ein Zelt habe schließlich eine Öffnung und die sei ohnehin immer offen. Viel größer als eine Tür sei sie obendrein, sagt Christina Jacob aus dem Vorstand der Dirndlschaft. Doch auf einmal wollte das Vaterstettener Bauamt eine Tür. Um den Fluchtweg ging es dabei. Für die Dirndlschaft hieß das allerdings, dass ihre wichtigste Einnahmequelle beinahe ausfallen musste. "Zwei Wochen vor der Veranstaltung, nachdem eigentlich schon alles genehmigt gewesen war", sagt Jacob.

Seit zehn Jahren, seit der Gründung des Vereins, ist Christina Jacob aktiv in der Dirndlschaft, gewissermaßen ein Dirndl der ersten Generation. In der zweiten Generation kam auch Isi dazu. Sie will ihren Nachnamen nicht in der Zeitung lesen, aber die beiden können so einige Geschichten darüber erzählen, wie es ist, Feste zu organisieren. Mittlerweile leider auch viele Geschichten darüber, wie schwierig es ist, genau das zu tun. Beim Starkbierfest hätten sie da noch Glück gehabt. Der Zeltbauer konnte die Verantwortlichen im Bauamt überzeugen, dass sowohl Brandschutz als auch Fluchtwege sogar ohne Tür, nur mit der Öffnung, gewährleistet sein würden.

Pech hingegen hatten ihre Kollegen vom Jungburschenverein vor zwei Jahren. Sie mussten ihr größtes, alljährlich veranstaltetes Weinfest kurzfristig absagen, weil auf einmal der Blitzableiter an der Halle fehlte. "Jahrelang durften wir in der Halle feiern", sagt Korbinian Fleck, erster Vorstandsvorsitzender der Jungburschen in Vaterstetten. Da hätten sie sich schon gewundert. Warum das erst so kurz vor dem Fest auffiel. Noch mehr hätten sie sich allerdings gewundert, als ein paar Wochen später der Woll- und Töpfermarkt in eben dieser Halle stattfand. Ohne Blitzableiter. "Das ist ein recht angesehener Markt, und dafür gab es dann wohl eine Sondergenehmigung", sagt Fleck.

Warum die Gemeinde nicht entgegenkommender auf die Burschen und Dirndl reagiert, das verstehen beide Vereine nicht. Es geht ihnen nicht um Hetze, das betonen sowohl Jacob und Isi als auch Fleck. Sicherheit ist auch ihnen wichtig. Außerdem "ist unser Bürgermeister immer einer der ersten, der einen ganzen Tisch auf dem Starkbierfest reserviert", sagt Isi, sich immer erkundige, wie alles gelaufen sei. Schlecht über ihn oder seine Verwaltung reden, wollen sie also nicht

Eine Forderung: Die Vereinfachung der Brandschutzverordnung

Dass die Auflagen für die Organisation von Festen, von Werbung über Jugendschutz bis hin zur Bestuhlung des Zeltes, in den vergangenen Jahren immer unübersichtlicher geworden sind, gibt auch Bürgermeister Georg Reitsberger (FW) zu. Ebenso, dass seine Verwaltung sehr "gewissenhaft" in deren Überprüfung sei. Nur indirekt habe man im Rathaus auf die Regulierungen selbst Einfluss. Denn das Ordnungsamt, das sich um die Einhaltung kümmert, erfüllt dabei allgemeine Gesetze. Bei der Verordnung zur Verhinderung von Bränden (VVB) sind das bayernweite Vorgaben. Für Änderungen ist das bayerische Innenministerium verantwortlich, erklärt Claudia Schwanitz vom Ordnungsamt in Vaterstetten.

Strikte Vorgaben: Die Chef-Dirndl Isi (links) und Chrissi beklagen aber immer höhere Auflagen.

Die Chef-Dirndl Isi (links) und Chrissi beklagen aber immer höhere Auflagen.

(Foto: Christian Endt)

Genau deshalb werben die Vaterstettener Dirndl auf ihrer Facebook-Seite für eine Online-Petition, die sich für die Vereinfachung der allgemeinen Brandschutzverordnung einsetzt. Etwas mehr als 1800 Unterschriften (Stand Freitagmittag) wurden bereits geleistet, 2000 sind nötig, damit sich der Landtag mit der Petition befasst. Schützenvereinsmitglieder, Feuerwehrler, gar Bürgermeister haben dort ihre Meinung veröffentlicht. Denn, wie ein sehr schlichter Post sagt: "Gemeinden brauchen Vereine."

Dieses Bewusstsein vermissen die Vaterstettener Dirndl jedoch bei ihrer Gemeinde bisweilen. Als Beispiel erzählen Isi und Christina Jacob vom Christindlmarkt: "Da werden wir dieses Jahr wahrscheinlich gar nicht mehr mitmachen", sagt Jacob. Denn im vergangenen Jahr hatten sie einen Suppenstand angemeldet. Standgebühr, Einkauf, Zubereitung, all das musste der Verein natürlich erst einmal selber stemmen. Nur um dann am ersten Advent feststellen zu müssen, dass genau gegenüber ein weiterer Stand Suppen verkaufte. "Da haben wir dann sogar draufgezahlt", sagt Jacob. "Die Chance hatten wir diesmal gar nicht mehr", sagt sie.

"Weil es sonst ja auch kaum mehr etwas gibt in der Gemeinde"

Was fehle, sei klare Kommunikation mit den Verantwortlichen und auch ein wenig die Wertschätzung dafür, was die Dirndlschaft und die beiden Burschenvereine ehrenamtlich für die Gemeinde Vaterstetten tun. "Natürlich geht es nicht primär um Lob aus dem Rathaus", sagt Isi. Es gehe darum, ein Angebot für junge Leute zu schaffen, "weil es sonst ja auch kaum mehr etwas gibt in der Gemeinde". Sie machen das, weil es Spaß macht, weil sie selbst einmal davon profitiert haben und die Dirndlschaft ihr "Baby" ist. Aber sie haben auch den Eindruck, dass es Gemeinden gibt, in denen Vereine sehr viel mehr Unterstützung erfahren und deshalb seltener mit organisatorischen Problemen ringen müssen.

Zorneding ist so eine Gemeinde. Maximilian Kardinal ist dort im Vorstand des Burschenvereins, und in seiner Erfahrung war das Rathaus immer "sehr kulant". Natürlich müssen sich auch die Zornedinger Burschen an die Brandschutzverordnungen und Auflagen des Bauamtes halten, aber da ihr Festzelt nicht so groß ist, sei das kein Problem. "Bis auf unser Jubiläum vor drei Jahren", sagt Kardinal, "da hatten wir ein Zelt für 1800 Leute, und das war schon aufwendig. Da musste ein Zeltmeister kommen und dann auch noch jemand vom Bauamt, um das abzunehmen." Aber auch das habe die Gemeinde damals sehr unkompliziert geregelt.

Auch die Anerkennung, die den Vaterstettenerinnen fehlt, scheint es in Zorneding zu geben. "Wir versuchen, viel für alle Altersgruppen der Gemeinde zu tun", sagt Kardinal. Nicht nur "Sauffeste" für Jugendliche zu veranstalten, meint er damit. Dieses Engagement werde von den Leuten selbst und auch im Rathaus dankend angenommen. Das Steckerlfischessen an Maria Himmelfahrt etwa, das sei mittlerweile ein Fest für die ganze Familie. "Dieses Jahr wollen wir da auch eine Hüpfburg aufstellen und Kinderbetreuung anbieten", sagt Kardinal. Auch die Vaterstettener Bürger kommen zahlreich und gerne zu den Veranstaltungen der Burschen und Dirndl, 700 waren es etwa auf dem Starkbierfest - und alle haben wieder gut aus dem Zelt herausgefunden. Ganz ohne Tür.

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