Soziale Medien:"Am Anfang war's wie kalter Entzug"

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In der Ebersberger Jugendstelle ist Whatsapp auf Anordnung des Erzbistums seit Kurzem untersagt. Ruth Mühlberger berichtet, wie die jungen Leute damit umgehen und wie sich die Arbeit verändert hat

Interview von Korbinian Eisenberger

Ruth Mühlberger ist gerade in den letzten Vorbereitungen. In aller Früh fährt die Jugendreferentin von der Katholischen Jugendstelle Ebersberg mit einer Gruppe nach Spanien. Mit den Jugendlichen geht die 36-Jährige den Jakobsweg, zwölf Tage sind sie gemeinsam unterwegs. Am Tag vor der Abreise geht es hektisch zu. Gerade kommen letzte spontane Absagen und Anmeldungen. Die Infos erhält sie per Handy - aber nicht über den Messenger-Dienst Whatsapp. Nicht mehr. Das Erzbischöfliche Ordinariat München-Freising hat Whatsapp an den katholischen Jugendstellen vor zehn Wochen verboten.

SZ: Frau Mühlberger, was hat es mit dem Whatsapp-Verbot auf sich?

Wie alle katholischen Jugendstellen haben auch wir vom Erzbischöflichen Jugendamt die Anweisung erhalten, Whatsapp nicht mehr zu verwenden und unser Konto und alle Chatgruppen zu löschen. Hintergrund ist die neue Datenschutzverordnung. Das Ordinariat sieht hier Schwierigkeiten.

Wo konkret hätte es denn bei Ihnen in Ebersberg Probleme deswegen gegeben?

Wir haben zum Beispiel viele Jugendliche, die unter 16 Jahre alt sind und in unseren Chatgruppen mit drin waren. Wer erst 14 oder 15 ist, erklärt bei Whatsapp, dass seine Eltern einverstanden sind, wenn er die App nutzen will. Wir können aber nicht davon ausgehen, dass es in jedem Fall auch so ist, dass die Eltern zugestimmt haben.

Warum fragen Sie nicht einfach selbst bei den Eltern nach?

Bei unserem Durchlauf können wir das nicht leisten. Mit zehn Jugendlichen wäre das möglich, aber nicht bei 150 bis 200 Jugendlichen - wo ja auch ein Kommen und Gehen herrscht. In der Kolpinggruppe, bei der Landjugend, den Firmlingen oder den Pfadfindern.

Was wäre zu befürchten?

Im Ernstfall könnte es zu einer Klage kommen. Etwa weil Bilder von Minderjährigen über eine unserer Chatgruppen an die Öffentlichkeit gelangen.

Wie ist das jetzt für Ihre Arbeit? Wird dadurch nicht alles komplizierter?

Klar, wir haben über Jahre hinweg verschiedene Whatsapp-Gruppen gehabt und intensiv genutzt. Am Anfang war das ein bisschen wie kalter Entzug. Weil man gar nicht mitkriegt, was man alles verpasst. Die wichtigen Dinge bekommt man dann aber eben doch mit. Weil die Menschen ja auch miteinander sprechen.

Wie haben die Jugendlichen das Whatsapp-Verbot aufgenommen?

Sie nutzen jetzt vermehrt E-Mail und Telefon, das funktioniert sehr gut.

Wirklich? Teilweise beschleicht einen das Gefühl, dass viele junge Leute fast nur noch über Whatsapp kommunizieren. Als Sprachnachricht, geschriebene Mitteilung oder Foto. Und jetzt plötzlich wieder mailen und anrufen?

Ich beobachte, dass hier gerade ein Wandel vonstattengeht. Die jungen Leute bei uns fangen wieder an, E-Mails mit Anrede und Gruß zu schreiben. Und wenn es um etwas Wichtiges geht, zum Beispiel weil jemand wegen Krankheit den Jakobsweg absagen muss, dann ruft er an.

Wie erklären Sie sich diesen möglichen Wandel?

Viele, die bei uns dabei sind, befinden sich im Übergang zwischen Schule und Beruf. Mein Eindruck ist, dass auch die Schulen wieder vermehrt darauf achten, dass ihre Schüler einen professionellen Umgang mit den modernen Kommunikationsmedien vermittelt bekommen.

Woran machen Sie das fest?

Als ich mit 16 Jahren meine erste E-Mail-Adresse hatte, waren so Namen wie coolstenudelderwelt22@gmx.de üblich. Ich selbst hatte auch so eine Mailadresse, mit meinem Spitznamen.

Ähm ... Nein, den verrate ich besser nicht ( lacht). Was ich damit sagen will: Heute haben die meisten jungen Leute, mit denen ich zu tun habe, E-Mail-Adressen mit Vor- und Nachname, dazwischen einen Punkt. Mit so einer Mailadresse wird man bei einer Bewerbung deutlich ernster genommen.

Das heißt, Messenger-Dienste sind bei Ihnen in der Katholischen Jugendstelle Ebersberg Geschichte?

Das würde ich so nicht sagen. Das Ordinariat hat ja nichts gegen diese Form der Kommunikation. Nur, dass sich seit Ende Mai eben was geändert hat, das macht auch Vereinen und Organisationen zu schaffen. Es gibt Anbieter mit ähnlichen Apps, wo der Datenschutz offenbar deutlich besser eingehalten wird. Da tasten wir uns ran. Auf dem Jakobsweg werden wir aber sicher auch ohne klarkommen.

© SZ vom 14.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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