Schulen in Poing:Digitale Bildung im Ruckelmodus

Schulen in Poing: Der Betonkassettenbau der Anni-Pickert-Schule ist ein Problem für die Digitalisierung: Der Empfang per Handy ist im Schulgebäude kaum möglich und auch Kabelverlegen ist ein schwieriges Unterfangen.

Der Betonkassettenbau der Anni-Pickert-Schule ist ein Problem für die Digitalisierung: Der Empfang per Handy ist im Schulgebäude kaum möglich und auch Kabelverlegen ist ein schwieriges Unterfangen.

(Foto: Christian Endt)

Poing leistet sich einen Fachinformatiker für seine Schulen. Doch es hapert an der Infrastruktur

Von Johanna Feckl, Poing

Wenn man es so formulieren mag, ist die Gemeinde Poing durchaus eine Außenseiterin im Landkreis Ebersberg: Als einzige Kommune leistet sie sich einen bei der Gemeinde angestellten Fachinformatiker, der die gemeindlichen Schulen in Sachen Digitalisierung unterstützt. Und trotzdem hapert es an so manch einer Schraubstelle, wie in der jüngsten Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses deutlich wurde, als es um den Sachstand im digitalen Bereich der beiden Grundschulen an der Karl-Sittler-Straße und der Bergfeldstraße sowie der Anni-Pickert-Grund- und Mittelschule ging. Die Ursachen dafür sind zum großen Teil beispielsweise komplizierte Verteilungssysteme von Fördergeldern, fehlende pädagogische Konzepte von Seiten des Kultusministeriums; aber auch profane Gründe wie die Bausubstanz bereiten bei der Digitalisierung Schwierigkeiten.

Insgesamt gebe es an den drei Schulen 245 Arbeitsplätze mit einer IT-Ausstattung, also mit Computer, Laptop oder Tablet, sagte Angelika Hitzlsperger von der Rathausverwaltung, die den Gemeinderäten den Sachstandsbericht vortrug. Das umfasse sowohl Arbeitsplätze für Lehrkräfte als auch jene für Schülerinnen und Schüler. Viele der Klassenzimmer seien mittlerweile mit Tafeln mit einem Multi-Touch-System ausgestattet - 49 Stück an allen Schulen -, sozusagen 86 Zoll große Tablets. Tageslichtprojektoren seien komplett abgeschafft, stattdessen arbeiten die Lehrkräfte mit Dokumentenkameras. Davon sind in Poing 78 Stück vorhanden.

An jedem Schulstandort werden jeweils drei Internetzugänge für Verwaltung, Lehre und Haustechnik betrieben. Die Grundschule an der Karl-Sittler-Straße ist mit 250 Mbit pro Sekunde mit dem schnellsten Zugang ausgestattet. An der Anni-Pickert-Schule sind es 175 Mbit pro Sekunde und an der Bergfeldschule aktuell 100 Mbit pro Sekunde - das alles gilt für den Bereich Lehre. Die Arbeitsplätze in der Verwaltung sind mit langsameren Zugängen versehen. Laut Hitzlsperger handelt es sich bei den Internetzugängen um eine "Infrastruktur, die man nicht in der Hand hat". So sei bereits ein 250-Mbit-Zugang für die Bergfeldschule beantragt. Bis der neue Anschluss jedoch vorhanden ist, können viele Wochen bis hin zu einem Jahr vergehen - das liegt in der Hand des Anbieters.

Die Kosten für die IT-Ausstattung steigen kontinuierlich, wie Hitzlsperger anhand einer Grafik verdeutlichte. Waren es im Jahr 2005 noch knapp 25 000 Euro, die die Gemeinde dafür ausgab, waren es im vergangenen Jahr 2019 schon 93 000 Euro. 2017 waren es sogar 374 000 Euro; Grund dafür war die Ausstattung des neuen Gebäudes der Grundschule am Bergfeld.

Sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene gibt es einige Förderprogramme, um Schulen auf den neuesten digitalen Stand zu bringen. Ein kompliziertes System aus Anträgen, Kriterien und Nachweisen, wie Hitzlsperger erklärte. Eine Kombination der einzelnen Programme sei nicht möglich - und falls ein Förderantrag aus welchen Gründen auch immer abgelehnt werde, bestehe oft das Risiko, dass die Gemeinde auf den Kosten sitzen bleibt. Denn wegen der teilweise sehr langen Wartezeiten für Geräte sei es immer eine Abwägungsfrage: Antragsbewilligung abwarten oder Geräte schon einmal bestellen?

Neben dem Fachinformatiker, den die Gemeinde für die Systembetreuung der Schulen in Vollzeit angestellt hat, gibt es an jeder Schule einen Ansprechpartner, der die Benutzer und Benutzerinnen sowie die IT-Infrastruktur betreut. Pro Woche hat jeder der Ansprechpartner vier Stunden à 45 Minuten Zeit für diese Aufgaben - sehr wenig, wie anhand der Ausführungen von Hitzlsperger deutlich wurde. Außerdem werden für einzelne Projekte externe Dienstleister hinzugezogen. Laut Hitzlsperger ist das aufgrund des zeitlichen Aufwands und der erforderlichen Expertise auch notwendig. "Wir müssen da hin, dass wir aus der technischen Betreuung weitgehend draußen sind."

Aktuelle Prioritäten liegen an allen Schulen bei der Überarbeitung der Medienkonzepte hinsichtlich einer Ausstattungsplanung, die Ausweitung des Pools an Leihgeräten für Schülerinnen und Schülern sowie die Bereitstellung je eines Tablet-Klassensatzes. Außerdem sollen an der Konzeption und der Bereitstellung von Arbeitsmitteln für digitales Home-Schooling gearbeitet werden. Hitzlsperger zufolge ist vor allem die Vergrößerung des Pools an Leihgeräten wichtig, "damit die Schüler nicht abgehängt werden, die sich kein eigenes Gerät leisten können".

Eine große Herausforderung ist laut Hitzlsperger auch die Zusammenführung von Technik und Pädagogik. "Digitalisierung ist weit mehr als die Gerätebeschaffung", so die Fachfrau. Das betonte auch Bürgermeister Thomas Stark (parteilos). Es gebe kein greifbares pädagogisches Konzept vom Ministerium, obwohl da ein hoher Druck herrsche. "Momentan ist da relativ wenig Bewegung." Dennoch stellte er heraus, dass die Poinger Schulen immerhin schon relativ gut ausgestattet seien.

Zuletzt kamen in der Sitzung die drei Schulleiterinnen der betroffenen Schulen zu Wort. So schilderte Eva Guerin, Rektorin an der Anni-Pickert-Schule, exemplarisch ein Alltagsproblem, das an ihrer Schule herrscht: Seit Corona erfolgen die Krankmeldungen über eine Schul-App. Jedoch sei nicht jedes Klassenzimmer mit einem Computer ausgestattet, sodass die Lehrkräfte mit privaten Handy die App aufrufen. Häufig gebe es aber im Schulgebäude kein Netz, sodass die Lehrerin oder der Lehrer den Klassenraum verlassen muss, um die Krankmeldungen überhaupt überprüfen zu können.

Der Betonkassettenbau der Anni-Pickert-Schule bereitet aber nicht nur in Sachen Mobilfunknetz Probleme, sondern auch bei Arbeiten zum Kabelverlegen. "Da wissen wir, das dauert aufgrund der Bauart des Gebäudes lange", ergänzte Hitzlsperger.

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