Weihnachten:Bio-Christbäume aus Steinhöring: Schön, robust und langlebig

Weihnachten: Tobias und Monika Brunner freuen sich auf den Christbaum, den Peter Zettler und Maximilian Jahna für sie in ein Netz packen.

Tobias und Monika Brunner freuen sich auf den Christbaum, den Peter Zettler und Maximilian Jahna für sie in ein Netz packen.

(Foto: Christian Endt)

Das Betreuungszentrum Steinhöring setzt auf Bäume, die ohne Pestizide und Dünger aufgezogen werden. Bei der Nachzucht hat allerdings der Hagel im Sommer viel zerstört.

Von Michaela Pelz, Steinhöring

"Rot oder weiß?" Diese Glaubensfrage beschäftigt nicht nur Pommesfreunde, sondern ist auch in vielen Haushalten durchaus kontroverses Thema, sobald es um das Schmücken des Christbaums geht. Bevor man allerdings akribisch Kugeln irgendeiner Couleur an den Ästen befestigt, gilt es, den Baum selbst auszuwählen. Auch da scheiden sich die Geister. Dem einen reicht die Supermarkttanne - "Hauptsache günstig" -, die nächste möchte ein echtes "Ebersberger Gewächs" aus dem Forst - "am liebsten selbst geschlagen" -, und die dritten setzen auf Bioweihnachtsbäume.

Solche Menschen stehen dann, entweder geplant oder weil sie das entsprechende Schild an der B304 gesehen habe, vor der Lagerhalle im Hof hinter dem Verwaltungsgebäude des Einrichtungsverbunds Steinhöring (EVS), um sich das grüne Sortiment anzuschauen. Weniger als eine Woche vor dem Fest ist die Auswahl überschaubar - mehr als 70 Prozent der heuer im Verkauf befindlichen 80 Exemplare sind schon weg. Diese Anzahl orientiert sich hauptsächlich an der Zahl der Stammkunden, da der sonst im Zweijahresrhythmus stattfindende Christkindlmarkt auf dem Gelände des Betreuungszentrums mit entsprechendem Verkaufsstand leider entfallen musste.

Vor allem Stammkunden holen sich einen Baum

Ein Gutteil des Klientels stammt aus den Wohngruppen oder dem unmittelbaren Umkreis - Personen, die oft dem EVS schon lange verbunden sind oder die unkomplizierte Abholung zu Fuß schätzen. Andere wiederum, sagt der Gruppenleiter der Gärtnerei Peter Zettler, kämen gezielt aus Ebersberg, Grafing oder sogar, nach dem Erhalt eines entsprechenden Flyers zusammen mit dem "Gemüsekisterl" aus Fendsbach, weil ihnen der "Bio"-Aspekt so wichtig ist.

Das trifft zum Beispiel auf die Brunners zu, beide beruflich im Bereich Marketing tätig, die erklären, bei ihrer vegetarischen Ernährung ebenfalls auf "bio" zu setzen. Dass Ehefrau Monika ihrerseits im Bereich Kommunikation für den Einrichtungsverbund tätig ist, spielt nur eine untergeordnete Rolle, denn Mitarbeiterrabatt gibt es nicht. Vielmehr überzeugt Ehemann Tobias, laut seiner Gattin selbst leidenschaftlicher Gärtner, vor allem, dass Pestizide und Dünger vermieden werden. Details zu diesem Thema kommen von Zettler, der schon seit 30 Jahren in Steinhöring arbeitet und die Unterschiede zwischen "konventionellem" und "Bio"-Anbau anschaulich erklärt.

Alles beginnt mit der Baumschule, wo die Weihnachtsbäume in spe ihre ersten drei bis vier Jahre verbringen. Dort sei es meist üblich, die Anbaufelder zu spritzen. Die Baumschule Oberloher aus Rattenkirchen hingegen tut das nicht, denn sie bietet die Nadelhölzer in Töpfen an. "Sogar mit Anwachsgarantie," erklärt Zettler den Grund, warum man 2018 im Frühjahr trotz des etwas höheren Preises 1000 Stück von dieser Variante statt der "Wurzelnackten" geholt und angepflanzt hatte. Denn bei Letzteren bestünde auch die Gefahr des Austrocknens, bevor sie in die Erde kommen. Der Plan: In Steinhöring sollten die Setzlinge wachsen und gedeihen, dann wollte man sie "nach Bedarf" schneiden und verkaufen.

Der Hagel hat viel kaputt gemacht

Alles lief gut - bis der Hagel kam. Derzeit ist ungewiss, wie viele der jungen Bäume trotz des schlimmen Unwetters im Juni 2021 Seitenäste am "Terminal"-, also Haupt-Trieb, ausbilden werden. Ob neu bepflanzt werden muss, wird sich erst im kommenden Jahr zeigen. Allerdings hätte man von diesen aktuell ohnehin nichts verkaufen können, braucht doch eine Tanne bis zur Größe von zwei Metern im Schnitt acht Jahre. Deswegen ist das, was vor der Lagerhalle in Steinhöring steht, zwar "bio", aber nicht regional, stammt es doch von Familie Schulte-Göbel im Schmallenberger Sauerland. Dort werden zur Vernichtung des Unkrauts, das den Bäumen vor allem in den ersten Jahren Luft und Licht nimmt und so das Wachstum hemmt, statt Herbizide Shropshire-Schafe eingesetzt. Die fressen das meiste weg, dennoch müsse laut Zettler nachgemäht werden.

In Steinhöring ist der Mäheinsatz ohne tierische Unterstützung zwar größer. Gleichzeitig funktioniere das liegengelassene Mähgut aber wunderbar als natürlicher Dünger. Auch auf Insektizide und Fungizide wird verzichtet. Durch einen größeren Abstand zwischen den einzelnen Bäumen, können diese nach Regen gut abtrocknen und es besteht keine große Pilzgefahr.

Doch wie steht es mit der Haltbarkeit? Im Gegensatz zu jenen konventionellen Koniferen, die man dazu bringe, in kürzester Zeit hoch aufzuschießen, seien Biobäume deutlich widerstandfähiger und robuster, sagt Zettler. Eine Tatsache, die auch für Monika Brunner eine entscheidende Rolle spielt, wie sie lachend erklärt, in einem Haushalt wie dem ihren mit Kind, Katze und Hund.

Ein weiterer Vorteil der Nordmanntannen: Mit der Zeit verändern die Nadeln zwar vielleicht ihre Farbe ins silbrig-graue, werden aber nur in geringem Umfang abgeworfen - im Gegensatz etwa zu Fichten, wie jeder aus leidvoller Erfahrung weiß, der kurz vor dem Dreikönigstag mehrmals täglich den Handfeger einsetzen muss, um den pieksigen Abfall zu entsorgen.

Generell gilt: Nach dem Kauf sollte man den Baum trocken, wind- und sonnengeschützt draußen lagern. Danach kann die Biotanne gut drei Wochen stehenbleiben, ein regelmäßiges Besprühen der Zweige im Wohnzimmer oder üppige Wassergabe übrigens nicht nötig, wie der Experte erklärt.

Zum Zeitpunkt des Verkaufs fassen sich die buschigen Zweige tatsächlich angenehm weich an. Und auch wenn dieser Umstand das Schmücken deutlich unkomplizierter macht und förmlich dazu einlädt, den Baum üppig herauszuputzen, könnte man die Exemplare, die man heute gesehen hat rein theoretisch sogar so lassen, wie sie sind. Einfach mal Natur pur statt bunt. Dann gibt es auch keinen Streit um "rot" oder "weiß".

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