Ringen um die Sägmühle:Das letzte Mittel

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Falls der Besitzer des Areals an der Sempt den Weg, der über sein Anwesen ins Moos führt, für die Öffentlichkeit wie angekündigt sperrt, erwägt der Gemeinderat eine Enteignung

Karin Kampwerth

Der Weg ist das Ziel, diese Redensart bemüht gerne, wer nicht so recht vorankommt. Bei der Auseinandersetzung der Gemeinde Markt Schwaben mit dem Besitzer der Sägmühle gilt der Spruch in doppeltem Sinn auch wortwörtlich. Denn der ungeteerte Pfad, der über die Sempt rechts an der verfallenen Sägehalle, dem maroden Turbinenhaus und dem in abgeblättertem Lindgrün vor sich hin darbenden ehemaligen Wohnhaus über eine Wiese in das Naherholungsgebiet Schwabener Moos führt, ist der Kern einer Debatte, die nur schwer zu einem guten Ende findet. Inzwischen hat sich sogar das Münchner Verwaltungsgericht damit beschäftigt und am Mittwochnachmittag eine Abordnung nach Markt Schwaben geschickt. Dabei ging es nicht direkt um den Weg, sondern um eine Abrissverfügung für einen Rohbau des Vorbesitzers, und um die Nichteinhaltung eines Baustopps am ursprünglichen Sägmühlen-Wohnhaus. Die Zerrüttung der Parteien gerät ohnehin inzwischen zu einem juristischen Durcheinander aus der jüngeren Geschichte des Areals, Ansprüchen der Öffentlichkeit sowie den Rechten eines Eigentümers an seinen Besitz. Aber von Anfang an:

Die Gemeinde fordert eine öffentliche Widmung des Weges, um den Markt Schwabenern den Zugang in die Natur hinter der Sägmühle zu garantieren. Der Anwalt des Besitzers hingegen stellte inzwischen in einem Schreiben vom 4. Februar 2013 klar, dass der Eigentümer nicht mit einem Weg für die Allgemeinheit über sein Anwesen einverstanden sei. "Unser Mandant wird sich - bei Weiterverfolgung der derzeitigen planerischen Absichten - der Anlegung eines öffentlichen Weges widersetzen", schreibt er in einer Stellungnahme an das Markt Schwabener Rathaus. Der Gemeinderat reagierte in seiner jüngsten Sitzung mit der Drohung der Enteignung.

Verhärtet sind die Fronten, weil die Gemeinde einen Bebauungsplan für das Areal aufstellen will, das ein Münchner 2011 für 1 052 484,21 Euro aus der Insolvenzmasse des früheren Baldhamer Bauunternehmers Martin Decker ersteigert hatte. Zum Zug war der Münchner nur gekommen, weil die Gemeinde bei der ersten Versteigerungs-Verhandlung mit dem damaligen Bürgermeister Bernhard Winter (SPD) nicht bereit war, mehr als 800 000 Euro aufzubringen, um die Sägmühle selbst zu erwerben. Gepasst hatte Winter und dem Gemeinderat auch nicht ein Springreiter, der ein Leistungszentrum für wertvolle Pferde an der Sägmühle errichten wollte.

Dieser war zwar bereit, den Weg an die Gemeinde abzutreten. Allerdings fürchteten die Markt Schwabener, dass er diesen im Nachhinein doch sperren lässt mit der Begründung, dass die edlen Rösser scheuen, wenn Spaziergänger den Weg passieren. "Dann hätte die Gemeinde haften müssen", sagt Winters Nachfolger Georg Hohmann (SPD). Hinzu kam, dass der Springreiter das Areal für den Geschmack der Gemeinderäte zu üppig bebauen wollte. Damit es künftig keine Missverständnisse mehr gibt, soll der Bebauungsplan unter dem Namen "Sempt Aue" ein für alle Mal festlegen, was auf dem idyllischen Grund erlaubt ist und was nicht.

Damit allerdings fühlt sich der Besitzer in seinen Rechten als Eigentümer beschnitten. So hatte er eine Aufteilung des Areals in drei Nebenerwerbslandwirtschaften vorgesehen. Im Norden sollte ein Bauernhof mit Schafzucht entstehen, im Westen eine neue Mühle mit Wasserkraftanlage, Hofladen, Stall und Wohnhaus, und auf dem südlichen Grundstücksteil eine Fischzucht mit Büro. Eine solche Neuordnung hätte sein Einverständnis, den Durchgangsweg für die Öffentlichkeit zu erhalten, eingeschlossen. Lediglich der Vorschlag einer beidseitigen Einfriedung des Weges hätte die Gemeinde in Betracht ziehen sollen.

Die widersprüchlichen Ansichten über das Baurecht an der Sägmühle sind der Grund dafür, dass der Weg in den Mittelpunkt juristischen Kleinkleins geraten ist. Weil der Eigentümer seinen Anwalt unterstreichen lässt, dass er mit einem öffentlichen Durchgangsweg nicht einverstanden ist, sei dessen Realisierung aufgrund des vorhandenen Wegenetzes ausgeschlossen. Die Gemeinde beruft sich unterdessen auf einen bayerischen Grundsatz, der das freie Betreten der Natur garantiert. Dazu müssten die Markt Schwabener den Weg über das Grundstück der Sägmühle nehmen.

Unabhängig davon, wie die Auseinandersetzung enden wird, hat der Gemeinderat beschlossen, die seit 13. April 2010 geltende Veränderungssperre nach 2012 um ein weiteres Jahr zu verlängern, weil nochmals Stellungnahmen von Fachbehörden eingeholt werden müssten. Horst Schuh von der Markt Schwabener Verwaltung zeigte sich aber davon überzeugt, dass die Planreife bald gegeben sei. "Das Verfahren wird nicht mehr lange dauern", sagte Schuh. Frieden wird deshalb aber nicht einkehren: Auch die Verwaltungsrichterin verabschiedete sich mit der Prophezeiung: "Wahrscheinlich wird es nicht das letzte Mal gewesen sein, dass wir uns hier begegnet sind."

© SZ vom 13.04.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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