Süddeutsche Zeitung

Schwerkranke aus Ebersberg:Standort für Hospizinsel in Glonn gefunden

Wenn die Vorbereitungen wie geplant vorangehen, könnte in dem Heim bereits im Juli 2021 Einweihung gefeiert werden.

Von Johanna Feckl, Ebersberg/Glonn

Das Angebot für schwer kranke Menschen im Landkreis Ebersberg wird ausgeweitet: Unter dem Dach des Marienheims in Glonn soll eine Hospizinsel entstehen. Das haben die Verantwortlichen dem Sozialausschuss des Kreistags nun mitgeteilt. Denn der bisher angedachte Standort im Pfarrer-Guggetzer-Haus bei der Kreisklinik in Ebersberg komme wegen zu geringen Platzes nicht mehr in Frage.

Eine Hospizinsel ist eine Wohngemeinschaft für Palliativpatienten. In Glonn sollen vier bis sechs Menschen in Einzelzimmern versorgt werden können. Geführt würde die Einrichtung von der Caritas München Land, dem Träger des Alten- und Pflegeheims in Glonn. Wie Jochen Specht vom Ebersberger Landratsamt, Matthias Hilzensauer und Aline Erdmann, Geschäftsführer und Projektleiterin bei der Caritas, berichteten, können voraussichtlich im Somer 2021 die ersten Bewohner und Bewohnerinnen in die Hospizinsel aufgenommen werden, die Einweihung ist für den 1. Juli geplant.

Die in Glonn geplante Hospizinsel soll eine Wohngemeinschaft für schwer kranke Menschen sein, die dort von Pflegekräften und Ehrenamtlichen des Ebersberger Hospizvereins betreut werden. Das Angebot richtet sich an Patienten und Patientinnen, die palliativ behandelt werden müssen und zu Hause nicht mehr versorgt werden können.

Zwar sind wie in einem stationären Hospiz auch in der Hospizinsel rund um die Uhr Pflegekräfte für die Schwerkranken da, der Betreuungsschlüssel ist aber nicht so hoch. Für schwerwiegende Fälle, die eine sehr intensive 24-Stunden-Versorgung benötigen, ist eine Hospizinsel also keine Option. Außerdem müssen die Bewohnerinnen und Bewohner einer Hospizinsel einen höheren Eigenanteil für die Unterbringung bezahlen als das in einem Hospiz der Fall ist.

Ursprünglich hatte die CSU/FDP-Fraktion der vergangenen Wahlperiode ein stationäres Hospiz für den Landkreis gefordert. Da in der Region allerdings bereits mehrere Hospize entstehen - etwa das Sophienhospiz Freising-Erding, das im Herbst 2021 eröffnen soll -, ist dieser Wunsch, den auch die übrigen Kreistagsfraktionen unterstützen, auf absehbare Zeit nicht umsetzbar. "Da führt momentan kein Weg hin", sagte Specht, Leiter des Teams Demografie im Landratsamt. "Laut Verteilungsschlüssel sind wir sogar überversorgt."

"Wir rechnen mit einer hohen Fachkraftquote"

Die Hospizinsel wird daher als beste Alternative zu einem stationären Hospiz gesehen. Nach wie vor forcieren die Kreisräte und das Landratsamt aber, ein eigenes Hospiz im Landkreis zu errichten, sobald es gesetzlich möglich ist, das betonten gleich mehrere Ausschussmitglieder unterschiedlicher Fraktionen.

Dem Meilensteinplan zufolge, den Projektleiterin Erdmann vorstellte, befindet sich das Hospizinsel-Projekt derzeit in der Konzeptions- und Organisationsphase. In der nächsten Phase im Februar und März nächsten Jahres soll das Projekt dann mit der Beschreibung von Zuständigkeiten und Prozessen dem Caritas-Vorstand vorgelegt und diskutiert werden. Von März bis Juni 2021 erfolgt die Vorbereitungsphase, hier gilt es beispielsweise, Pflegepersonal zu gewinnen, Finanzierungsmöglichkeiten zu organisieren, die Räumlichkeiten zu renovieren und einzurichten sowie die ersten Bewohnerinnen und Bewohner anzuwerben.

In der Umsetzungsphase ab Juni 2021 soll schließlich die schrittweise Aufnahme von Patienten stattfinden sowie der Tagesablauf erprobt beziehungsweise bei Bedarf angepasst werden. Die Einweihung ist für den 1. Juli 2021 geplant. Vom zweiten Quartal 2022 an soll dann die Öffentlichkeit sowie Fachpublikum über die Umsetzung informiert und die Einrichtung in den Regelbetrieb überführt werden.

"Wir rechnen mit einer hohen Fachkraftquote", sagte Hilzensauer in der Ausschusssitzung. "Unsere Qualitätsansprüche sind sehr hoch." Er kalkuliert damit, dass das Pflegepersonal zu Zwei- oder Dreiviertel aus Fachkräften besteht, die übrigen Stellen würden mit Hilfskräften besetzt. Hilzensauer verschwieg aber nicht, dass Fachpersonal mit entsprechender Zusatzqualifikation in der palliativen Versorgung im Moment schwer zu finden ist.

Finanziert werden soll die Hospizinsel dank mehrerer Bausteine, wie Projektleiterin Erdmann erklärte. Zum einen sei da die Finanzierung aus öffentlichen Mitteln, zum Beispiel durch das Gesundheitsministerium, durch Kommunen und Landkreis sowie Pflege- und Krankenkassen. Hinzu komme der Eigenanteil der Bewohner und Bewohnerinnen. Dieser werde sich auf 40 bis 50 Euro pro Tag belaufen. "Wir orientieren uns da an der Hospizinsel in Waldkraiburg", so Erdmann. Dort lägen die Kosten derzeit bei 40 Euro pro Tag.

Der letzte Geldtopf besteht laut der Projektleiterin aus Fundraising-Instrumenten, also etwa aus Spenden von Firmen oder Privatpersonen sowie Erträgen von Förderstiftungen. "Ohne Fundraising wird das Projekt nicht starten können", betonte Erdmann. Im Rahmen von Firmenspenden sei beispielsweise eine Zimmer-Patenschaft denkbar: Ein Unternehmen stellt die Ausstattung für eines der Zimmer bereit, im Gegenzug trägt der Raum dann den Namen des Spenderbetriebs in seinem Namen. Firmen könnten aber auch projektbezogen helfen, etwa durch kostenlose oder kostenreduzierte Renovierungsarbeiten.

Auf Nachfrage von Kreisrat Omid Atai (SPD), wie viele Menschen im Landkreis Ebersberg palliativ betreut werden, verwies Matthias Hilzensauer auf den Landkreis München: Bei 350 000 Einwohnern hätten hier zuletzt 744 Menschen im Jahr eine Betreuung von Seiten des Caritas-Teams für Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV) in Anspruch genommen - das entspricht 0,2 Prozent. Und laut Hilzensauer ist die Tendenz steigend: Immer mehr Menschen wollten alleine leben und Hospizhilfe in Anspruch nehmen. Zahlen für den Landkreis Ebersberg konnte er allerdings nicht liefern.

"Ich finde das total notwendig", sagte Ottilie Eberl (Grüne). "Mir ist es ein Anliegen, dass es die Hospizinsel bald gibt und nicht noch 22 Abstimmungen erfolgen müssen." Auch Wilfried Seidelmann (Freie Wähler) lobte die Pläne, die Landkreisverwaltung und Caritas vorgestellt hatten. "Ich bin sicher, dass es in Glonn Synergieeffekte mit dem Altenheim geben wird." Landrat Robert Niedergesäß (CSU) bezeichnete die aktuellen Pläne als "Schritt in die richtige Richtung".

Einstimmig beschlossen die Ausschussmitglieder, dass der Landkreis im Haushaltsjahr 2021 eine Summe von 64 000 Euro für das Projekt bereitstellt. Außerdem soll die Verwaltung die Realisierung der Hospizinsel im Glonner Marienheim weiter konkretisieren und im Sozialausschuss darüber berichten.

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Quelle:
SZ vom 21.10.2020/koei
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