Singspiel in Glonn:Ökotussis statt Kaiser

Singspiel in Glonn: Weil die Ökotussis nur noch stilles Wasser trinken, das keinen Umsatz in die Kasse spült, kommen die Betreiber vom "weißen Rößl" auf neue Ideen.

Weil die Ökotussis nur noch stilles Wasser trinken, das keinen Umsatz in die Kasse spült, kommen die Betreiber vom "weißen Rößl" auf neue Ideen.

(Foto: Christian Endt)

Neue Probleme, neue Gäste - die Steinseer Theatergruppe interpretiert das Singspiel "Im Weißen Rössl" neu. Die diesjährige Aufführung findet zum ersten Mal im Gut Georgenberg bei Glonn statt.

Von Daniela Weichselgartner, Glonn

Der Kaiser kommt schon lange nicht mehr. Kein singender Oberkellner wirbt um das Herz der Wirtin. Es geht nicht um Liebesdramen, sondern um kurze Urlaubsflirts. Wenn die Steinseer Theatergruppe ihr Stück "Im weißen Rössl" aufführt, findet man nur noch wenige Ähnlichkeiten zur Original-Operette von Ralph Benatzky. 1930 wurde diese in Berlin uraufgeführt und seitdem schon in diversen Filmen und Aufführungen aufgegriffen. Ein Jahr vor dem 50-jährigen Bestehen der Gruppe wagen sich nun auch die Theaterleute vom Steinsee an das Singspiel über das Gasthaus "Weißes Rössl" im Salzkammergut.

In diesem Jahr findet die Aufführung zum ersten Mal im Gut Georgenberg bei Glonn und nicht mehr in der Mehrzweckhalle Oberpframmern statt. Massive Holzbalken, ein goldener Kronleuchter und rot überzogene Stühle tragen zu einer stimmungsvollen Atmosphäre bei. Das Bühnenbild selbst ist dagegen eher schlicht gehalten: Auf eine Leinwand werden Bilder passend zur jeweiligen Szene projiziert. Stühle, Tisch, eine Rezeption - die Darsteller brauchen nicht viel, um das Publikum zu unterhalten.

"Unsere Version ist bewusst ganz anders als die bekannte Operette", sagt Generalintendant Albert Finkenzeller. In der von ihm verfassten Adaption kämpft der Familienbetrieb "Weißes Rössl" ums Überleben, es kommen kaum mehr Gäste. Diejenigen, die kommen, trinken höchstens noch ein kleines stilles Wasser. Und die Bedienungen haben genug vom ständigen Dirndltragen und Lächeln. Deshalb entwickeln die Gastwirte neue Ideen, um das Geschäft wieder anzukurbeln. In unterhaltsamen Anekdoten verfolgt das Publikum, wie die Gäste ihren Urlaub im Salzkammergut verbringen und das Weiße Rössl sich vom traditionellen Gasthaus in eine Diskothek verwandelt.

Die Szenen sind gespickt mit Witzen und Wortspielen, die aktuelle Trends aufs Korn nehmen. Beispielsweise lassen sich die Wirtsleute vom Konzept Urlaub auf dem Bauernhof zu ihrer eigenen Interpretation von Freizeitaktivitäten für Urlauber inspirieren: Sie verkaufen den Gästen das Zusammenkehren des Hofes als Fitnessangebot. So tanzen die Damen mit Besen in der Hand zu Mambo No. 5 und erinnern dabei an eine Zumba-Gruppe.

Die Charaktere sind klischeehaft überzeichnet und bringen durch ihre ironische Verkörperung verschiedener Persönlichkeiten das Publikum zum Schmunzeln. Ein Mädchen im Teenageralter wirft mit Worten aus der Jugendsprache nur so um sich. Zwei Mütter dozieren über die Vorteile von antiautoritärer Erziehung und biologischer, bewusster Ernährung. Mit übertriebenem russischen Akzent und bauschigen Fellmützen auf dem Kopf unterhalten zwei Männer das Publikum. Als sie den Schlager "Wenn ich einmal reich wär" anstimmen und dabei auf der Bühne schunkeln, beginnen die ersten Zuschauer mitzuklatschen. "Wir haben nicht den Anspruch, großes Theater zu machen, sondern wollen vor allem unseren Spaß am Theater auf das Publikum übertragen", sagt Albert Finkenzeller. Die Freude am Spielen merkt man den Darstellern an - besonders beim Singen.

Sie schmettern Ohrwürmer von "Fürstenfeld" der österreichischen Band STS bis "Supercalifragilisticexpialigetisch" aus dem Kinderfilm Mary Poppins. Unterstützt werden die Sänger von einer vierköpfigen Profiband, deren Mitglieder bereits seit einigen Jahren mit den Theaterleuten zusammenarbeiten. Im Repertoire der Gruppe finden sich natürlich auch Lieder aus der Operette von Ralph Benatzky. Sechs Frauen stimmen mit "Im Weißen Rössl" auf das Stück ein, später folgen "Im Salzkammergut, da kann man gut lustig sein" oder "Es muss was Wunderbares sein". Die Schauspieler singen mit Enthusiasmus und bringen mit den eingängigen Melodien das Publikum bei manchen Stücken dazu, im Rhythmus zu klatschen.

Gegen Ende der Aufführung werden die Gäste obendrein dazu animiert, selbst mitzusingen. Der Liedtext wird auf der Leinwand eingeblendet, die Band stimmt die ersten Töne an. Während mancher Zuschauer zögerlich summt, singen die Darsteller auf der Bühne mit Hingabe. Dabei ist es besonders schön zu beobachten, wie verschieden die Charaktere sind. Der eine steht eher schüchtern still, während andere im Takt der Musik mittanzen. Früher, als man klassische Stücke aufgeführt habe, habe man häufig Probleme gehabt, die Rollen passend zu besetzten, erzählt Albert Finkenzeller. Nun schreibe er den Mitwirkenden die Rollen auf den Leib. Dadurch können von Jung bis Alt alle mitspielen und sich am Ende der Aufführung über den verdienten Applaus freuen.

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