Schloss Zinneberg:Lichtblick in der Dunkelheit

Der Förderverein für die Jugendhilfe unterstützt seit 18 Jahren die Glonner Einrichtung. Nun haben sich die Mitglieder zu einer ganz besonderen Versammlung getroffen

Von Andreas Junkmann, Glonn

Langsam und vorsichtig tasten sich die Frauen und Männer über steinerne Stufen hinab in die Finsternis. Von den massiven Wänden strahlt eine eisige Kälte ab, die sich ihren Weg durch die Kleidung bahnt. Am Ende der Treppe zündet die Gruppe große rote Kerzen an, um sich in der undurchdringlichen Dunkelheit Orientierung zu verschaffen. Wenig später flackert der warme Schein der Flammen über die Wände der Jahrhunderte alten Kellergewölbe. Nun sind sie angekommen, am tiefsten Punkt von Schloss Zinneberg.

Es ist eine etwas andere Mitgliederversammlung, die der Förderverein Kinder- und Jugendhilfe Schloss Zinneberg in diesem Jahr organisiert hat. Bevor Formalien wie Neuwahlen und Rechenschaftsberichte abgehakt werden, geht es auf eine kleine Erkundungstour durch die mutmaßlich schon aus dem elften Jahrhundert stammende Burg. Auch einige Nichtmitglieder haben sich der Gruppe angeschlossen, um einen kleinen Einblick hinter die Kulissen der Glonner Jugendhilfeeinrichtung zu bekommen.

Unten im Kellerraum zeigt Einrichtungsleiterin Schwester Christophora Eckl auf eine der knapp zwei Meter dicken Wände, an denen der Verputz an vielen Stellen bereits arg herunterbröckelt. Dort, wo die Sicht auf das dahinterliegende Mauerwerk freigegeben ist, sind schemenhaft verblichene Farben zu erkennen. "Bei einer Führung vor einigen Jahren hat ein Schüler - ein kleiner Halodri - mit einem Besenstiel gegen die Wand geklopft", erzählt Eckl. Dabei sei das Gemälde dahinter zum Vorschein gekommen. Weiter abgetragen habe man den Verputz bisher aber nicht, die Darstellung bleibt also ein Geheimnis.

Schloss Zinneberg Schloßführung

Rätsel im Schlosskeller: Hinter dem bröckelnden Verputz verbirgt sich eine bunte Malerei. Welches Motiv diese darstellt, weiß niemand.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ansonsten allerdings liegt jedoch wenig Mysteriöses in den leer stehenden Kellerräumen des Schlosses. Lange bevor die Schwestern vom Guten Hirten hier hergekommen seien, habe sich dort unten der Weinkeller befunden, so Eckl. Dass die unterirdischen Gemäuer inzwischen nicht mehr genutzt werden, zeigt die defekte Beleuchtung, wegen derer sich die etwa 20 Teilnehmer große Gruppe mit Kerzen behelfen muss. Im Gegensatz dazu haben die Ordensschwestern aber anderen verwaisten Räumen des Schlosses wieder Leben eingehaucht. Einer davon ist sogar zu einem wahren Herzstück von Zinneberg geworden.

Noch während sich die Besuchergruppe über die ausgetretenen engen Steintreppen ihren Weg zurück nach oben bahnt, liegt bereits der unverwechselbare Duft von frisch gebackenem Brot in der Luft. Kein Wunder, steht doch die Tür zur Schlossbäckerei offen, wo die Frauen und Männer bereits von Bäcker Josef Würz und Konditorin Julia Röder erwartet werden. Früher, sagt Eckl, sei hier Brot für das ganze Haus gebacken worden. Nachdem die Backstube in der Folge jahrelang brach gelegen habe, sei man nun zum Ursprung zurückgekehrt. Seit 2014 ist Josef Würz Chef der Bäckerei, und zusammen mit Kollegin Röder probiert er dort immer wieder neue Kreationen aus, die dann im Schlossladen verkauft werden.

Eine Kostprobe bekommt die Besuchergruppe gleich an Ort und Stelle. Mit Hilfe des aus Mitteln des Fördervereins finanzierten Fettbackgeräts bereitet Röder einen Korb voll "Roggane" zu - ein Gebäck aus einer Roggenteigmischung, das bald auch in das Sortiment aufgenommen werden soll. Unterstützung bekommen Würz und Röder in der Backstube immer wieder von Auszubildenden der hauseigenen Berufsschule, die hier auf Schloss Zinneberg das Bäckereihandwerk erlernen können.

Schloss Zinneberg Schloßführung

Die Besucher werden gut versorgt - sowohl mit Leckereien aus der Bäckerei, als auch mit Informationen von Ordensschwester Christophora Eckl (rechts).

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Gut ausgestattet mit dem noch warmen Roggengebäck und frisch geschmierten Butterbroten machen sich die Fördervereinsmitglieder durch die verwinkelten Gänge auf den Weg zum "Scanzoni", dem Speisesaal, wo schließlich die eigentliche Versammlung über die Bühne geht.

Dort gilt es zunächst auf inzwischen 18 Jahre Förderverein und eine Gesamt-Spendensumme von 320 000 Euro anzustoßen, ehe der im Amt bestätigte Vorsitzende Walter Mündel einen kurzen Überblick über die im vergangenen Jahr unterstützten Aktionen gibt. 14 000 Euro sind in Zuschüsse für Klassenfahrten, Unterrichtsausstattung oder einen Beamer für das Mädchenkino geflossen. Bei 23 solcher Projekte hatten die insgesamt 133 Fördervereinsmitglieder ihre Finger im Spiel.

Damit aber noch nicht genug, denn der Förderverein hat auch ein neues Projekt aufgelegt: Als "Zinne-Paten" können Interessierte künftig mithelfen, die Jugendlichen zu betreuen. "Es geht nicht um die Übernahme von Aufgaben der Fachkräfte", so Mündel. Vielmehr handle es sich bei der Patenschaft um ergänzende Angebote, wie Lernunterstützung oder die Begleitung der jungen Menschen bei Freizeitaktivitäten.

Und wie Ordensschwester Christophora Eckl sagt, sei die Jugendhilfe über jede Unterstützung dankbar, denn der Fachkräftemangel mache auch der Glonner Einrichtung zunehmend zu schaffen. "Heuer spüren wir es besonders", so Eckl, die die Kindertagesstätte und das Heim als größte Baustellen nennt. Gerade dort, wo oft Schichtdienst anstehe, "muss man schon eine besondere Leidenschaft mitbringen". Eine Leidenschaft, die offenbar immer weniger in sich tragen, denn wie Eckl fürchtet, sei das erst der Anfang. "Es wird in den nächsten Jahren noch schlimmer werden."

Wie sich die Personalsituation auf Schloss Zinneberg entwickelt, werden die Fördervereinsmitglieder bei ihrer Sitzung im kommenden Jahr erfahren. Dann erneut mit einem besonderen Rahmenprogramm: Ein Rundgang zum höchsten Punkt des Schlosses.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: