Spannender Abend:Aufräumen mit Vorurteilen

Grafinger FDP diskutiert im Kastenwirt über Nutzen von E-Autos

Von Thorsten Rienth, Grafing

"600 Millionen Kilowattstunden Strom verbraucht die Weihnachtsbeleuchtung, die jedes Jahr in den deutschen Haushalten hängt", berichtete Matthias Groher vom Bundesverband eMobilität. Das sei der Energiebedarf, mit dem sich 200 000 E-Autos ungefähr 20 000 Kilometer im Jahr fahren ließen. "Es braucht also niemand behaupten, das Stromnetz würde zusammenbrechen, nur weil wir bald alle E-Auto fahren." Klartext reden, nennt man so etwas. Und das ist auch Sinn und Zweck des Mittwochabends im Grafinger "Kastenwirt" gewesen.

Die Grafinger FDP hatte dorthin zur E-Mobilitäts-Infoveranstaltung eingeladen. "Weil es ein Thema ist, das die Leute ganz konkret betrifft", wie der stellvertretende Ortsvorsitzende Claus Eimer begrüßte. "Genauso aber sind Unsicherheit und leider auch Vorurteile noch weit verbreitet" - siehe Grohers Verbrauchsvergleich mit der Weihnachtsbeleuchtung. Natürlich fügt es sich auch ein in die aktuelle Strategie von Eimers Ortsverband, die da heißt: Demselben nach vielen ruhigen Jahren wieder ein ordentliches politisches Profil zu verpassen.

Die Treiber, so viel dürfte unbestritten sein, sind langfristig steigende Spritpreise und ein gestiegenes Umweltbewusstsein, gerade in den größeren Städten. Und ein mittlerweile durchaus vorhandenes öffentliches Interesse: An die 40 Besucher kamen in den "Kastenwirt".

Dort ging es erst einmal weiter mit dem Vorurteile-Aufräumen. "Dass Elektroautos schneller brennen, ist Unfug", sagte Groher. Andreas Schlöffel, Inhaber des gleichnamigen Eglhartinger Autohauses, widersprach der kritischen Publikumsnachfrage, die CO₂-Ersparnis würde durch die aufwendigere Produktion und Entsorgung von Elektroautos wieder aufgefressen. "Wenn das Auto über die Jahre mit Ökostrom betankt wird", sagte er. "Dann ist die Bilanz ganz klar besser." Noch würden die attraktiven E-Autos allerdings von nicht-deutschen Herstellern kommen.

Doch das ändere sich gerade, wie Verbandsvertreter Groher umriss. "In ein, zwei Jahren kommen superinteressante Modelle aus München, Ingolstadt, Stuttgart und Wolfsburg auf den Markt." Die Schwelle zur Praxistauglichkeit hätten die E-Autos jedenfalls längst überschritten. "400 Kilometer Reichweite sind inzwischen drin."

Tesla-Fahrerin Angela Imhoff, die auf dem Podium als Praxis-Berichterstatterin fungierte, bestätigte dies. "Ich stelle ihn abends in die Garage und tanke ihn über eine ganz normale Steckdose auf." Am nächsten Morgen hätte sie so um die 100 Kilometer Reichweite im Tank, respektive Batterie. "Das reicht mir für die allermeisten Sachen." Für längere Fahrten müsse sie dann "halt ein bisschen planen". Öffentliche Ladestationen seien deutlich schneller.

Doch die Frage ist, wie schnell der Infrastrukturausbau hinterherkommt? Zumindest in Grafing ganz gut, berichtete der städtische Wirtschaftsförderer Tim Grebner. "Aktuell sind es sechs Ladestationen - damit sind wir im Landkreis an der Spitze." Zwei weitere Stationen befänden sich in Planung. Mit einem E-Golf als Rathaus-Dienstwagen sei auch die Stadt elektrisch unterwegs.

Auch ein Betreiber dieser Ladestationen in Grafing war im Kastenwirt mit dabei: Simon Rothmoser, Geschäftsführer des örtlichen Energieversorgers. Natürlich müssten sich E-Autofahrer bei den Bezahlmodellen "selber etwas schlau machen", so Rothmoser. Die Zeiten, in denen jemand 18 verschiedene Ladekarten im Handschuhfach herumfahre, seien aber definitiv vorbei. "Und was die Stecker angeht: Da gibt es inzwischen einen, der sich durchgesetzt hat." Viel wichtiger ist aus Rothmosers Sicht, dass die Politik die Ladestationen als Netzelement anerkenne. Dann würden die Stationen auch über Netzentgelte finanziert. Denn aus Perspektive der Stationsbetreiber gelte noch immer: "Wie viel Verlust sind wir bereit mit den Stationen zu machen bereit?" Das sei ein klarer Invesitionshemmer.

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