Störung durch Luftverkehr:Widerstand gegen Fluglärm

ZMS, Fluglärm Diskussion, Gemeinderat Sascha Hertel, Horst Weise vom Deutschen Fluglärmdienst, ZMS-Vorsitzender Wolfgang Korda

Horst Weise vom Deutschen Fluglärmdienst e.V. (Mitte) zeigt die Geräuschentwicklung bei einem Flugzeugstart.

(Foto: Max Nahrhaft)

Beim Diskussionsabend der Wählergemeinschaft "Zukunft Markt Schwaben" zur Belastung durch den Münchner Flughafen fordern die Redner mehr Informationen und mehr Mitsprache der Bürger

Von Max Nahrhaft, Markt Schwaben

Immer mehr, immer öfter, immer lauter - wenn man in den vergangenen Monaten die Diskussionen zum Fluglärm verfolgte, fielen häufig ähnliche Sätze. Auch viele Markt Schwabener haben den Eindruck, dass gerade in den letzten Jahren die Flugbewegungen dramatisch zugenommen hätten und damit auch der Lärm, der von den Maschinen ausgeht.

Doch belastbare Zahlen für die Eindrücke und akustischen Wahrnehmungen gab es bisher nur wenige, findet man bei der Wählergemeinschaft Zukunft Markt Schwaben (ZMS). Deswegen organisierte sie eine Informationsveranstaltung zum Thema Fluglärm. Rein informativ und unpolitisch, so das Motto des Abends, dem Gemeinderatsmitglieder aus allen Fraktionen gefolgt sind. Einerseits wollte die Wählergemeinschaft aufklären über Erkenntnisse, die von offizieller Seite "geheim gehalten werden", wie in einem Bericht der ZMS zu lesen ist. Andererseits war es auch das Ziel, langfristig eine Öffentlichkeit zu schaffen, in der eine Debatte zum Thema Fluglärm entstehen kann. Nur wenn viele Bürger sich gegen die Belastung stark machen, lasse sich etwas bewirken. Sascha Hertel, der Fraktionsvorsitzende von ZMS, sagte: "Natürlich kann man Lärm aufgrund der Nähe zum Flughafen nicht ganz vermeiden, trotzdem sollten wir nicht tatenlos zusehen, wie er mehr wird."

Gerade um unabhängige Informationen zu vermitteln, war Horst Weise vom Deutschen Fluglärmdienst e.V. (DFLD) anwesend. Der Verein betreibt an 50 Flughäfen in sechs Ländern, darunter auch im Erdinger Moos, ein sogenanntes Fluglärm-Monitoring. Das heißt im Klartext, dass man die Geräusche der Flugzeuge misst, einordnet und über einen längeren Zeitraum transparent darstellt. "Für den Normalbürger ist es häufig schwer zu begreifen, was die Fakten sind. Wichtig ist nämlich nicht nur die absolute Lautstärke, sondern auch der Unterschied zum Normalpegel", erklärte Weise. Fluglärm werde in ruhigen Gegenden viel stärker wahrgenommen, als zum Beispiel im belebten München, wo man anständig mit Hintergrundgeräuschen konfrontiert wird. Auch Mittelwerte über eine größere Zeitspanne hält der Experte für wenig sinnvoll, da es über den Tag natürlich viele Phasen ohne Fluglärm gebe, dann der Geräuschpegel aber für wenige Sekunden massiv ansteigt, wenn ein Flugzeug über den Köpfen vorbeizieht. Zudem sei auch die Trennung zwischen allgemeinem Lärm und Fluglärm unabdingbar, so Weise, da man ansonsten keine konkreten Rückschlüsse auf die Geräuschquellen machen könnte. Nur wenn solche Faktoren beachtet werden, lasse sich Klarheit schaffen.

Wie die Auswertungen des DFLD ergaben, liegen die Gemeinde Markt Schwaben, sowie Teile des nördlichen Landkreises je nach Windrichtung am Beginn der südlichen An- oder Abflugzone des Münchner Flughafens. Im September sind im Durchschnitt 40 Flugzeuge pro Tag über Markt Schwaben in die Ferne gestartet. Obwohl sie dabei bereits eine Höhe von circa 1600 Meter erreichten, erzeugten sie noch einen Schalldruck von bis zu 70 Dezibel - das ist in etwa so laut, wie ein voll aufgedrehter Staubsauger oder Haarföhn.

"Wir müssen uns klar werden, dass nicht nur der Landkreis Erding, sondern genauso auch die Gemeinden nördlich des Ebersberger Forsts vom Fluglärm betroffen sind", konstatierte der SPD-Bundestagsabgeordnete, Ewald Schurer, der als Gast auf der Veranstaltung war. Er forderte, dass sich die regionale Politik gemeinsam mit den Gemeindebürgern zusammenschließen müsse, um "sich dem Widerstand anzuschließen". Nur so könne man Druck auf die Flughafengesellschaft ausüben, und Mitspracherecht beim Lärmschutz erwirken. Dem konnten sich auch die Vertreter der ZMS anschließen.

"Wir wollen das Problem nicht einfach in den Nachbarort verschieben, sondern eine große gemeinsame Initiative starten", erklärte Wolfgang Korda, der Vorsitzende der Wählergemeinschaft. Zwar gibt es schon jetzt eine Fluglärmkommission, doch bislang ist dort noch niemand aus dem Landkreis Ebersberg vertreten. Zusätzlich besteht aber die Möglichkeit, eine persönliche Beschwerde zur Lärmbelästigung online über die ZMS, den DFLD oder telefonisch beim Flughafen einzureichen.

Während Schurer sachlich mit den gewonnen Daten des DFLD auseinandersetzte, äußerte sich Korda im Laufe des Abends wiederholt despektierlich über den Gemeinderat. Dieser konnte nämlich im April einem Antrag der ZMS nicht zustimmen, in dem eine dauerhafte Schallpegelmessung für die Marktgemeinde gefordert wurde. Da auch der Flughafen München selbst mit einer mobilen Messstation die Belastung in Markt Schwaben misst, hielt Bürgermeister Georg Hohmann (SPD) den Antrag für "totalen Aktionismus".

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