„Ein Königreich für ein Pferd“ ersehnte laut Shakespeare König Richard III. Ende des 16. Jahrhunderts. Ein Heim für eine ganz besondere Holzbibliothek wünschte man sich im 20. Jahrhundert in Ebersberg, geschaffen von einem Sohn der Stadt, Matthias „Candid“ Huber, rund 200 Jahre zuvor. Der Benediktinermönch und Forstmeister hatte für seine „Xylothek“ mehr als 100 Schatullen für Blätter, Zweige, Samen und Früchte hergestellt – die aufklappbare Hülle jeweils gefertigt aus dem Holz des beschriebenen Baumes.
Zwischen Ankauf der Objekte Mitte der Siebziger und der Eröffnung eines passenden Domizils für ihre Präsentation mussten allerdings aus Finanzierungsgründen weitere zwei Dekaden ins Land gehen – erst am 15. Mai 2004 war es endlich so weit. Mittlerweile gilt das Museum „Wald und Umwelt“, das zusammen mit der Umweltstation, die bereits im Jahr 2000 den Betrieb aufnahm, auf der Ludwigshöhe trohnt, als eines der Ebersberger Wahrzeichen.
Im Winter 2019 brannte das Dachgeschoss des Museums – es war Brandstiftung
Dass sich dieses von Leiter Hannes Müller bei einem Festakt mit musikalischer Untermalung als „Museumsleuchtturm“ bezeichnete Gebäude heute so stolz am Rande des Forsts erhebt, ist jedoch keine Selbstverständlichkeit. Denn am 18. Dezember 2019, unmittelbar nach dem Amtsantritt des Geoökologen und Wildnispädagogen, stand das Dachgeschoss aufgrund einer Brandstiftung in lodernden Flammen. Nur durch außerordentlich glückliche Umstände – manche würden es wohl Fügung nennen – konnte ein noch größerer Schaden verhindert werden.

Brand:Eine Million Euro Sachschaden bei Feuer im Ebersberger Waldmuseum
Erst geriet ein Nebengebäude in Brand, kurz darauf stand auch der Dachstuhl in Flammen. Die wertvolle Holzbibliothek konnten die Einsatzkräfte in Sicherheit bringen.
Bürgermeister Uli Proske, seinerzeit Kommandant der Ebersberger Feuerwehr, erinnert sich noch ganz genau. Viele, viele Jahre lang habe die Jugendfeuerwehr das Museum in ihr Training eingebaut: „Die Anfahrt ist kompliziert, die Wege sind weit, die Wasserversorgung ist schwierig, also ein ideales Übungsobjekt. Manche konnten den Ort schon nicht mehr sehen.“ Allerdings habe sich niemand vorstellen können, wie wertvoll diese Detailkenntnis eines Tages sein würde. „90 Prozent der am Abend des Brandes Aktiven waren mit dem Terrain vertraut, nur deswegen kamen wir nirgends auch nur eine Minute zu spät.“ Als Lehre daraus werde auch weiterhin mit der Jugendfeuerwehr am Museum geübt.
Für Museumsleiter Müller stellte die anschließende jahrelange Sanierung, die noch immer nicht komplett abgeschlossen ist, eine große Herausforderung dar – vor allem, weil er alles daran setzte, den Betrieb währenddessen aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig habe man dieses große Unglück aber auch als Chance zur Neuausrichtung und einem neuen Touch gesehen.
Stolz auf das in den letzten zwanzig Jahren Erreichte ist dennoch angebracht. Etwa 200 000 Menschen, darunter Kinder aus 6000 Schulklassen, besuchten in diesem Zeitraum das Gebäude hoch über der Stadt Ebersberg, um bei mehr als 40 Sonderausstellungen und zahllosen praktischen Projekten ihr Wissen rund um Forst, Natur, Klimawandel und Artensterben zu vertiefen. Zudem gab es Wald- und Umweltgespräche mit Wissenschaftlern, organisiert vom Förderverein.

Fragt man Müller nach den Highlights der Vergangenheit, mag er sich nicht festlegen. Zu viele seien es gewesen, immer abwechslungsreich und nah an der Realität – wie im aktuellen Programm. „Das Angebot für Erwachsene reicht vom Wetterspaziergang bis zum Praxisworkshop Balkon-Photovoltaik.“ Klimafrühstück, Tümpeln an der Weiherkette oder Waldforscher heißen einige der Events für Schulklassen. Und neben den „Dauerbrennern“ Taschenmesserführerschein und Adventsbasteln seien naturkundliche Kindergeburtstage und Ferien-Aktivitäten ebenfalls stark nachgefragt.
Für 22 000 Mark erwirbt die Stadt damals die verschollen geglaubte Xylothek
Doch wie kam es überhaupt zur Gründung des Hauses, das gern auch als „Bürgermuseum“ tituliert wird? Das wiederum wissen die Altbürgermeister Walter Brilmayer und sein Vorgänger und Alt-Landrat Hans Vollhardt. Es ist Letzterer, der die verschollen geglaubte Xylothek 1975 für 22 000 Mark erwarb. Die Hälfte steuerten private Spender bei, den Rest gab es vom Stadtrat. Sehr aufgeregt, so Vollhardt, habe er den Weg zum Auktionshaus angetreten – ohne einen Pfennig Geld in der Tasche. Das aber hätte man eigentlich bar auf den Tisch legen müssen. „Nur weil ich eine Kommune vertrat, vertraute mir der Auktionator.“
Leider seien die einzelnen Bücher in keinem guten Zustand gewesen – und wieder half der Zufall: Genau zur selben Zeit war ein staatlicher Restaurator aus Vaterstetten in den Ruhestand gegangen. Als er über den Ankauf in der Zeitung las, übernahm er die Wiederherstellung, lediglich die Materialkosten ließ er sich erstatten.

Doch damit war es nicht getan, denn irgendwo mussten die teuren Stücke ja nun lagern. Im Tresor der Finanzverwaltung wartete die Holzbibliothek schließlich auf ihren finalen Bestimmungsort. Schon 1984 stand die Idee eines Stadtmuseums im Raum, wie es Grafing schon lange hatte. Drei alte Bauernschränke, 1925 vor dem großen Brand des Rathauses gerettet, sollten den Grundstock bilden. „Aber: Zwei Heimatmuseen, kaum vier Kilometer voneinander entfernt? Das schien uns keine gute Idee. Gleichzeitig hieß es überall in Europa: Der Wald stirbt!“, beschreibt Vollhardt, wie sich der Gedanke einer Bildungseinrichtung entwickelte, in deren Zentrum die Natur stehen sollte.
Derweil nahmen nicht nur die Ebersberger, sondern der komplette Landkreis regen Anteil an den Entwicklungen. Eine Familie aus Buch (Gemeinde Kirchseeon) schenkte der Stadt ein historisches Jägerhäusl von 1740 – damit man nicht mehr so viel bauen müsse. Leider erwies sich sowohl der Ab- und Aufbau des Gebäudes als auch der Ersatz maroder Teile als kostspielig, was die Museumsgründung nicht beschleunigte. Nach dem ersten Spatenstich 1994 auf der Ludwigshöhe glaubte man sich dem Zeitpunkt näher – doch weit gefehlt.

„Laut Bodengutachten rutschte der Hang, war ungeeignet für die Errichtung eines Gebäudes. Also war meine erste Aufgabe als neuer Bürgermeister der Erwerb eines neuen Grundstücks“, berichtet Walter Brilmayer. Die Bevölkerung spendete immer neue Exponate, doch die Kassen waren weiterhin leer. Dann aber kam Christa Stewens ins Spiel, die sich als Politikerin für die Förderung von Umweltbildungsstätten einsetzte – eine solche konnte dann 2000 in Ebersberg eröffnet werden.
Für das schließlich im Jahr 2004 unter der Leitung von Winfried Freitag eröffnete Museum findet sie viele lobende Worte. „Ich war oft mit den Enkeln hier, wir fanden es toll.“ Dem schließen sich andere der Materie verbundene Akteure an, wie etwa Heinz Utschig von den Bayerischen Staatsforsten oder Karem Gomaa, Vorsitzender der Ebersberger Kreisgruppe des Bayerischen Jagdverbands (BJV). Beide schätzen die Ergänzung ihrer eigenen Arbeit durch Wechselausstellungen mit aktuellem Bezug und die Tatsache, dass auch der Außenraum des Museums einbezogen werden kann.

Für das kommende Jahr sind sowohl die 25-Jahr-Feier der Umweltstation als auch die Wiedereröffnung der Dauerausstellung geplant. Dort wird es viele spannende, interaktive Neuerungen geben inklusive einer App. Einen ersten Vorgeschmack liefert die Vorabbesichtigung des noch im Aufbau befindlichen Raumes.
„Ebersberg und das Museum gehören zusammen“, sagte Hannes Müller im Lauf des vor Kurzem begangenem Festabends zum 20. Jubiläum. Dass es als wichtiger Teil der Gemeinde wahrgenommen wird, ist schon an den Spaziergänger-Strömen zu erkennen, die den Ort gern als Ziel erwählen. Wo es häufig sogar Tiere zu sehen gibt – Schafe allerdings, keine Rösser.
Programm und weitere Informationen: Museum Wald und Umwelt, Ludwigshöhe 2, Ebersberg, Telefon: (08092) 247983. www.museumwaldundumwelt.de