Streit vor dem Landgericht:Kasse will Geld von Kreisklinik zurück

Wegen der Folgekosten eines angeblichen Behandlungsfehlers bei einer Narbenbruch-Operation muss sich Krankenhaus verantworten

Thorsten Rienth

Ebersberg- Knapp 73 000 Euro Behandlungskosten fordert die Krankenkasse BMW BKK von der Ebersberger Kreisklinik zurück - wegen angeblicher Behandlungsfehler der Ärzte. Ein Vergleich beider Parteien ist am Dienstag vor dem Münchner Landgericht gescheitert. Nun muss ein Gutachter klären, ob die Klinik im Anschluss an eine Narbenbruch-Operation nicht mit der gebotenen Sorgfalt vorgegangen war und deshalb Folgeoperationen notwendig geworden waren. Noch ist es nur ein Rechtsstreit zwischen Kasse und Klinik. Bekommt die Kasse am Ende aber Recht, könnte eine Schadensersatzklage des Patienten folgen.

Nach etwa zehn Prozent aller Bauchoperationen komme es früher oder später zum Narbenbruch, ist auf verschiedenen Internetseiten von Ärzten und Krankenhäusern übereinstimmend nachzulesen. Dabei entstehen im Bereich von Operationsnarben Schwachstellen in der Bauchwand, durch die sich dann Bauchfell oder Verdauungsorgane drücken können. Zu einer solchen Schwachstelle war es vor etwa drei Jahren bei einem inzwischen 64-jährigen Ebersberger gekommen. Der Bruch wurde zwar erfolgreich verschlossen. Doch später kam es offenbar zu Komplikationen am Darm. Einen Schaden habe er bei dieser Operation jedoch "nicht wahrnehmen können", erklärte der operierende Kreisklinik-Chirurg dem Landgericht.

Weder der Richter noch die Rechtsanwältin der Krankenkasse werteten dies zwangsläufig als Fahrlässigkeit, wie sie in der Sitzung deutlich machten. Bei der Verhandlung geht deshalb vor allem um zwei andere Fragen.

Zum einen darum, ob die Klinik den Patienten nach der Operation nicht deutlich zu früh entlassen und damit die Chance verspielt hat, zeitnah auf etwaige Komplikationen reagieren zu können. Drei bis vier Tage nach einer solchen Operation sei für eine Entlassung zu früh, mutmaßt die Krankenkasse. Die Kreisklinik sieht das anders. Weil keine Komplikationen feststellbar gewesen seien, "war es medizinisch nicht geboten, den Patienten länger in der Klinik zu behalten", erklärte der auf Medizinrecht spezialisierte Rechtsanwalt der Kreisklinik, Christian Koller.

Kaum war der Patient allerdings wieder zu Hause, begannen die Schmerzen. Wie sich später herausstellte, durch eine Leckage im Darm. Mit dem Notarzt wurde der Ebersberger umgehend wieder in die Kreisklinik gefahren. Dort hätten die Ärzte vor der nächsten Operation dann erst das Laborergebnis einer Blutuntersuchung abgewartet, so der zweite Vorwurf der Krankenkasse. Die dadurch verlorene Zeit hätte Entzündungen begünstigt, die knapp zehn Folgeoperationen nötig gemacht hätten. Daher kommt auch die hohe Klagesumme.

Die Folgeoperationen seien unangenehm und bedauerlich, erklärte der Kreisklinik-Chirurg. Bei Bauchfellentzündungen seien sie aber leider oftmals nicht vermeidbar. "Da bildet sich Flüssigkeit, die immer wieder ausgewaschen werden muss, das ist mit ein- oder zweimal nicht getan."

Auf den Vorschlag des Gerichts, doch einen Vergleich über die Übernahme der Behandlungskosten zu suchen, gingen die beiden Parteien nicht ein. Eine Entscheidung konnte das Gericht daher nicht treffen. Nun will es darüber beraten, ob der Patient als Zeuge geladen wird. Vorgeschlagen hatte das die Rechtsanwältin der Krankenkasse. Sie zielt damit auf einen ganz grundsätzlichen Zusammenhang ab: Hat der Patient bei seiner erneuten Einlieferung über "heftigste Schmerzen geklagt", hätte nach Ansicht der Krankenkasse ohne Umwege sofort operiert werden müssen.

Egal wie das Gericht über die Zeugenladung entscheidet: Eine nächste Verhandlung wird es in jedem Fall geben. Dort soll ein Gutachter klären, ob sich der Kreisklinik tatsächlich ein Behandlungsfehler nachweisen lässt.

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