Süddeutsche Zeitung

Schön frühstücken rund um München:Dorftomaten und Japanradi

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Im Hergoldinger Organic Garden-Café von Starkoch Holger Stromberg klingen die Namen der Speisen zwar manchmal exotisch, die Zutaten stammen aber überwiegend aus regionalem und nachhaltigem Anbau.

Von Alexandra Leuthner, Vaterstetten

Omega-3-Gurken. Susen Brinkmann hebt den Deckel von einem großen Topf und präsentiert auf einem Löffel etwas Grünes. "Das sind die hier." Sie machen sich hervorragend als Farbklecks auf dem Tablett mit dem "Organic Garden Frühstück" - doch die Frage drängt sich auf: Wissen die Besucher, die den Weg nach Hergolding finden, was sie hier essen? Die junge Frau mit der beigen Kochschürze, auf der leuchtend rot das Emblem "Organic Garden" prangt, lacht: "Doch, ja, die meisten kennen sich aus."

In eine längliche Schale wandert jetzt ein "aufgekrustetes Sauerteig-Dinkel-Stangerl", in der Mitte richtet Brinkmann ofengegarte Süßkartoffeln an, Rührei darüber, dazu Schälchen mit Mandelmus und Biomarmelade aus der Region sowie "No-Butter" - sahnig aufgeschlagener Butterersatz aus Palm- und Kakaofett. Knuspriges Müsli und eingelegte Minitomaten, süß-sauer eingelegte Chilis oder "Radi à la Tokio" - ein Stromberg-Special - kommen als Extras aufs Tablett.

Alles hier ist anders als herkömmlich, das gehört zur Philosophie von Starkoch Holger Stromberg

Restaurantfachfrau Brinkmann weiß, wie sie Speisen präsentieren muss, damit ihren Gästen das Wasser im Munde zusammenläuft. Sie teilt sich mit einer Kollegin den Betrieb des im Herbst eröffneten Cafés - das neben den beschriebenen Delikatessen auch vergleichsweise profane Dinge auf den Tisch bringt, wie Frühstücksspeck, Frischkäse oder frisch gepressten Orangensaft.

Dass aber alles hier anders als herkömmlich ist, gehört zur Philosophie von Starkoch und Organic Garden-Mitbetreiber Stromberg. Auch, dass die verwendeten Lebensmittel aus regionaler und nachhaltiger Produktion stammen. Weggeworfen wird hier nichts - so stammen die Mini-Tomaten im Glas aus dem vergangenen Sommer, sie werden eingelegt und fermentiert und dadurch haltbar gemacht.

"Alles hier ist bio-zertifiziert", erklärt Brinkmann, "das hat sich der Kollege schon gut überlegt." Der Kollege, das ist Manuel Faltermeier, zuständig für "food and products" , der auf einen Sprung aus der Küche nebenan herüberkommt. So etwas wie die "Brokkomole", die es auf den üppig gedeckten Tisch geschafft hat, sei das Ergebnis vieler Diskussionen.

Darüber etwa, ob Avocados und damit die klassische Guacamole etwas auf der Speisekarte des Hauses zu suchen haben - ihr Anbau ist ja ökologisch gesehen höchst fragwürdig -, oder ob und wieviel Zucker ins Essen darf oder wieviel Salz.

Man muss kein Veganer sein, um das Hergoldinger Café aufzusuchen, aber es schadet nicht

Wie auch immer, schmecken muss es am Ende, und ein bisschen hip darf es auch sein, so wie das Influencer-Frühstück mit einer Hafer-Kokos-Porridge-Bowl, Dattelsirup, Hanfprotein, Himbeeren und einem Vitalstoff-Shot. Hier ein bisschen Erbsenprotein, dort ein wenig Tofu Rosso - man muss kein Veganer sein, um das Hergoldinger Cafe aufzusuchen - aber es schadet auch nicht. Vielleicht aber wird es auch einem Hafermilch-Latte Macchiato oder dem Sattmacher "Plantbased Caesar Salad", der auf der Mittagskarte steht, gelingen, so manches carnivore Vorurteil auszuräumen.

Man sitzt individuell und gemütlich ob draußen - Decken liegen bereit - oder drinnen, an einem hohen, massiven Holztisch, an bunten Zweiertischchen, auf einem Podest in der Mitte oder ein wenig versteckt in einer Nische. Es ist ein bisschen wie in einem ziemlich coolen WG-Wohnzimmer, in dem jeder Bewohner seine eigenen Möbel mitgebracht hat - genau der richtige Rahmen, um alte Gewohnheiten zu überdenken.

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