Süddeutsche Zeitung

Steinhöringer Country-Fest:Im Club der Johnnys

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Von der Coverband zum eigenen Profil: Die "Free Hills" treten am Samstag in Steinhöring auf und wollen ein zweites Album aufnehmen

Von Konstantin Schätz, Steinhöring

Wenn Johnny anfängt, mit seiner tiefen Stimme zu singen, und die ersten Akkorde auf seiner Westerngitarre anschlägt, ist er ganz in seinem Element. Nein, die Rede ist nicht von Johnny Cash, sondern von Jonathan Schütze. "Johnny" nennen ihn seine Freunde, weil er eben genau die Musik macht, für die der bereits verstorbene US-amerikanische Countrysänger berühmt ist.

Free Hills heißt Schützes Band aus Steinhöring, die sich bei ihrer Gründung 2013 ganz der Verehrung Cashs verschrieben hatte. Doch zunehmend distanziert man sich von den Coversongs: "Die kommen halt gut an, das ist mit eigenen Songs schon deutlich schwieriger", sagt der Sänger. Dennoch wollen die Free Hills ihr Repertoire nun mehr an eigenen Stücken ausrichten. Weniger "Ring of Fire", mehr "Dirty Road" - so der erste Titel auf dem gleichnamigen Debütalbum der Band. Ein Lied, das klingt, als hätten die Musiker es Cash und John Wayne gleichzeitig gewidmet: Ein schnell und gleichmäßig gespieltes Schlagzeug, das durch das Lied galoppiert wie ein Pferd durch die Wüste. Vereinzelte E-Gitarren-Riffs wie in einem alten Western-Streifen, in dem ein Revolverduell zwischen Held und Schurke unmittelbar bevorsteht. Dazu der Klang der Westerngitarre und Schützes tiefe Stimme. Wer das live erleben möchte, sollte am Samstag, 24. Juni, zum Country-Ffest auf dem Gelände des Steinhöringer Betreuungszentrums gehen.

Sehr authentisch und amerikanisch wirkt diese Musik - und das, obwohl alles mit einer Posaune und einer Tuba begann: "Ich war damals in der Steinhöringer Blaskapelle, und unser Bassist Paul Wolff, den ich auf einer Party kennengelernt habe, hat noch überwiegend Tuba gespielt", erzählt der 24-jährige Schütze. Doch die Tuba musste schnell einer akustischen Bassgitarre weichen und die Posaune wurde durch eine Sigma-Gitarre ersetzt. Was zu diesem radikalen Instrumentenwechsel führte? Vor allem ein gemeinsamer Musikgeschmack.

Zu viert gingen die Free Hills einst die "Dirty Road" runter, wie auf dem Albumcover zu sehen ist. Mittlerweile schwankt die Anzahl der Bandmitglieder zwischen zwei und drei. "Der E-Gitarrist ist derzeit verreist, und Paul Wolff ist aus familiären Gründen nach Berlin gezogen", erklärt Schütze den massiven Platzgewinn im Proberaum. Wolff ist damit zwar vorerst aus den Augen, aber nicht gänzlich aus dem Sinn: "Wir besuchen ihn in Berlin, damit wir uns für den Auftritt am Wochenende vorbereiten können." Ein weiter Weg für eine Bandprobe, den die Musiker aber künftig häufiger antreten werden: "Bereits im Juli fahren wir wieder hin. Pauls Freundin hat uns gebeten, auf ihrer Hochzeit zu spielen", sagt der Sänger und lacht.

Trotz der anstehenden Auftritte mit Bassist, rechnet Frontman Schütze vorerst mal mit einer Besetzung zu zweit. Lediglich Schlagzeuger Samuel Vogl, alias Sammy, ist als festes Mitglied geblieben. Eine Tatsache, die den Sänger jedoch wenig zu stören scheint: "Wir bauen unsere Songs einfach um. Es muss ja nicht immer eine Bass-Spur und ein E-Gitarren-Solo dabei sein." In der Regel trifft sich das neue Duo zwei Mal pro Woche, um bis tief in die Nacht Musik zu machen. "Zu zweit sind wir da relativ flexibel. Wir proben einfach, wie wir gerade lustig sind."

Trotz der eher dünnen Besetzung haben sich die Free Hills große Ziele gesetzt. Denn neben dem ein oder anderen Festival, auf dem sie gerne spielen würden, wollen sie ein neues Album in Angriff nehmen. 4500 Euro hat die Band für die Produktion ihres Debüts gezahlt. Eine Menge Cash für die Musiker, die die CD aber größtenteils durch die Einnahmen von Auftritten und den Vorverkauf des damals noch nicht vorhandenen Albums finanzieren konnten.

Vor allem in Italien wird die neue Platte sehnsüchtig erwartet. Denn seit einem Auftritt in Cavi di Lavagna, einer Ortschaft an der Westküste des Cowboystiefels, gibt es dort einige Free-Hills-Fans, die sich laufend nach dem nächsten Album der Steinhöringer erkundigen. "Zu dem Gig kamen wir über meinen Vater, der dort geschäftlich unterwegs ist", erklärt Schütze. Etwa fünf bis sechs Auftritte spiele die junge Band jährlich.

Free Hills ist also eine "zwei- bis dreiköpfige, nicht-mehr-Johnny-Cash-Coverband aus Steinhöring, mit Ursprung in der Blasmusikund Fangemeinde in Italien". In Worten mag das komisch klingen, doch das musikalische Ergebnis kommt sehr amerikanisch daher. Und auch wenn Johnny Schütze sich von seinem stets schwarz gekleideten Namensvetter lösen will, dürften seine tiefe Stimme und die Westerngitarre eingefleischte Cash-Fans stets ein wenig an die Legende erinnern.

Country-Fest im Hof der Steinhöringer Werkstätten, am Samstag, 24. Juni, von 16 Uhr an, mit den "Free Hills", "Ronny Nash & His Whiteline Casanovas", Messerwerfen und anderen Aktionen

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Quelle:
SZ vom 22.06.2017
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