Sollten Scherben tatsächlich eine glückbringende Wirkung haben, dann hätte der Richtmeister Bernhard Geisberger die ersten beiden leeren Weingläser deutlich schwungvoller zu Boden befördern dürfen. Stattdessen überließ er sie plumpsend ihrem Schicksal. Bei den Gläsern eins und zwei platzte so lediglich der Stiel ab. Glas drei und vier hingegen schleuderte Richtmeister Geisberger krachend nach unten. So dürften es am Ende genügend Scherben gewesen sein, falls das Glück dieser Erde danach verlangt.
Glas ist hier Stichwort, weil sich ein lichtdurchflutetes Gebäude in der Entstehungsphase befindet. In Markt Schwaben wurde am Freitagmittag Richtfest für das "größte Projekt in der Geschichte der Marktgemeinde" gefeiert, wie Bürgermeister Michael Stolze (parteilos) es in seiner Rede sagte. Dass hier, so Stolze, "etwas ganz Bedeutsames entsteht", konnte man am Andrang der mehr als hundert Gäste erkennen, wobei die Motivationen für Richtfest-Besuche unterschiedlicher Natur sein können. Das Schnitzel in Geleit von Kartoffelsalat auf Gemeindekosten jedenfalls dürfte nicht geschadet haben, wohl auch nicht die 19 Getränkekisten.
Tatsächlich zeigte sich die Gemeinde am Freitag von ihrer spendablen Seite, was einer Rarität gleichkommt. Nicht zuletzt wegen der Finanzierung des Schulneubaus musste sich Markt Schwaben einem vom Freistaat auferlegten Sparprogramm beugen. "Dieses Projekt ist natürlich die größte finanzielle Herausforderung", erklärte Stolze hierzu. Knapp 70 Millionen Euro dürfte die Schule am Ende kosten - wenn alles nach Plan läuft.
Mit dem Richtkranz läutet der Bauherr traditionell den Abschluss des Rohbaus und den Beginn des technischen Innenausbaus ein: Kabel, Elektrik, Licht, Heizung. Für die neue Grund- und Mittelschule, wo einmal 1100 Schüler Platz haben sollen, wählte die Gemeinde ein Mordstrumm von einem Kranz, den ein Kranhaken nach oben zog. Für immer verewigt ist der Kranz in einem Handyvideo der Landtagsabgeordneten Doris Rauscher (SPD), die sich zwischen Gemeinderäten und Bauarbeitern gesellt hatte.
Während die Erwachsenen Richtfest feierten, saßen viele Markt Schwabener Schüler an diesem Freitag wie so oft in den vergangen Jahren in Ausweichcontainern, weil der Platz längst nicht mehr ausreicht. Im September 2022 soll das Schulwerk vollendet sein, solange müssen sie sich gedulden. Bis dahin sind sicher auch die Weinglasreste beseitigt. Auf dem Pausenhof bringen Scherben schließlich eher Unglück.