Streit im Vorstand:Piraten ohne Führung

Nach einem turbulenten Parteitag wird beschlossen, die Aktivitäten des Kreisverbands ruhen zu lassen. Streit zwischen dem Vorsitzenden Schmidt-Behounek und seinem Stellvertreter Hietl führt letztlich zu Wahlabbruch

Von Alexander Sorg

Streit im Vorstand: Alter und neuer Vorsitzender: Thomas Schmidt-Behounek - aber ohne Kreisverband. Foto: Christian Endt

Alter und neuer Vorsitzender: Thomas Schmidt-Behounek - aber ohne Kreisverband. Foto: Christian Endt

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

Die Piraten im Landkreis Ebersberg haben Schiffbruch erlitten. Nachdem ihr Kreisparteitag am Sonntag von Streitigkeiten bestimmt wurde, beschlossen die Anwesenden die Aktivitäten ruhen zu lassen und die Aufgaben des Kreisverbands dem Bezirk Oberbayern zu unterstellen. Zwar war Schmidt-Behounek in seinem Amt als Vorsitzender bestätigt worden, doch bei der Bestimmung eines zweiten Vorstands und eines Schatzmeisters war der Kreisverband gescheitert.

Zunächst schien der Kreisparteitag eine ruhige, routinierte Angelegenheit zu werden. Es wurde gegessen, getrunken und gelacht. "Ich bin noch Vorstand und hoffe, dass ich heute auch wieder gewählt werde", erklärte Thomas Schmidt-Behounek, der die Piraten in Ebersberg seit November 2012 leitete. Doch spätestens beim Rechenschaftsbericht des Vorstands endete die Friedenszeit. Doch nachdem Schmidt-Behounek sich darauf konzentriert hatte, Punkt für Punkt jede angefallene Tätigkeit protokollarisch wiederzugeben, setzte sein Stellvertreter, Sebastian Hietl, den ersten Stich: "Ich habe gelernt selbstkritischer zu werden im letzten Jahr. Thomas leider nicht." Eine Zusammenarbeit des Vorstands sei nach den Vorkommnissen nicht mehr möglich, es sei denn Schmidt-Behounek würde sich entschuldigen und Fehler eingestehen. Es wären Presseanfragen nicht weitergeleitet worden und auch in anderen Punkten seien die basisdemokratischen Strukturen der Piraten übergangen worden. Nach drei Jahren im Vorstand sehe er keinen Sinn mehr in einer weiteren Arbeit, erklärte Hietl.

Bei der anschließenden Fragerunde eskalierte die bereits angespannte Situation. In einem lauten und heftigen Wortgefecht attackierten sich die beiden Vorstände. "Ich wehre mich gegen die ständigen Unterstellungen", sagte Schmidt-Behounek. Er habe keine Presseanfragen zurückgehalten. "Lügner!", rief Hietl. Bei ihm müsse jede Kleinigkeit ausdiskutiert werden, sagte Schatzmeisterin Maren Kammler über Hietl. Während sich dieser vor allem auf die basisdemokratischen Elemente der Partei fixiere, sei Thomas Schmidt-Behounek zielorientierter. "Der will immer eine schnelle, klare Lösung." Die beiden hätten nie zusammengepasst und sich dann auch noch menschlich zerstritten, sagte Kammler. Nach der emotional geführten Fragerunde war es an den sieben stimmberichtigten Mitgliedern - inklusive des Vorstands - die neue Kreisverbandsleitung zu wählen. Noch während sich Schmidt-Behounek dem Publikum vorstellte, um erneut für das Amt des Vorsitzenden zu kandidieren, verließ sein ehemaliger Stellvertreter den Raum. "Das ist doch ein Witz hier", erklärte Hietl und verließ den Kreisparteitag.

Schmidt-Behounek wurde anschließend bei der Wahl in seinem Amt bestätigt, doch bei der Bestimmung eines Stellvertreters und eines Schatzmeisters scheiterte der Kreisverband. Michael Nausch, der bereits in der Vergangenheit im Vorstand tätig war, wurde gebeten wieder in leitender Position aktiv zu werden. Er würde es machen, erklärte der 46-jährige, allerdings sei seine Frau gefragt worden ob sie Schatzmeisterin machen wolle. Zwei Familienmitglieder im Vorstand seien zwar nicht verboten, aber auch keine optimale Lösung, erklärte Nausch. Es gebe aber auch einen anderen Grund, fügte er mit zitternder Stimme hinzu. Mit sich selbst ringend versuchte er den persönlichen Schicksalsschlag in Worte zu fassen - es gelang ihm nicht. Sie werde es für ihren Mann übernehmen, erklärte seine Ehegattin. Ihr Mann müsse nächste Woche zurück ins Krankenhaus, "der untersuchte Tumor ist bösartig".

Maren Kammler schlug letztlich vor, die Aktivitäten ruhen zu lassen und die Aufgaben des Kreisverbands dem Bezirk Oberbayern zu unterstellen. "Ich glaube dass es die beste Möglichkeit war", sagte Matthias Schrade, ein ehemaliges Mitglied des Bundesvorstands der Piratenpartei. Unter zehn Aktiven mache es keinen Sinn, dass sei die Faustregel. "Außerdem stehen wir für einen Abbau der Bürokratie, da müssen wir glaubwürdig bleiben".

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