Start in den Advent:Christkind im Kunstschnee

Jedes Jahr das Gleiche, doch immer wieder schön: Ein Streifzug über die Weihnachtsmärkte im Landkreis

Carolin Fries

LandkreisDas Christkind steht ganz still im ersten Stock des Ebersberger Rathauses und strahlt. In wenigen Minuten wird die 16 Jahre alte Kathrin Schneider ihren großen Auftritt auf dem Ebersberger Christkindlmarkt haben. Sie wird im Scheinwerferlicht auf den geschmückten Balkon treten und in künstlichem Schneegestöber ein Gedicht aufsagen. Unten auf dem Marienplatz haben sich Eltern und Kinder bereits in Position gebracht. Ob sie aufgeregt ist? "Es geht", meint sie kurz und strahlt wieder. Alles an dem jungen Mädchen scheint zu glitzern - das weißgoldene Kleid ebenso wie der Lidschatten. Rechts von ihr wird frischer Kaffee in Becher gefüllt und Selbstgebackenes auf Teller gehoben, links reihen sich in Stoff gebundene Kalenderbücher aneinander, schräg gegenüber gibt es Schüsseln aus Holz.

Der Christkindlmarkt in Ebersberg versammelt längst nicht mehr nur ortsansässige Vereine und Institutionen. Der Bund der Selbstständigen als Veranstalter steht auch Gewerbetreibenden offen gegenüber. So backt der Waldkindergarten Waffeln und die Confiserie verkauft Pralinen. "Blaues Wunder" oder "Venusnippel" heißen die selbstkreierten Schleckereien. Ursula Sumpf kostet zusammen mit ihrer Tochter gleich an Ort und Stelle. "Mit Kindern ist der Christkindlmarkt eine nette Sache", meint sie - doch nicht nur die kommen auf ihre Kosten. "Ich treffe hier Leute, die ich das ganze Jahr so nicht sehe."

Und genau damit lässt sich wohl erklären, dass sich an den verschiedensten Ständen und Buden Menschen die Hände an Porzellanbechern wärmen und lachend weißen Atem in die Abendluft werfen. "Heuer ist's besonders schön, weil es nicht so viel Kitsch gibt", meint eine Frau, die ihren Namen nicht verraten will. Und auch die Sperrung der Bahnhofstraße kommt gut an. "Das lockert unheimlich auf", meint die Dame und schlendert weiter. Günter Obergrusberger vom Bayerischen Roten Kreuz ist der gleichen Meinung. "So kann man schön eine Runde drehen." Mit fast schon unheimlicher Freundlichkeit hebt er seit drei Stunden Kleinkinder auf hölzerne Pferde, die Bestandteil eines nostalgischen Karussells sind. "Es quietscht furchtbar", sagt er, "aber das muss wohl so sein bei einem nostalgischen Karussell."

Derweil stehen die Pferde des antiken Karussells auf dem Schul- und Pfarrgelände in Hohenlinden noch still. Barbara Meyer, Vorsitzende des Arbeitskreises Christkindlmarkt, begrüßt Vertreter der örtlichen Vereine und verteilt die Kassen. Seit 18 Jahren wird der Weihnachtsmarkt hier aus zentral geplant, "seit 18 Jahren problemlos", wie Meyer meint. Sämtliche Einnahmen werden in einen Topf geschmissen und geteilt: Eine Hälfte geht an Bedürftige, die andere wird auf die Vereine verteilt. Die gute Sache vereint die Menschen in den Buden, es geht nicht um den Ertrag - das spürt der Besucher. Gemeinsam steht man an der Feuerstelle, über der ein Kessel mit dampfendem Jagertee hängt. "Alleine wäre ich aufgeschmissen", meint ein Mann mit zwei Bechern in der Hand, die ihm ein Kollege mit dem Schöpflöffel füllt. Gläser mit Kerzen leuchten den Weg durch die Stände, die Tannenzweige tragen schmückende Geschenke. "Der liebevolle Gesamteindruck ist uns sehr wichtig", sagt Meyer. "Es macht wahnsinnig viel Arbeit - aber auch wahnsinnig viel Spaß." Derweil kommen die ersten Besucher. Die erste "Heiße Uschi" wird ausgeschenkt - heißer Pflaumenlikör mit einem Löffel Schlagsahne. "Mhmm" meint die Dame nur.

Ähnliche Geräusche geben zwei Herren vor der Mehrzweckhalle in Oberpframmern von sich. Sie stehen in einem teiloffenen Zelt an der Theke der örtlichen Fußballabteilung. "Der erste Glühwein des Jahres", sagt der eine. Mit oder ohne Schuss? "Keine Ahnung, was er reingetan hat", sagt der andere. TSV-Vorsitzender Andreas Lutz hinter der Bar lächelt: "Es ist jedes Jahr das Gleiche." Und genauso ist es: Wie jedes Jahr sind von den 130 Adventskränzen und -gestecken, die der Elternbeirat des Kindergartens verkauft, nach zwei Stunden nahezu keine mehr übrig und Horst Weißgerber steht unbewegt wie ein Baum hinter seinen liebevoll handgefertigten Krippen. "Wenn halt einer eine möcht', würde er sich schon trennen", sagt der Oberpframmerner.

Genau so soll es sein, findet Korbinian Heinzeller, Vorsitzender de Kultur- und Heimatvereins, der den Markt seit sieben Jahren veranstaltet. Viele Gemeindebürger sind gekommen, es ist eng und irgendwie gemütlich auf dem kleinen Platz. "Eigentlich müssten wir erweitern", sagt Heinzeller, "aber das wollen wir gar nicht." Viel lieber rücke man ein Stück näher zusammen.

Eng ist es in Hohenlinden noch nicht, aber immer mehr Menschen erreichen den Christkindlmarkt. Organisatorin Barbara Meyer schaut auf die Uhr. "Wo bleibt nur das Christkind?" In 15 Minuten soll es von der Bühne ein kurzes Gedicht aufsagen. Ah, da ist es ja. Stefanie Wimmer, 16 Jahre alt, kommt im Eilschritt daher: Schwarzer Pullover, dunkle Hose. Gleich wird sie eintauchen in die Glitzerwelt der Adventsmärkte - wie so viele andere an diesem Tag auch.

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