Gastronomie für Patienten:In der Kreisklinik gibt’s nur Speisen vom Grill

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Wechsel an der Spitze der Kreisklinik-Küche: Ludwig Grill (rechts) hat den Löffel an seinen Sohn Sebastian Grill übergeben. Er ist nun verantwortlich für das kulinarische Wohlbefinden von Patienten und Personal. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Anderer Vorname, gleiche Qualität: Nachfolger des langjährigen Küchenchefs der Kreisklinik Ludwig Grill ist dessen Sohn Sebastian. Auch er hat Erfahrung in Sternen- und Hauben-Restaurants.

Von Michaela Pelz, Ebersberg

So ein Gastronomie-Termin am frühen Vormittag hat viele Vorteile: Der Raum, in dem man sich trifft, ist lichtdurchflutet – und duftet köstlich nach Cappuccino und frisch gebackenen süßen Teilchen. Von deren Qualität man sich natürlich schon aus Höflichkeit selbst überzeugen muss. Als dann das Gespräch beginnt, passiert etwas, das man von langjährigen Beziehungen kennt: Einer beginnt einen Satz, Partner oder Partnerin vollendet ihn. Diesmal allerdings sind es nicht Mann und Frau, die sich blind verstehen und ergänzen, sondern Vater und Sohn. Vorgänger und Nachfolger. Küchenchef und Küchenchef.

Denn nun ist offiziell, was im August 2023 mit einer intensiven Einarbeitung begann: Sebastian Grill hat Anfang Januar von seinem Vater Ludwig Grill die Leitung der Küche der Kreisklinik Ebersberg übernommen. Nun ist er mit seinem Team aus 32 Mitarbeitenden verantwortlich für das kulinarische Wohlbefinden von Patienten und Personal in einem Haus mit 328 Betten.

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Ludwig Grill ist der Koch, dem in der Kreisklinik Ebersberg seit 2002 Belegschaft und Kranke vertrauen. Davor bekochte er Promis und Politiker, Olympioniken und Oktoberfestgäste. Die Entscheidung, die Leitung der Krankenhausküche zu übernehmen, hat er nie bereut.

Von Michaela Pelz

„Wir haben jeden einzelnen Schritt gemeinsam besprochen und überlegt“, sagen die beiden Köche. So wie sie es bei wichtigen Themen immer schon gehalten hätten. „Manche Kinder hören ihren Eltern gar nicht zu, Sebastian aber schon“, erklärt Grill Senior nicht ohne väterlichen Stolz, bevor er ergänzt, dass sich sein Filius stets das aus Gesprächen herausgezogen habe, was er habe brauchen können. Die endgültige Entscheidung habe der Sohn dann aber ganz allein getroffen. Worauf dieser hinzufügt „Jeder muss seinen eigenen Weg gehen.“ Deswegen hat er im Unterschied zum Vater, der seine Ausbildung einst im Hause Käfer absolvierte, den Kochberuf bei der Firma Dallmayr erlernt: „Angebote hatte ich diverse – nach dem Probearbeiten auch vom Käfer. Aber das Bauchgefühl gab den Ausschlag.“

Auch das Alter bei der Übernahme der Leitung der Klinikküche differiert. 2002 war Ludwig Grill bereits Ende 30 und Familienvater, während Sebastian Grill gerade mal 29 Lenze zählt und aktuell Single ist – „was sich leicht ändern könnte, wenn die Richtige auftaucht, verhungern müsste sie bei mir zumindest nicht“, sagt er und lacht.

Küchenchef der Kreisklinik mit gerade mal 29 Jahren: Sebastian Grill hat eine beeindruckende Vita. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Trotz seines jungen Alters verfügt Sebastian Grill, wie der Senior damals, über Erfahrungen in Top-Häusern mit zahlreichen Sternen und Hauben. Das Mandarin Oriental München ist dabei, der Alpenhof Murnau mit seinen zwei Hauben und 15 Punkten im Gault Millau und, nachdem es ihn in den Landkreis Ebersberg zurückgezogen hatte, das Hilton Airport München oder der Gutsgasthof Stangl in Neufarn bei Vaterstetten.

Am besten gefallen hat es dem Koch aber im Hotel Vier Jahreszeiten in Starnberg – im „Aubergine“ unter Sternekoch Maximilian Moser, den auch Grill Senior kennt und schätzt. Der Sohn erinnert sich: „Wir waren ein sehr junges Team, alle etwa im gleichen Alter, alle sehr ambitioniert. Auf Augenhöhe haben wir uns gegenseitig herausgefordert, was ein unglaublicher Ansporn war.“

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Aber ist nach einer Karriere mit solchen Referenzen die Arbeit als schnöder Krankenhauskoch nicht ein Abstieg? Eine Frage, die beide Männer kennen – und vehement verneinen. Auch Ludwig Grill, der vor seinem Stellenantritt in Ebersberg bei der Expo 2000 zahlreiche Politiker und Prominente bewirtet hatte, musste von seinem Freund und Mentor Gerd Käfer hören: „Das bist du nicht!“ Gleichzeitig hätten andere Kollegen deutlich gemacht, dass auch ein Krankenhaus eine gute Küche braucht. „Ich habe sie dann zu meiner Küche gemacht, meinem Laden mit meinen Leuten, über die ich die Hand gehalten habe“, so der Senior. Weswegen es in all den Jahren nur dann Fluktuation gegeben habe, wenn jemand in Rente gegangen sei. „Ich habe meine Arbeit gelebt, das war nie nur ein Job!“

Genau so sieht es auch Sebastian Grill, der betont, er wolle nun das, was sein Vater 23 Jahre lang aufgebaut habe, fortführen – mit derselben Philosophie und demselben hohen Anspruch an das Endergebnis. „Wir denken da genau gleich.“ Deswegen will auch der Junior den direkten Kontakt zu den Patienten beibehalten, für deren Lob sich der Küchenchef in dieser Klinik traditionell persönlich bedankt.

Sebastian Grill durfte schon als Bub in der Klinik-Küche mithelfen: Nockerl zählen

Zur endgültigen Entscheidung beigetragen hätten natürlich die positiven Erfahrungen des Papas – aber auch die Tatsache, dass Sebastian Grill der Arbeitsplatz in der Klinik schon so lange vertraut ist. „Ich wollte schon als kleiner Bub dort helfen, doch die Mama meinte, dass ich dafür erst so groß genug sein müsse, um über den Tisch schauen zu können“, erzählt er. Mit sieben oder acht Jahren aber habe sich dieser Wunsch dann tatsächlich erfüllt: Der junge Sebastian durfte bei einer Veranstaltung an der Bewirtung mitwirken. Seine konkrete Aufgabe? Der Senior kann sich nicht erinnern, Sebastian Grill hingegen weiß es noch ganz genau: „1200 Basilikumnocken hast mich zählen lassen.“ Später dann sei er immer mal wieder eingesprungen und habe für seine Gesellenprüfung in der Küche der Kreisklinik probegekocht.

Das alles hat wiederum dazu geführt, dass viele Mitglieder des Küchenteams den neuen Chef, der natürlich ein reguläres Bewerbungsverfahren durchlaufen hat, von Kindesbeinen an kennen. Was aber für seine Position als Führungskraft absolut kein Problem sei, sagt Sebastian Grill. „Der Chef ist der Chef, das wissen alle, und das steht auch überhaupt nicht infrage.“ Ebenso wenig wie der gegenseitige Respekt, der unter anderem zum Ausdruck komme, indem man sich sieze. „Das hat mein Vater schon so gehalten.“

Der wiederum erläutert, dass in „seiner Mannschaft“ alle wüssten, wie sehr er sie wertschätze, „selbst wenn der Ton mal rauer ist und ich eine Ansage machen muss. Das ist halt in unserer Branche so.“ Noch mehr, wenn es, wie in einer Krankenhausküche, bei bestimmten Themen absolut keine Spielräume gebe, sondern alles exakt den geforderten Standards entsprechen müsse.

Neue Dimensionen für den neuen Chef: 32 Menschen arbeiten in der Küche der Ebersberger Kreisklinik. (Foto: Christian Endt)

Die Qualität der Speisen geht in der Ebersberger Kreisklinik indes weit über die Standards hinaus. Jeder schmeckt, dass hier das Essen mit Sorgfalt und Liebe handgemacht wird. Wie die 280 Portionen Fleischpflanzerl, die jetzt um halb elf gerade gebraten werden. „Woanders hätten sie das um fünf Uhr in der Früh gemacht oder gleich Industrieware verwendet.“

Das wissen und schätzen die Patienten ebenso wie die Klinikmitarbeitenden, für welche täglich bis zu 180 Personal-Portionen über den Kantinentresen gehen. Eine Verwaltungsangestellte sagt, es sei „ein bisschen wie daheim“ – auch dank der aufmerksamen Mitarbeiterinnen bei der Ausgabe, die sogar die Lieblingsspeisen der Kundschaft kennen würden.

Den Speiseplan will der neue Küchenchef erst einmal nicht groß verändern

Viel verändern will Sebastian Grill am Speiseplan zunächst nicht – wie sein Vater wird er wohl immer wieder an bestimmten Stellschrauben drehen, sich weiterbilden, Wünsche und Bedürfnisse aufnehmen. „Wir haben zum Beispiel seit einigen Jahren noch viel mehr vegetarische Gerichte im Angebot.“ Das Kochen ist ohnehin kein Thema für den jungen Mann, der seine Meisterprüfung, bei der auch einige der Mitprüflinge durchfielen, mit Auszeichnung bestanden hat. Die Herausforderungen der Klinikküche seien vielmehr die Mengensteigerung gewesen – „Früher hast du maximal fünf Liter Suppe gekocht, jetzt sind es plötzlich 70 oder 80“ – und die betriebswirtschaftlichen Aufgaben, die an seinen bisherigen Wirkungsorten von der Buchhaltung erledigt worden seien.

Bei der Verabschiedung ist schnell klar, dass dieses Duo nicht das letzte Mal gemeinsam wohlschmeckende Speisen kredenzt hat. Denn natürlich wird der Senior auch künftig parat stehen, wenn bei einer Veranstaltung eine helfende Hand gebraucht wird. So wie es auch die Ehefrau und Mutter tut und sogar Sebastians Bruder, eigentlich IT-Fachmann. „Aber so ist das halt in einer Familie, da helfen alle zusammen!“

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