Schulbusse:Drängeln und Quetschen

Einige Schulbuslinien im Landkreis sind regelmäßig überfüllt. Die Eltern sind besorgt um die Sicherheit ihrer Kinder, doch im Landratsamt weist man darauf hin, dass die zulässigen Kapazitäten nicht überschritten würden.

Von Jan Linkersdörfer, Ebersberg

Wenn am Nachmittag die Schulglocke ertönt, ist auf den Bürgersteigen in der Dr.-Wintrich-Straße kein Durchkommen mehr. Hunderte Schülerinnen und Schüler der Realschule Ebersberg drängeln sich hier vor den Bushaltestellen. Zwei Buben in gelben Signalwesten strecken jedem anrollenden Fahrzeug ihre weiß-roten Kellen mit der Aufschrift "Achtung, Kinder" entgegen und versuchen, dem Chaos auf der Straße und den Fußwegen Struktur zu geben. Wenn die Busse dann vorfahren, gibt es für die Schüler kein Halten mehr: Unter Einsatz der Ellbogen versucht einjeder, sich nach ganz vorne zu drängeln, um sich einen der 71 Sitzplätze zu sichern. "Manchmal kommt es mir vor, als würden mir die Kinder den Bus auseinander reißen", sagt der Fahrer, als der Tumult vorbei ist und jeder einen Platz gefunden hat.

"Morgens ist das meistens noch schlimmer", klagt Sandra Nappert aus Niederseeon. Sie ist Mutter von drei schulpflichtigen Kindern, jedes von ihnen ist auf den Schulbus angewiesen. Zwei ihrer Kinder fahren mit dem Bus nach Ebersberg, ihre älteste Tochter nach Kirchseeon. "Auf dem Weg zum Gymnasium in Kirchseeon ist bei uns in Niederseeon der letzte Stopp. Da herrscht ein unglaubliches Gedränge, die Schüler werden regelrecht in den Bus gequetscht, sodass die Türen nicht anständig zugehen", erzählt sie. Für die anderen beiden sei es aber auch oft unangenehm: "Bis der Bus in Ebersberg ankommt, vergeht eine Stunde, in der die Kinder dicht gedrängt im Bus stehen." Es sei schon vorgekommen, dass Kinder durch die schlechte Luft und die Platznot Schwindelanfälle bekamen und sich übergeben musste. Eine Tortur, die den Kindern nicht zuzumuten sei. Auch um die Sicherheit macht sich Sandra Nappert Sorgen: "Ich will mir gar nicht vorstellen, was bei einem Unfall passieren könnte, wenn die Kinder teilweise an die Windschutzscheibe gequetscht werden." Ihre Tochter habe versucht, ihr diese Angst zu nehmen, erzählt Nappert. Umfallen könne sie ja eh nicht, bei so vielen Kindern im Bus. Doch darauf möchte Sandra Nappert als Mutter verständlicherweise nicht vertrauen: "Ich fände es richtig, wenn es in Schulbussen eine Anschnallpflicht geben würde."

Schulbusse: In der Schulbusschule lernen Kindern, selbst dann noch geordnet in den Bus einzusteigen, wenn der Magen schon in Erwartung des Mittagessens knurrt.

In der Schulbusschule lernen Kindern, selbst dann noch geordnet in den Bus einzusteigen, wenn der Magen schon in Erwartung des Mittagessens knurrt.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mit ihren Sorgen habe sie sich auch schon an das Landratsamt gewandt, erzählt sie. Dort allerdings sei sie stets vertröstet worden, ihre Beschwerden blieben ohne Folgen. Die Beschwerden der Eltern seien unbegründet, erklärt so auch Henry Rüstow, der im Landratsamt Ebersberg für den Schulbusverkehr zuständig ist. "Wir führen regelmäßig Kontrollen durch, wir kennen die Kapazitäten der Busse", sagt er. Die zulässige Zahl an Steh- und Sitzplätzen werde nicht überschritten. Das sei allein aus Sicherheitsgründen ein "No-Go". "Natürlich bekommt nicht jedes Kind einen Sitzplatz. Eine Sitzplatzgarantie gibt es in Schulbussen nicht, genau so wenig wie im öffentlichen Nahverkehr", sagt Rüstow.

In der Realschule in Ebersberg kennt man das Problem von den überfüllten Schulbussen: "Natürlich gibt es immer wieder Rempeleien oder ältere Schüler, die anderen die Plätze wegnehmen, das gab es aber auch schon vor 50 Jahren", sagt der Schulleiter Eberhard Laspe. Auch wenn dem Elternbeirat aktuell keine Beschwerden über zu volle Schulbusse bekannt seien, habe man in der Vergangenheit diesbezüglich Kontakt mit dem Landratsamt aufgenommen - ohne Ergebnis. "Klar wäre es schön, wenn wir mehr Busse zur Verfügung hätte. Aber die wollen erst einmal bezahlt sein", sagt Laspe.

ÖPNV

Henry Rüstow vom Landratsamt sieht Gedrängel im Bus gelassen, da die Vorschriften eingehalten werden.

(Foto: privat)

Sandra Nappert ist enttäuscht über die Kommunikation mit dem Landratsamt, sie wünscht sich mehr Aufklärung. Zum Beispiel darüber, wie ein Stehplatz in einem Bus vermessen wird. "Ein Kind mit einem Schulranzen braucht bestimmt etwas mehr Platz", sagt sie. Andere Eltern haben sich mittlerweile dazu entschieden, ihre Kinder nachmittags lieber mit dem Auto von der Schule abzuholen, um ihnen die unbequeme und im schlimmsten Fall gefährliche Busfahrt zu ersparen. Dass sich trotz ihrer Bemühungen nichts an der Situation geändert hat, kann Nappert nicht nachvollziehen. "Es muss anscheinend erst wieder etwas passieren, bevor jemand etwas unternimmt", sagt sie.

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