Schulpolitik:Deutliche Worte in Zorneding

Schulpolitik: Die Teilnehmer der Kundgebung am Freitag in Zorneding.

Die Teilnehmer der Kundgebung am Freitag in Zorneding.

(Foto: Korbinian Eisenberger/oh)

30 Lehrer und Lehrerinnen aus dem Landkreis Ebersberg protestieren gegen die Pläne von Kultusminister Piazolo

Von Korbinian Eisenberger, Zorneding

Eine Grundschullehrerin brachte auf den Punkt, weswegen sie und viele andere an diesem Freitag protestierten. Sie berichtete von ihrer Klasse mit 36 Kindern. Diese Klasse unterrichte sie, die hohe Zahl sei nicht das Problem. Ein anderes könnte es aber bald geben. Denn die Lehrerin, eine Frau deutlich über 50, wird im März operiert. "Dann falle ich sechs bis acht Wochen aus", erklärte sie. Und ihre Klasse? Die, so prognostizierte sie, müssen dann ihre Kollegen zusätzlich zu ihren eigenen Schülern übernehmen.

Der Freitagnachmittag im Zornedinger Gasthaus Neuwirt stand ganz im Zeichen des Protests. Wie in vielen Teilen Bayerns kamen im Landkreis Ebersberg Lehrerinnen und Lehrer zu einer Kundgebung zusammen. Gut 30 Männer und Frauen,allesamt unterrichten an Grund- oder Mittelschulen im Landkreis, erklärten ihre Unzufriedenheit mit den Plänen des bayerischen Kultusministers Michael Piazolo von den Freien Wählern.

Piazolo hatte die Pädagogen zu freiwilliger Mehrarbeit aufgerufen und angeordnet, dass viele Grundschullehrer über Jahre eine Stunde pro Woche mehr unterrichten müssen. Später soll ihnen diese Stunde gut geschrieben werden. Außerdem dürfen Grundschullehrer ebenso wie ihre Kollegen aus den Mittel- und Förderschulen künftig nur noch in Ausnahmefällen vor dem 66. Lebensjahr in Rente gehen. Bei Teilzeitverträgen steigt die Mindeststundenzahl, Sabbatjahre werden abgeschafft. So soll der erwartete Lehrermangel zum kommenden Schuljahr im Umfang von etwa 1 400 Vollzeitstellen abgefangen werden.

Knut Schweinsberg, Vorsitzender des Kreisverbands des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV), und der BLLV-Vorsitzende des Bezirks Oberbayern Gerd Nitschke forderten das Kultusministerium in ihren Reden zu Entlastung auf. "Es braucht mehr Lehrer, mehr mobile Reserven, mehr Fachlehrer", sagte Schweinsberg. "Der ganze Teilzeitbereich ist ein absoluter Wahnsinn", sagte Nitschke, der damit auf Piazolos geplante Erhöhung der Mindestteilzeitdauer auf 24 Stunden anspielte.

Hierzu äußerten sich in Zorneding mehrere Frauen kritisch. "Ich hab 27 Jahre lang Teilzeit 16 Stunden gearbeitet", sagte eine Grundschullehrerin. "Nun soll ich im Alter acht Stunden zusätzlich machen." Eine ebenfalls erfahrene Pädagogin von der Grundschule in Baldham berichtete von Entwicklungen in der Branche. Früher sei es deutlich einfacher gewesen, im Falle eines erkrankten Lehrers Stunden ausfallen zu lassen. "Heute kann man die Kinder aber nicht mehr heim schicken, weil 80 Prozent im Hort sind", sagte sie. Eine Frau berichtete von der Situation an einer Poinger Schule. "Wir haben keine Sekretärin, keine Konrektorin und keine mobilen Hilfen", sagte sie. Eine Lehrerin der Grundschule Markt Schwaben fasste es so zusammen: "Die Eltern müssen verstehen, was alles auf dem Rücken der Lehrer ausgetragen wird."

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