Startups:Kein Hexenwerk

Lesezeit: 3 min

Carsten Rudolph berät Startups. Diese sollten - trotz aller Begeisterung für ihre neue Idee - das Geldverdienen nicht außer Acht lassen und außerdem keine Angst vor der Bürokratie haben

Von Max Nahrhaft 

Der Traum vom schnellen Geld, der Wunsch, selbst ein Unternehmen zu managen oder mit einer atemberaubenden Idee die Welt zu verändern: Die Motivationen, warum Menschen ein Unternehmen gründen, sind so unterschiedlich wie die Erfolgschancen von Startups. Viele Ambitionierte scheitern schon am eigenen Konzept, anderen geht schlichtweg das Geld aus.

Seit Jahren entwickelt sich eine regelrechte Gründungskultur, die sich längst aus der Nische der profithungrigen BWL-Studenten herausbewegt hat. Die Gründe sind unterschiedlich: Zum einen ist die Lust gestiegen, sich selbst zu verwirklichen. Viele Menschen wollen gerne ihr eigener Chef werden, den amerikanischen Traum verwirklichen. Dafür bietet der IT-Boom seit den 90er-Jahren ungeahnte Möglichkeiten: Man kann seine Idee mit einem sehr geringen finanziellen Aufwand umsetzen und schnell neue Märkte erschließen - von denen es in der jungen Branche noch viele gibt. Es gibt aber auch Idealisten, die mit ihren Einfällen die Welt ein Stückchen besser machen wollen.

Allerdings: Viele der 800 000 Neugründungen, die in der bayerischen Statistik auftauchen, fallen in keine der beiden Kategorien. Immer mehr Arbeitnehmer sind zwar auf dem Papier als Selbstständige beschäftigt, erfinden aber kein neues Konzept, sondern gliedern sich in eine bestehende Lohnstruktur ein - angefangen beim Paketdienstfahrer bis hin zum freien Unternehmensberater. Wenn man diese Gruppe abzieht, bleiben nur 700 echte Startup-Gründungen in Bayern übrig.

Carsten Rudolph berät Startups und hat konstruktive Ratschläge für Unternehmensgründer parat. (Foto: oh)

Doch aus welchen Gründen auch immer jemand ein Unternehmen gründen will: Eine Finanzierung und ein langfristiger Businessplan sind unentbehrlich - so sieht das zumindest Carsten Rudolph. Er ist seit vielen Jahren Geschäftsführer von "Baystartup" und hat täglich mit Gründern zu tun. "Es gibt zwar kein Erfolgsrezept für das perfekte Unternehmen, aber man darf das Geldverdienen keinesfalls außer Acht lassen", so Rudolph. Also eher wirtschaftlich denken als romantisch in der Erfinderwerkstatt herumtüfteln. Aber ist das nicht genau das, was man sich unter Startups vorstellt? Eben nicht, meint der Experte. Man solle schon netzwerken und auf die Kunden zugehen, bevor das Geschäftsmodell vollständig ausgereift ist.

Deswegen will Baystartup genau hierfür eine Plattform bieten und Jungunternehmern finanziell unter die Arme greifen: Die Firma stellt ihnen sowohl Kapital als auch Knowhow zur Verfügung. Dafür wurde ein Gründerfonds eingerichtet, aus dem ausgewählte Startups ein Darlehen erhalten, um ihr Geschäftsmodell in die Tat umzusetzen. Das Geld hierfür komme von verschiedenen Investoren, die zusammen mehr als 40 Millionen Euro beigesteuert hätten - eine Summe, die ansonsten fast niemand zur Verfügung stellen kann.

Das Unternehmen bietet aber auch verschiedene andere Dienstleistungen an, um Gründern zu helfen. Es organisiert jedes Jahr in München und Umgebung einen Businessplan-Wettbewerb, in dem die besten Startups gekürt werden. "Das Wichtige dabei ist nicht das Siegertreppchen, sondern das ausführliche Feedback, das die Teilnehmer erhalten. Darauf lässt sich aufbauen", so Rudolph. Deshalb biete Baystartup auch einen Workshop, in dem Jungunternehmer individuell gecoacht werden.

Trotz solcher Angebote sehen sich viele Gewillte mit hohen Hürden konfrontiert. So seien die bürokratischen Hindernisse in Deutschland zu hoch und auch die Buchführung und sonstige Büroarbeit raube Zeit für eine innovative Ideenfindung, beklagen viele Gründer. Für Rudolph indes geht diese Diskussion an der Realität vorbei: "Wenn man die Gründung ernsthaft anpackt, ist das kein Hexenwerk mehr. Ganze ohne Struktur geht es eben nicht, und auch die Gründung einer GmbH sollte kein Hindernis darstellen."

Startups, Weltverbesserer und angehenden Millionäre gibt es auch im Landkreis. Ebersberg hat nämlich - ebenso wie andere ländliche Regionen - viele Vorteile als Standort: Die Kosten für Miete, Unterhalt und Lohn sind hier im Vergleich zu Großstädten etwas niedriger, wodurch die Gründer mehr finanzielle Freiheit haben. Zum anderen "kenne hier jeder jeden", so dass entstehe ein enges Netzwerk aus Unternehmern entstehe, die aufeinander zurückgreifen könnten, berichten viele Gründer. "Trotzdem gibt es innerhalb einer Branche nur wenig Konkurrenz, die neuen Firmen stehen also nicht unter so einem großen Druck", sagt Rudolph. Das könne aber schlussendlich wieder negative Konsequenzen haben, wenn der lokale Absatzmarkt fehlt, an den man seine Produkte veräußern könnte. Es gibt also - ebenso wie kein perfektes Erfolgsrezept - auch kein ideales Arbeitsumfeld für ein Startup. Trotzdem haben auch einige Menschen hier im Landkreis den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt.

© SZ vom 27.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: