SZ-Serie Sport im Ort: Folge 9:Kurzurlaub für Frühaufsteher

Sportserie - Yoga am Klosterseei
(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Den ganzen Sommer über gibt Annette Voith jeden Samstagmorgen Yoga-Stunden am Klostersee. Besonders die Ruhe und die schöne Stimmung zwischen Wasser und Himmel lassen bei den Teilnehmern schnell Entspannung und Gelassenheit aufkommen.

Von Annalena Ehrlicher, Ebersberg

Wer kein Geld oder keine Zeit für Urlaub hat, sollte sich die kommenden Samstage früh morgens zwei Stunden frei nehmen und das Freiluft-Yoga am Klostersee ausprobieren. Wenn die Morgensonne schräg auf die spiegelnde Seeoberfläche fällt und man - von den gelegentlich passierenden Autos abgesehen - nur Vogelgezwitscher hört, ist das dem Zustand maximaler Entspannung so nah wie das nördlich der Alpen möglich ist. Annette Voiths Yoga-Stunden finden nun schon das zweite Jahr in Folge statt. Der Beitrag der Stadt besteht darin, dass die Teilnehmer den Steg umsonst nutzen dürfen. "Dafür spende ich auch einen Euro pro Teilnehmer an den Klostersee-Verein", erklärt Voith.

Die studierte Betriebswirtin hat die Ausbildung zur Yoga-Lehrerin in Indien absolviert. "Ich habe drei Monate in einem Ashram, also einer Art Kloster dort, gelebt", erzählt sie. "Diese Zeit würde ich wirklich nicht missen wollen - die Spiritualität, die man dort findet, das ist etwas, das wir hier gar nicht kennen." Was sie in dem Kloster im Himalaja gelernt hat, gibt sie nun an Frühaufsteher in Oberbayern weiter. Während die Sonne langsam an Kraft gewinnt, gibt Voith ruhig Anweisungen. Immer wieder lässt sie die 16 Teilnehmer, die auf ihren Matten auf der Plattform am Ende des Stegs verteilt liegen, den Sonnengruß machen - keine unhaltbaren Verrenkungen, sondern ein Ablauf, der sich mit strapazierten Rücken und müden Gliedern recht gut verträgt. Gelegentlich greift sie korrigierend ein - "einen geraden Rücken brauchen wir hier" - ansonsten lässt sie die Teilnehmer ihr Tempo finden.

Die Gruppe war auch schon deutlich größer, im Juni waren zeitweise bis zu dreißig Leute dabei. "Einige Mütter, die sich den Samstagmorgen für sich nehmen, haben wir, aber auch einige, die einfach einen guten Start in den Tag wollen", erzählt die Yoga-Lehrerin. Immerhin drei Männer sind unter den Teilnehmern. "Die gehören auch zum harten Kern, darüber freue ich mich natürlich." Sie selbst ist eigentlich kein Frühaufsteher, doch die Ruhe, die man samstagmorgens um acht Uhr am See findet, nimmt proportional zur Uhrzeit ab. "Die Badegäste sollen ja auch nicht eingeschränkt werden", fügt sie hinzu.

Vor allem zu Beginn und am Ende der eineinhalb Stunden dauernden Yoga-Session rezitiert die Personalleiterin Mantras auf Sanskrit - ebenfalls ein Mitbringsel aus Indien. Fremd und zugleich beruhigend klingen die Verse. Während ihrer Ausbildung verwandte sie viel Zeit darauf, die Mantras zu lernen, "die das Herz öffnen" sollen, wie sie erklärt. "Mir ist das schon wichtig, damit man nicht denkt, dass wir nur eine Gymnastik-Übung machen." Körper und Geist sollen gleichermaßen stimuliert werden, um wenigstens für die eineinhalb Stunden zur Ruhe zu kommen.

Und die Ruhe setzt tatsächlich ein: Unter den nackten Füßen das von der Sonne erwärmte Holz, das glucksende Geräusch des Wassers unterhalb des Stegs, darüber ein strahlend blauer Himmel - und nebenbei das Muskelzittern des untrainierten Körpers. Denn weder die schöne Umgebung noch Voiths beruhigende Stimme machen die Übungen weniger anstrengend. Zwar verzichtet Voith auf ausgefallene Figuren - auch Anfänger können den Abläufen gut folgen - und setzt stattdessen auf stetige Wiederholung. Für Fortgeschrittene schlägt sie bisweilen Änderungen vor. "Jeder hat sein eigenes Tempo", erklärt sie lächelnd. Mal stehend, mal liegend, mal kopfüber, jede Übung beansprucht andere Muskelpartien und lockert schmerzhafte Verspannungen, während die Morgensonne noch nicht brennt, sondern angenehm wärmt. Schließt man am Ende der Sitzung die Augen, während Voith ihr Mantra rezitiert, ist es plötzlich ganz einfach, sich an einen fernen Strand zu träumen. Mit geöffneten Augen ist es jedoch ebenso schön.

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