Bildung und Erziehung:"Sternschnuppe" lässt Kinderlieder neu erstrahlen

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Das Musik-Duo "Sternschnuppe" aus Ottenhofen veröffentlicht eine neue CD mit altbekannten Kinderliedern. Ihr Star ist die erst dreijährige Enkelin Stella.

Von Anja Blum

Gute Musik kennt kein Verfallsdatum. Das gilt für Bach genauso wie für den "Bolero" oder die Beatles, aber auch für so manche ganz einfache Melodie. Kinderlieder wie "Backe, backe Kuchen" zum Beispiel. Damit diese traditionellen Stücke auch weiterhin nicht in Vergessenheit geraten, haben Margit Sarholz und Werner Meier für ihr neues Album "Alle meine Entchen & Co" besonders schöne, altbekannte Lieder ausgewählt und auf Sternschnuppe-Art mit frischen, groovigen Arrangements zu neuem Leben erweckt. Eine CD voller beliebter Klassiker zum Mitsingen, Spielen und Tanzen für Musikeinsteiger ab zwei Jahren.

Nun könnte man natürlich fragen: Muss das sein, den unzähligen Kinderlieder-CDs noch eine weitere hinzuzufügen? Aber ja, es muss sein. Denn viel zu oft wird der Nachwuchs mit billigem Trallala, lieblosem Keyboardgedudel und 0815-Fassungen beschallt, die dem traditionellem Liedgut alles andere als gerecht werden. Das Motto vieler Produzenten lautet offenbar: Für Kinder tut's das schon. Die Sternschnuppen aber sind da ganz anderer Meinung. "Kinder haben bestes Hörfutter verdient - und ihre Eltern auch", sagt Meier, "damit es den Familien wieder Spaß macht, gemeinsam Musik zu hören und mitzusingen. Sei es zuhause, auf langen Autofahrten oder bei Konzerten."

Deswegen stecken die beiden Liedermacher aus Ottenhofen bei Markt Schwaben unendlich viel Liebe und Zeit in ihre Projekte, von der CD übers Konzert bis zum Musical. Sie arrangieren und komponieren, reimen und blödeln, singen und spielen. "Wir verbringen bei jedem Album etwa 200 Stunden im Studio, bis alle Stücke aufgenommen, abgemischt und wir zufrieden sind", erklärt Sarholz. Die bewährten Zutaten sind junge Stimmen, humorvoll-verrückte Texte, stilistische Vielfalt sowie hervorragende Musikerinnen und Musiker. An der neuen CD etwa waren beteiligt Multiinstrumentalist Florin Riedl von Dreiviertelblut, Geigerin Martina Eisenreich, Evelyn Huber an Harfe und Hackbrett oder der Hornist Ulrich Haider von den Münchner Philharmonikern. "Kinder haben noch keine Schubladen in ihren Köpfen", sagt Meier, "deswegen sollen sie mit Sternschnuppe die ganze bunte Welt der Musik kennenlernen". Also wird mal gerapt, mal gerockt, mal gibt's Salsa, mal Walzer, mal Reggae, mal Tango. Außerdem erklingen die unterschiedlichsten Instrumente wie indische Klangvasen, bayerisches Hackbrett oder südamerikanisches Bandoneon.

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Bei den traditionellen Kinderliedern ist beim Arrangement freilich ganz besonders viel Fingerspitzengefühl gefragt. "Wenn eine Melodie so lange überlebt, haben wir schon Respekt davor", sagt Sarholz, "dann fassen wir die ganz vorsichtig an". Trotzdem erhält jedes Stück den Sternschnuppe-Stempel, ein unnachahmliches Qualitätssiegel. Zum Beispiel auch durch zusätzliche Strophen, die das Duo den traditionellen gerne hinzufügt. Vor allem dann, wenn der ursprüngliche Text etwas aus der Zeit gefallen ist, wie beim Fuchs, der die Gans gestohlen hat. Dass ihm der Erschießungstod drohen soll, können die meisten Kinder heute wohl nicht mehr nachvollziehen: Mama, der arme Fuchs!?! Doch Sarholz vermittelt: "Liebes Füchslein, lass dir sagen / Lass das Gänseklau'n / Knurrt dir auch dein Füchsleinmagen / musst woanders schau'n". Schließlich habe der Fuchs die Maus im Wald ja auch "zum Fressen gern".

Der Räuber übrigens streift bei Sternschnuppe mit listigen Klarinettentönen durch das Land. Der dicke Tanzbär kommt als Kontrabass angestapft und wirbelt mit der quirligen Geige im Kreis. Zu lustigen Ukulelen verschwinden die Hände und tauchen wieder auf, während all die Entchen auf lässig-schlappen Schlagzeugbesen lustig daherwatscheln. Gemeinsam geht es schließlich zur Vogelhochzeit und zum Fest bei den Fröschen am See, wo Geigen und Querflöten virtuos aufspielen.

Star der neuen CD aber ist Stella, gerade einmal drei Jahre alt, eine "kecke Nudel und frech wie Dreck". Sagt zumindest ihr Opa, Werner Meier, und lacht. Die kleinste Enkelin der beiden Sternschnuppen-Gründer ist nicht nur auf dem Cover zu sehen, sondern hat auch im Studio mitgesungen und -gesprochen, denn zwischen den Liedern gibt es als kleine Überleitungen wie immer lustige Hörspiele. Mit einer Dreijährigen allerdings sei das alles nicht ganz so einfach auf Band zu bekommen, erzählt Margit Sarholz. "In dem Alter kann man ja nichts verlangen, das sind dann einfach Geschenke." Geholfen hat aber vielleicht, dass im Aufnahmeraum immer Gummibärchen greifbar waren, als Gage sozusagen - auch wenn Stella irgendwann verkündet habe, eigentlich lieber Schokolade zu mögen, wie die Oma amüsiert berichtet.

Außerdem habe eine höchst vertraute Stimmung geherrscht, erzählen die Sternschnuppen, denn das Album sei eine echte Familienproduktion - Premiere im Ottenhofener Ritterland! Mit Sarholz und Meier sangen diesmal ihre drei Enkelinnen Stella, Mia und Clara, drei, zehn und zwölf Jahre alt, sowie deren Mutter Lisa, die Tochter der beiden Ober-Sternschnuppen. So habe man trotz Corona ganz locker gemeinsam im Studio arbeiten können - und viele besondere, wunderschöne Momente erlebt. "Als Margit und Clara zusammen ,Schlaf, Kindlein, schlaf' gesungen haben, das war zum Beispiel sehr berührend für mich", erzählt der stolze Opa.

Freilich: Durch die Pandemie ist auch das solide Sternschnuppe-Schiff etwas ins Schlingern geraten. Unzählige Konzerte sind ausgefallen oder wurden verschoben, jeder Termin ist laut Sarholz "mit einem x-fachen Aufwand verbunden". Das neue Liveprogramm "Lustige Abenteuerlieder aus dem Koffer", das von Brezn-Beißern, Regenpiraten und Disco-Knödeln erzählt, hat wegen Corona schon sein erstes "Revival" auf dem Buckel. Auch vor wenig Publikum oder im Stream sind die Sternschnuppen aufgetreten, doch das sei in ihrem Fall einfach nur Blödsinn, sagen die Ottenhofener: "Unsere Konzerte leben von der Interaktion, davon, dass die Kinder mitsingen, mittanzen und mitraten", so Meier. Insofern seien das nur klägliche Kompensationen. Um einiges besser wurde es im Sommer, da konnte das Duo viele Open-Airs geben, unter anderem in Markt Schwaben. "Petrus hat es sehr gut gemeint mit uns in diesen eigentlich verregneten Monaten." Ihr großes Glück sei aber auch, sagen Sarholz und Meier, dass sie nicht nur ausführende Musiker seien, sondern eben auch CD-Produzenten und Chefs des Sternschnuppe-Verlags, eines kleinen, familiären Betriebs mit sechs Angestellten. Und die Fans hätten sich, gerade zu Beginn der Pandemie, sehr solidarisch gezeigt: "Es gab viele große Bestellungen, das hat uns gerettet und sehr berührt."

Momentan reichen die Planungen des Livegeschäfts bereits bis 2023 - denn manche Veranstalter hätten 2022 schon abgeschrieben, so Sarholz. Und auch ihnen selbst sei etwas bange zumute. Tatsächlich weiß ja niemand zu sagen, was die Kulturszene noch alles wird einstecken müssen. Die Inzidenzen schnellen in die Höhe, aus 3G wird 2G - und dann? Außerdem: Was ist mit den kleinen Zuschauern von Sternschnuppe, die sich bislang ja gar nicht impfen lassen dürfen? Sarholz und Meier haben die Pandemie und die Kulturkrise satt, das ist deutlich zu spüren, und sie sehen sich als Künstler auch in der Verantwortung, wollen Stellung beziehen. "Wenn die Menschen sich mental verbunkern, einfach die Tatsachen ignorieren, das macht mich echt wütend", sagt Meier. Auf der anderen Seite aber spüre er bei allen Konzerten eine ganz besondere Herzlichkeit und Dankbarkeit. "Da haben selbst Erwachsene feuchte Augen, weil sie sich so freuen", sagt Sarholz. "Und dieser Zusammenhalt baut uns wirklich auf."

Alle Alben, Infos und Termine gibt es online unter https://www.sternschnuppe-kinderlieder.de/. In der Region live erleben kann man das Duo am Freitag, 3. Dezember, um 17 Uhr in der Stadthalle Grafing und am Samstag, 4. Dezember, um 17 Uhr in Markt Schwaben, Theater am Burgerfeld. Gespielt wird jeweils das Programm "Winterlieder".

© SZ vom 12.11.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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