Sozialdemokraten in der Kreisstadt:Auf die nächsten 100 Jahre

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Bis zum 16. Mai ist im Ebersberger Rathaus die Ausstellung zum Jubiläum des SPD-Ortsvereins zu sehen. Bei einem Festakt erinnern die Genossen an ihre eigene Geschichte - und haben einen Gastredner mit berühmtem Namen eingeladen

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Im Treppenhaus hängt unübersehbar eine riesige rote Flagge mit SPD-Schriftzug, auf den Stufen sind Flyer verteilt und an den Wänden haben die Sozialdemokraten Poster angebracht. Man könnte leicht zu der Annahme kommen, die Genossen hätten das Ebersberger Rathaus fest in ihrer Hand. Und ganz so falsch wäre die Vermutung auch gar nicht - zumindest noch bis Mitte Mai. Denn in dieser Zeit ist in der dortigen Galerie die Ausstellung zum 100. Jubiläum des Ebersberger SPD-Ortsvereins zu sehen.

Bei der feierlichen Eröffnung am Sonntagabend fühlte sich Bürgermeister Walter Brilmayer (CSU) dann auch fast schon wie ein Gast im eigenen Haus. Dennoch ließ es sich der Rathauschef natürlich nicht nehmen, dem Ortsverein zu seinem Jubiläum zu gratulieren. "Hier in Ebersberg arbeiten wir gut zusammen und kommen gut miteinander aus", so Brilmayer, der den wichtigen Stellenwert von Volksparteien in der heutigen Zeit betonte. Diese hätten es wegen der politischen Aufsplittung zunehmend schwerer. "Aber wir müssen uns nicht verstecken. Und deswegen kann man so ein Jubiläum auch mal ordentlich feiern."

Der Name Schurer ist untrennbar mit der SPD-Geschichte in Ebersberg verbunden

Und das machen die Ebersberger Genossen mit ihrer Ausstellung, die die 100-jährige Geschichte des Ortsvereins in die allgemeine Entwicklung der SPD in Bayern einbettet. Insgesamt 43 Schautafeln haben Hans Mühlfenzl, Helmut Platzer und Maria Weininger mit Hilfe von Stadt-Galeristin Antje Berberich im Rathaus angebracht. Ein Name taucht dort immer wieder auf: Schurer. 1919 war es Sebastian Schurer, der den Ortsverein gegründet hat. Dessen Sohn Sebastian "Bob" Schurer wiederum war langjähriger und prägender Ortsvorsitzender.

Über die enge Verbindung zwischen seiner Familie und der Ebersberger SPD sprach an diesem Abend Robert Schurer, Enkel des Ortsverein-Gründers und Bruder des 2017 verstorbenen Bundestagsabgeordneten Ewald Schurer. "Ich glaube nicht, dass er ein revolutionärer Sozialist war", so Schurer über seinen Großvater. "Er stand einfach auf Seiten der sozialen Gerechtigkeit." Der Schritt zur Gründung des Ortsvereins sei deshalb nur folgerichtig gewesen. "Es freut mich, dass meine Familie einen so großen Anteil an dessen Geschichte hat."

Der Name Schurer war bei dem Festakt am Sonntag aber nicht der einzige, der untrennbar mit der Sozialdemokratie verbunden ist. Als Gastredner haben die Ebersberger Genossen den Urenkel des ehemaligen Bayerischen Ministerpräsidenten Wilhelm Hoegner eingeladen. Ludwig Hoegner hatte dann auch einige Anekdoten über seinen Urgroßvater zu erzählen, der als "Vater der Bayerischen Verfassung" gilt. Etwa als dieser 1945 von den amerikanischen Besatzern recht überraschend zum Ministerpräsidenten ernannt worden ist oder über dessen schwierige Beziehung zum damaligen SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher.

"Wir haben noch eine Menge vor", kündigt Dirk Schött an

Aber auch in Ebersberg hat Wilhelm Hoegner seine Spuren hinterlassen. Unter dem Spitznamen "Wilhelm der Städtegründer" zeichnete er für unzählige Stadterhebungen in ganz Bayern verantwortlich - so auch 1954 in der heutigen Kreisstadt. "Mein Urgroßvater wollte den Menschen immer das Gefühl geben, dass sie wichtig sind", erzählte Ludwig Hoegner. "Und was symbolisiert das mehr, als wenn eine Gemeinde zur Stadt erhoben wird?"

Mit einer Rede über die Rolle der Frauen in der SPD rundete Landtagsabgeordnete Doris Rauscher den Festakt ab. Sie erinnerte daran, welche Errungenschaften die Sozialdemokraten in den vergangenen Jahrzehnten für die Gleichberechtigung erreicht hätten. Dennoch habe man noch einen weiten Weg zu gehen. "Die Vergangenheit liegt hinter uns. Wir haben die Zukunft zu gestalten", so Rauscher.

Den Blick nach vorne richtete auch SPD-Ortsvorsitzender Dirk Schött: "Nein, das ist nicht unsere Abschiedsvorstellung. Wir haben noch eine Menge vor." Zumindest was die Feierlichkeit im Rahmen des 100. Jubiläums betrifft, hat Schött recht. Denn hier steht mit einer historischen Stadtführung am 14. April noch ein weiterer Termin auf dem Programm. Kreisheimatpfleger Thomas Warg wird dabei auf die Geburtsstunde der Ebersberger SPD und den Bezug zum gesellschaftlichen und politischen Geschehen eingehen.

Die Ausstellung ist noch bis zum 16. Mai im Rathaus zu sehen: montags bis donnerstags von 8 bis 16.30 Uhr, freitags von 8 bis 12 Uhr.

© SZ vom 09.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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