Eine rührige Großmutter würde wohl seufzen: "Es hat einfach nicht sollen sein!" Doch rührige Großmütter sind in politischen Debatten selten. Das CSU-Mauerdenkmal im Grafinger Stadtpark war jedenfalls in den vergangenen Monaten auf eher wenig Gegenliebe gestoßen. Am Dienstagabend steht die Mauer auf der Grafinger Stadtrats-Tagesordnung - womöglich zum letzten Mal.
Dass der Initiator und CSU-Kreisvorsitzende Thomas Huber die Sache nicht böse gemeint hat, steht selbst bei den ärgsten Kritikern außer Zweifel. Wohl aber, dass die Aktion nicht sonderlich überlegt war, wie unlängst etwa der Grafinger Herbert Hof befand. "Wenn man am 3. Oktober dem Mauerfall gedenkt, dann kann man doch nicht für das Denkmal eine neue Mauer bauen." Zumal es nicht nur beim Mauerbau geblieben war. Ein regelrechter Wettbewerb war in den vergangenen Monaten darüber entstanden, wer die Mauer wohl am besten "verschönern" könnte. Hierzu hatte Huber bekanntlich die Grafinger Jugendlichen explizit aufgerufen - und die ließen sich nicht lange bitten. Dutzende Male übermalt, bekritzelt und beschmiert steht nun in prominenter Stadtparklage eine mittlerweile auch optisch umstrittene Mauerstele.
"Der Beton ist bunt, aber sollen bunte Mauern besser sein?", sang der Musiker Dan Schmidt - natürlich auf der Mauer sitzend. Auch die goldfarbene Plakette mit den Namen der Denkmalstifter - die CSU-Abgeordneten in Brüssel, Berlin und München, Angelika Niebler, Andreas Lenz, Thomas Huber sowie Grafings CSU-Bürgermeister Christian Bauer - ist längst heruntergerissen.
Im Stadtrat schaukelte sich die Angelegenheit derweil zum ersten handfesten Streit der neuen Wahlperiode hoch. Obwohl 13 Stadträte form- und fristgerecht den Abriss der Mauer beantragt hatten, ließ Bürgermeister Bauer darüber keine Debatte zu. Nach Ansicht von Walter Schmidtke (Bayernpartei) und Keno Maierhofer (Grüne) ein Verstoß gegen die Geschäftsordnung - weswegen die Angelegenheit nun bei der Rechtsaufsicht im Landratsamt liegt.
Dann allerdings kam von anderer Seite Schwung in die Sache. Zuerst votierte der informelle Arbeitskreis, den Bauer erst noch tagen lassen wollte, ebenfalls mehrheitlich für den Abriss der Stele. Ja-Stimmen dafür, dass die Mauer stehen bleiben möge: null. Wenige Tage später schloss sich der Forderung auch Bundestagsabgeordneter Lenz an. "Um des lieben Friedens willen", wie er sagte. Dass der Streit nicht auf ewig so weitergehen könne, sei offensichtlich. "Es gibt doch wirklich wichtigere Dinge."
Wie der Stadtrat die Sache bewertet, zeigt sich bei dessen Sitzung am Dienstag. Ein letzte Machtdemonstration ließ sich Bauer im Vorfeld übrigens nicht nehmen. Der Abriss-Antrag der 13 Stadträte steht auch diesmal nicht auf der Tagesordnung, stattdessen nur: "Gestaltung eines Denkmals im Stadtpark; Entscheidung über die Vorschläge des Arbeitskreises." Die spannenden Fragen werden dann sein: Sind alle der 13 damaligen Unterzeichner in der Sitzung anwesend? Und bleiben sie bei ihrer Haltung, dass es eine Denkmal-Lösung erst nach einem Abriss der umstrittenen Mauer-Stele wird geben können? Beginn der Stadtratssitzung ist um 19 Uhr in der Stadthalle.