Die Hölle, das sind die anderen. Nirgends lässt sich dieser Satz von Jean-Paul Sartre vermeintlich besser belegen als in der S-Bahn. Da sind diejenigen, die ihre Schuhe ausziehen und ihre stinkenden Füße auf der Sitzbank platzieren. Oder wahlweise diejenigen, die ihre dreckigen Schuhe anlassen, bevor sie ihre Füße auf dem Sitzpolster ablegen. Dann gibt es die, die 100 Zugmeter mit ihrem Dönergeruch beglücken, und jene, die frühmorgens so lang mit ihrem Löffel in ihrem Plastikgefäß rumkratzen, bis auch die allerletzte Haferflocke erwischt ist. Und schließlich wäre noch über jene Nervensägen zu lamentieren, die alle im weiteren Umkreis über ihre Beziehungsprobleme, über ihren blöden Chef oder andere Herausforderungen des modernen Lebens durch Videotelefonate auf dem Laufenden halten, bei denen man die Gesprächsanteile beider Seiten super mitbekommt.

Nahverkehr:Verlässliches Schlusslicht
Die S2 Richtung Osten ist die unpünktliche S-Bahn-Linie im gesamten Netz, das zeigt eine aktuelle Auswertung. Bei der S4/S6 sieht es nicht viel besser aus.
Selbst würde einem das alles natürlich nie in den Sinn kommen. Ebenfalls nimmt man streberhaft die Tasche vom Sitz nebenan, wenn es voller wird, und streamt Videos und Musik ausschließlich brav mit Kopfhörer.
Bis auf den einen Abend, an dem man die Serie „The Good Doctor“ nicht mit Kopfhörern erlebt, sondern trotz Kopfhörern. Die nämlich haben sich nicht plangemäß angeschaltet – leider, ohne dass man es bemerkt. Deshalb dürfen oder vielmehr müssen zwangsläufig nun die rundum Sitzenden per Lautsprecher mithören, welche medizinischen Krisen und persönlichen Verwicklungen Dr. Shaun Murphy zu bewältigen hat. Man kann sich gut vorstellen, wie die Mit-Passagiere am Abend genervt ihren Liebsten über diesen un-fass-lich ! nervigen Fahrgast in der S-Bahn berichtet haben. Die Hölle, das ist man gelegentlich eben leider auch selbst.