Dafür, dass der Rathauschef das Thema Mauerdenkmal ausdrücklich nicht im Stadtrat behandelt sehen will, nahm es in der Sitzung am Dienstag einen prominenten Platz ein. Es bildete gewissermaßen deren Rahmen, denn sowohl die Bürgerfragen zu Beginn, wie die Fragen der Stadtratsmitglieder am Schluss waren vom Umgang mit dem umstrittenen Denkmal im Stadtpark geprägt.
Dieses hatte die CSU zum 3. Oktober zum Gedenken an 30 Jahre Wiedervereinigung aufstellen lassen. Neben vier Bäumen - an deren Pflanzung es in der Stadt keine Kritik gibt - besteht es auch aus einem Mäuerchen als Symbol des gefallenen Eisernen Vorhangs und an diesem Teil des Denkmals ist die Kritik erheblich. Nicht zuletzt, weil daran eine Plakette angebracht ist, auf der Europaabgeordnete Angelika Niebler, Bundestagsabgeordneter Andreas Lenz, Landtagsabgeordneter Thomas Huber und Bürgermeister Christian Bauer verewigt sind. Weshalb die Stele in der Stadt schnell den Ruf als CSU-Denkmal bekam.
Die Plakette ist inzwischen von Unbekannten abmontiert, die Mauer mit mehreren Schichten Graffiti versehen worden und einige möchten sie am liebsten loswerden. Darunter ist die Mehrheit im Grafinger Stadtrat, 13 der 24 Gremiumsmitglieder - keiner gehört der CSU an - hatten Mitte Februar einen Antrag eingereicht, in dem der Abriss der Mauer gefordert wird. Da das Gremium aber im November bereits beschloss, einen Arbeitskreis einzurichten, der über die Zukunft des Denkmals beraten soll, erklärte der Bürgermeister den Antrag für unzulässig.
Dies wiederholte er nun in der Sitzung mehrmals. Zunächst auf die Frage von Herbert Hof in der Bürgerfragestunde. Dieser nannte den Umgang des Bürgermeisters mit dem Antrag "blamabel". Schließlich stehe die Mauer auf öffentlichem Grund, gehöre somit allen Grafingern, weshalb auch der Stadtrat als deren Vertretung darüber entscheiden solle. Die angebliche Nichtzuständigkeit des Gremiums, wie sie Bauer konstatiert, könne er daher nicht nachvollziehen. "Einen Antrag der auf einen Abriss der Mauer zielt, werde ich nicht behandeln", machte der Rathauschef seine Position noch einmal deutlich. Was mit der Mauer geschehen solle sei "eindeutig eine laufende Angelegenheit", da es ja schon den Arbeitskreis gebe. Darum liege das Mauerthema "in meiner Zuständigkeit".
Auch einen Termin für die erste Sitzung des vor vier Monaten beschlossenen Arbeitskreises nannte Bauer, am 23. März soll dieser öffentlich in der Stadthalle tagen, Beginn ist um 18 Uhr. Das Interesse an der Teilnahme sei im Übrigen von Bürgerseite eher überschaubar gewesen, so der Rathauschef, bislang hätten sich erst fünf Personen von außerhalb des Stadtrates für eine Mitarbeit im AK Mauer gemeldet. Gerne könnten aber noch weitere Leute mitmachen, so Bauer auf Nachfrage von Andrea Maier (Grüne), man werde auch noch einmal dazu einladen.
Ob es die Möglichkeit gebe, den interfraktionellen Mauer-Antrag innerhalb der von der Geschäftsordnung definierten Frist bis zur Maisitzung auf die Tagesordnung zu setzen, wollte Keno Maierhofer (Grüne) wissen. Bauers Antwort fiel exakt wortgleich zu jener auf die Frage Hofs am Anfang der Sitzung aus. Ob das der künftige Umgang miteinander sein solle, dass die Mehrheit im Stadtrat einen Antrag stellt, der dann nicht behandelt wird, fragte Maierhofer weiter. Dies beklagte auch Walter Schmidtke (Bayernpartei), "ich will, dass wir gut zusammenarbeiten und gut miteinander auskommen" und dazu trage das Verhalten Bauers nicht bei. Dessen Verweis auf "laufende Angelegenheiten" sei außerdem voreilig, denn in der Geschäftsordnung des Stadtrates sei "materielle Vorprüfung" eines Antrages durch die Verwaltung ausgeschlossen. Mit der Folge, dass nur der Stadtrat selbst entscheiden könne, ob er für einen Antrag nun zuständig sei oder nicht. Was der Rathauschef anders sah: "Es gibt Themen, die der Stadtrat entscheidet und Themen, die ich entscheide." Zudem sei die ganze Debatte ohnehin zu hoch aufgehängt: "Wir haben Corona-Pandemie und streiten über 1,5 Quadratmeter Beton."